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Corona in FrankreichDie demaskierte Exekutive

Frankreich war auf einen pandemischen Ernstfall fast gar nicht vorbereitet. Der Bevölkerung wurde das verschwiegen.

31. März 2020, Präsident Macron besucht einen Maskenhersteller bei Angers Foto: Loic Venance/ap

Paris taz | Nein, Masken brauche doch keine(r) gegen Sars-CoV-2: Das behaupteten Regierungsbehörden in Frankreich wochenlang. Nicht wenige Menschen zweifelten an dieser Aussage. Die Staatsführung, so kommt es jetzt Stück für Stück ans Licht, hat die Bevölkerung beschwindelt. Denn in Wahrheit war nichts für einen Ernstfall vorbereitet. Die vermeintlichen Lagerbestände an Masken waren fast inexistent.

Ein Bericht des Onlinemagazins Médiapart mit dem Titel „Masken: Die Beweise einer Staatslüge“ protokolliert, wie in Frankreich Regierung und Gesundheitsbehörden seit Januar bei diesem Thema zu spät oder falsch entschieden haben. Der Öffentlichkeit wurde so eine die Exekutive kompromittierende Wahrheit vorenthalten. In Sachen Transparenz ein abschreckendes Beispiel für ganz Europa – hier die Chronik eines gesellschaftspolitischen Versagens.

Mitte Januar 2020: Wie ganz Europa blickt auch Frankreich entsetzt nach China. Zusätzliche Vorkehrungen werden von den politischen Verantwortlichen nicht getroffen. Offiziell soll es ja eine angeblich ausreichende Reserve von 80 Millionen Schutzmasken geben. Von den für den medizinischen Einsatz empfohlenen FFP2-Masken hat der französische Staat hingegen keine Lager für Krisenzeiten angelegt – 2013 ging die Zuständigkeit für dieses Schutzmaterial an private und öffentliche Unternehmen. Die von Jérôme Salomon geleitete nationale Gesundheitsdirektion DGS ahnt insgeheim, dass die Masken für medizinische Berufe fehlen werden.

24. Januar: Zwei erste Covid-Fälle in Frankreich. Die damalige Gesundheitsministerin Agnès Buzyn erklärt wider besseres Wissen: „Das Risiko einer Ausbreitung ist sehr gering.“ Zwei Tage später versichert sie, der Staat verfüge „über Lagerbestände mit zig Millionen Masken, die im Notfall an die Bevölkerung verteilt werden können“.

Alarmierende Zahlen

Todesfälle: In Frankreich sind mittlerweile mehr als 10.000 Menschen an Covid-19 gestorben, die Mehrzahl davon im Krankenhaus. Laut nationaler Gesundheitsdirektion steigt die Zahl der Covid-Patienten in Alten- und Pflegeheimen derzeit so rasch, dass die Personen, die dort am Virus sterben, im Dunkeln bleibt. Mehr als 4.000 Heime haben mindestens einen Covid-Fall. Über 30.000 Patienten sind in Krankenhauspflege, mehr als 7.000 davon auf der Intensivstation. Die Zahl der offiziell gemeldeten Infektionen, über 110.000, sagt wenig aus, da in Frankreich viel weniger getestet wird als in Deutschland.

Sondertransporte: Covid-Patienten, die künstliche Beatmung brauchen, werden mit Sonderzügen oder Hubschraubern in weniger ausgelastete Intensivstationen transportiert. Der Epidemiehöhepunkt ist Behörden zufolge noch nicht erreicht. Mehrere Städte haben deshalb die Ausgangsbeschränkungen verschärft. In Paris geht Joggen in der näheren Wohnungsumgebung nur noch vor 10 Uhr und nach 19 Uhr. Im Elsass sinkt allerdings die Zahl der neu ins Krankenhaus eingelieferten Personen deutlich. (RB)

7. Februar: Als sich die Gesundheitsdirektion entschließt, FFP2-Masken für die Krankenhäuser zu bestellen, ist die Nachfrage bei den Herstellern in Europa und Fernost bereits enorm. Von den 28 Millionen bestellten Exemplaren bekommt Frankreich gerade mal 500.000. Auch von den weniger effizienten „Chirurgenmasken“ können in der Eile statt 160 Millionen nur 30 Millionen beschafft werden.

26. Februar: Buzyns Nachfolger Olivier Véran versichert, sein Gesundheitsressort sorge in Frankreich „seit Wochen“ vor. DGS-Chef Salomon möchte bezüglich der Schutzmaterialvorbereitung immer noch glauben machen: „Die Knappheit ist kein Thema.“ Alle unterlassenen Vorkehrungen sollen nun durch massive und dringliche Beschaffungen vertuscht werden.

3. März: Die Regierung lässt alle verfügbaren Masken durch eine Krisenzelle beschlagnahmen. Die vier noch existierenden Produzenten sollen exklusiv den französischen Staat beliefern, jeder Export – auch in die EU-Länder – wird zudem untersagt. Die Ausbeute dieser verspäteten Jagd auf vorrätige Masken bleibt extrem mager. Nicht nur zahlreiche Krankenhäuser, sondern auch Pflege- und Altenheime sowie niedergelassene Ärzte, Polizisten und Feuerwehrleute haben zu wenig Schutzmasken und Desinfektionsgel.

4. März: Präsident Macron verordnet angesichts der Verknappung, dass die konfiszierten Schutzmasken exklusiv für Krankenhäuser sind. Medien melden Fälle von Diebstahl. Der Bevölkerung wird empfohlen, Ansammlungen zu meiden und auf Händeschütteln und Umarmungen zu verzichten.

14. März: Premierminister Edouard Philippe lässt die Gastronomie und die Mehrzahl aller Geschäfte mit Kundenbesuch schließen. Danach machen Schulen, Universitäten und Krippen zu, Ausgangsbeschränkungen kommen.

15. März: In Frankreich sind 148 Personen laut offizieller Zählung tot durch Covid-19. Trotz Bedenken findet der landesweite erste Kommunalwahldurchgang statt. Die Beteiligung ist extrem gering.

19. März: Gesundheitsminister Véran bestätigt dem Senat, dass der Staat Ende Januar lediglich über eine Reserve von 150 Millionen einfacher „Chirurgenmasken“, aber über keinen Notvorrat an FFP2-Masken verfügte. Von Letzteren konnten bislang nur eine Million für die öffentlichen Krankenhäuser beschafft werden. Regierungssprecherin Ndiaye behauptet, für die Bevölkerung sei das Tragen von Masken kontraproduktiv: „Man kann in den Apotheken keine Masken kaufen, weil das nicht nötig ist, wenn man (selber) nicht krank ist. Ich könnte selber keine Maske verwenden, der Umgang damit erfordert technisches Geschick.“

28. März: Unter Druck geraten, bestätigt Véran, er habe im Ausland und in Frankreich „eine Milliarde Masken für die kommenden Wochen und Monate“ bestellt. Dazu käme eine Luftbrücke mit China. Der damit beauftragten Firma Geodis, einer Tochtergesellschaft der Staatsbahn SNCF, fehlen hierfür die Flugzeuge.

31. März: Macron besucht bei Angers eine der vier Fabriken, die in Frankreich noch Masken herstellen. Diese sollen bis „Ende April“ 10 Millionen wöchentlich produzieren. Das öffentliche Gesundheitssystems soll 40 Millionen pro Woche brauchen. Der Präsident verwehrt sich gegen jede Kritik.

3. April: Nachdem Frankreichs Académie de médecine sich für das für alle obligatorische Tragen von Masken ausspricht, meint Professor Salomon von der Gesundheitsdirektion, der bisher diese Schutzmaßnahme für „nutzlos“ erklärt hatte: „Wir ermuntern die Bevölkerung, auf Wunsch Masken zu tragen, die als Ersatz produziert werden …“

Anfang April: Mehrere Städte wie Nizza wollen das Tragen von (notfalls selbst genähten) Schutzmasken obligatorisch machen. Staatssekretärin Agnès Pannier-Runacher räumt ein, sobald die Ausgangsbeschränkungen endeten, müsse die Bevölkerung „massiv“ Masken bekommen. Außenminister Jean-Yves Le Drian teilt lapidar mit, die bisher sehr spärlich eintreffenden „bestellten Milliarden Masken“, würden aus China „bis Ende Juni“ geliefert werden.

Fest steht: Die Irrungen und Wirrungen zum Thema Masken haben die Autorität der französischen Behörden stark untergraben. Die Unfähigkeit, wenigstens dem medizinischen Personal Schutzmasken zu liefern, und der Versuch, die Inkompetenz mit pseudowissenschaftlichen Argumenten zu rechtfertigen, hat besonders Mediziner empört. Jean-Paul Hamon, der selber an Covid-19 erkrankte Vorsitzende des Hausärzteverbands: „Das ist nicht mehr nur Zorn, das ist geradezu Hass.“

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35 Kommentare

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  • 0G
    09617 (Profil gelöscht)

    Die Macron-Fans in der taz werden immer kleinlauter, auch Herr Balmer hat seine Ansichten angesichts enttäutschter Hoffnungen radikal geändert. Die Situation in Frankreich ist nicht mit der in Deutschland vergleichbar, schon allein wegen einer völlig unterschiedlichen Strategie die Pandemie zu bekämpfen. Denn nicht nur Masken fehlten zu Hauf in Frankreich, sondern auch Teste. Deshalb ist die Zahl der offiziel Infizierten in Frankreich niedriger als in Deutschland bei einer fünfachen Sterberate. Man ging gar so weit, zu zu behaupten, dass testen nichts bringe und die vorhandenen Tetste nicht zuverlässig seien, deshalb werden in Frankreich nur die getestet, die starke Symtome aufweisen. Die deutsche Strategie massiv zu testen wurde von den offiziellen Vertretern der französischen Gesundheitsbehörden als unwissenschaftlich da unzuverlässig abgekanzelt. Desweiteren hatte Frankreich nur 5000 Betten mit Beatmungsgeräten zum Anfang der Krise, also weniger als Italien, inzwischen sind es knapp 10000. Deshalb hat man auch lange die Sterbefälle in den Alten-und Pflegeheimen vertuscht. Nachdem man die Daten von 5000 der 7000 Einrichtungen bekommen hat, stellt sich heraus, dass es 5000 Sterbefälle, die mit Covid 19 in Zusammenhang stehen, gegeben hat. Warum wurde das vertuscht? Ganz einfach, weil die Krankenhäuser schwerkranke Covid Patienten aus den Alten-und Pflegeheimen gar nicht aufgenommen hatten wegen der Unterkapazitäten. Stattdessen wurde mit dem Segen der Behörden den Schwerkranken Covid-Patienten in den Alten-und Pflegeheimen das Sedativ Rivotril als Sterbehilfe eingespritzt. Die Regierung weist jegliche Vorwürfe der Euthanasie zurück. Aber offizielle Rundschreiben, die den Einsatz von Rivotril bei schwerkranken Patienten in Alten-und Pflegeheimen ausdrücklich befürworten, gibt es.

  • Oh, oh, ganz dünnes Eis.

    Mittlerweile ist ja wohl bekannt genug, dass auch in Deutschland die Verantwortlichen dachten: Pandemie? So was trifft uns nie, denn wir sind ja die Tollen und die Guten auf der goldenen, einsamen Insel.

    Im Moment sollte also wohl eher keiner mit dem Finger auf den anderen zeigen, sondern mal lieber überlegen, wie man besser zusammenarbeiten kann - und in Zukunft mal etwas früher auf die Experten hören und regelmässiger die Pressemitteilungen der WHO lesen:

    www.who.int/medici...rging-diseases/en/

    • @Pittsi und Curry:

      „Im Moment sollte also wohl eher keiner mit dem Finger auf den anderen zeigen, sondern mal lieber überlegen, wie man besser zusammenarbeiten kann - und in Zukunft mal etwas früher auf die Experten hören und regelmässiger die Pressemitteilungen der WHO lesen“



      Stimme Ihnen zu… Sollte Herr Blamer ebenfalls beherzigen!

    • @Pittsi und Curry:

      Also im Vergleich von Infektions- und Sterbezahlen ist doch ein signifikanter Unterschied. Augenscheinlich hat diese Denke hierzulande bisher nicht so viele Opfer gefordert.

    • @Pittsi und Curry:

      Schon - aber in Zukunft wird es wohl nach dem Willen von Donald Trump gar keine WHO mehr geben.

  • Nur mal so weiterer Blickwinkel: In den Krankenhäusern selbst arbeiten nur Laien vom Arzt bis zum QS-Leiter bis zum Klinikchef, Arbeitsschutz und Beschaffung oder wie? Im Großhandel im Januar mal selbst eine Bestellung auslösen ohne auf Merkel-Berlin zu warten die bei Xi anruft, wäre das nicht gegangen? Bzw. werden Masken den Kliniken planwirtschaftlich zugewiesen?

  • Als ob irgendein Land auf eine Pandemie vorbereit gewesen wäre. Manche Länder meistern die Krise besser als andere. D gehört derzeit noch zu denen, die die Krise meistern, weil das Gesundheitssystem noch nicht ganz so kaputtgespart wurde wie in anderen Ländern, z.B. Spanien. Die Lehre, die die Welt hoffentlich zieht, ist, dass nie wieder am Gesundheitssystem gespart werden darf.

    • @Jossi Blum:

      Man könnte ja als erste Maßnahme schon einmal der Bertelsmann-Stiftung die Gemeinnützigkeit entziehen. Die schlug noch vor ein paar Monaten vor, die Anzahl der Krankenhäuser in Deutschland von 1400 auf 600 (!) zu reduzieren.

      • @jhwh:

        Laut der Studie weist "Deutschland im internationalen Vergleich im Durchschnitt mehr medizinisches Personal pro Einwohner auf als vergleichbare Länder, aber weniger pro Patient." www.bertelsmann-st...-kliniken-moeglich

        Was spricht also dagegen, Krankenhäuser / Kräfte zu bündeln, um so die Qualität der Versorgung zu verbessern und die Zahl der Pfleger pro Patient zu erhöhen? Da wäre man auch bei Corona besser vorbereitet gewesen.

        Also weg von der Denke wieviel Krankenhäuser ein Patient hat und hin zur Denke wie gut ist die Pflege pro Patient.

  • Jetzt ist es raus.

    Die ganze Welt war auf Corona nicht vorbereitet!

    • @Rudolf Fissner:

      Beim Klimawandel war es und ist es nach wie vor so.



      Da wird dann wieder von „unvorhersehbar“ und „Naturkatastrophe“ geblubbert.

      • @Rainer B.:

        not me

  • Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette.

  • Ich hatte bisher nicht den Eindruck, daß Deutschland besser auf die Krise vorbereitet gewesen wäre als andere europäische Länder.



    Das es bisher bei uns zumindest bisher etwas glimpflicher ausgegangen ist liegt daran, daß die allgemeine Verwaltung und das Gesundheitssystem bei uns in einem besseren Zustand sind.



    Das liegt aber nicht zuletzt daran, daß die Pläne von Spahn und Co. zur Schließung von "unproduktiven" kleinen Kliniken bisher noch nicht weit fortgeschritten sind.

    • @Don Geraldo:

      ach was - das liegt daran, dass die deutschen Universitätskliniken hervorragend reagiert haben, als sie merkten, dass die Pandemie sich ausbreitet. Sie haben mit Ehrenamtlichen Erkrankte zu Hause besuchen lassen, um Notfälle rechtzeitig angemessen (Atmung) zu behandeln. Das hat Leben gerettet.



      Zugegeben: die Krankenhausgesellschaft hätte alle Kliniken früher besser informieren und zu besseren Ausstattungen zwingen sollen. Das sind eben Funktionäre, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind - Betriebswirte!

    • @Don Geraldo:

      Dem würde ich zustimmen. Und ergänzen, daß es in D nach mangelhafter Vorbereitung immerhin gelungen ist, zu Beginn der Krise die schweren Fehler zu vermeiden, die in NL, GB und S gemacht wurden.

    • @Don Geraldo:

      Klar. Deutschland hatte vor der Krise 28 000 spezialisierte Bette für Intensivpflegen, Frankreich 5000. währen der Krise ist die Zahl in der BRD bis 40 000 gestiegen, davon 30 000 mit Beatmungsgerät , in Frankreich 14 000. Deshalb sind französische Kranken hier behandelt und von den Erkrankten sind weniger in Deutschland gestorben.



      Hier, auch mit Durchschnitt Ausrüstung in der EU und Entwicklung seit 2006.



      Die sparpolitik in Frankreich hat zum massiven Abbau von Stellen in Intensivpflegen reduziert.



      www.franceculture....tre-le-coronavirus

  • Schutzmasken und Krankenhausbetten gab es nicht genug, Vorwegnahme auch nicht, desto um so mehr Polizisten und Militär (100 000 auf dem Feld) und Ausnahmemaßnahmen und martialische Reden vom Staatspräsidenten, Innenminister und Präfekten. Am 1. April, also kaum drei Wochen seit der Einführung vom Ausgangsverbot gab es schon 5,8 Millionen Überprufungen und dabei 359 000 Mal Geldbuße. Auch reichlich Amtsmissbräuche, da Zeugen kaum zu finden sind.



    www.lesechos.fr/po...onfinement-1191004

  • Frankreich? Wie war es denn in Deutschland? Ich erinnere mich noch dasss Maas Schutzausrüstung an China gespendet hat. Dann war Schutzausrüstung auf einmal knapp in Deutschland, und vorgestern hat D diese Sachen in China gekauft (Oberpeinlicher Titel in der Taesschau online: Merkel machts möglich...). Corona wurde erst kleingeredet )TS faktencheck, dann langsam als Problem erkannt, dann wurde langsam reagiert usw. Klingt das nach Planung, Vorbereitung oder Problemeinsicht?? Wohl kaum. Es stünde der taz besser an, die Probleme und Fehlleistungen hier aufzuzeigen statt mit dem Finger auf den Nachbarn zu deuten. Erinnert mich an das alte Wort vom Splitter im Auge des Nachbarn.

    • @Gerald Müller:

      Aber bitte nicht vergessen, bei allem, was hierzulande versäumt worden sein mag, hat doch Deutschland die bisher geringste Sterberate weit und breit.

  • Alles was bisher in Deutschland zu diesem Thema bekannt geworden ist würde doch einen vergleichbaren Artikel über das Versagen der eigenen Regierung rechtfertigen. Sollte man nicht erst vor der eigenen Türe kehren? Ein komplett ignorierter Pandemie Plan, ein Gesundheitsminister, der auf wiederholte Anfragen eines Masken Herstellers nicht reagiert, davon das Jens Spahn gerade im Begriff war, die massenhafte Schließung von kleinen Krankenhäusern durchzusetzen - mich irritiert so ein Artikel sehr!

    • @Bosley:

      Ihren berechtigten Ärger darüber, daß die deutsche Regierung sich beim Thema Masken bzw. Mund-Nase-Schutz nicht besser verhalten hat, als die französische, würde ich nicht am guten Herrn Balmer auslassen. Vielleicht sorgt sein Bericht ja dafür, daß auch in Deutschland Investigativjournalisten, die den Namen verdienen, dieses Thema noch einmal gründlich untersuchen.

  • @D-H. BECKMANN



    @URANUS



    Mit Verlaub Sie kennen weder die aktuelle Situation hier in F, weder vor der Krise noch aktuell.



    Das in viele Bereich unglaublich schlecht organisierte medizinische System in Frankreich hat im vergangenen Jahr meiner Frau - selbst französische Ärztin - das Leben gekostet...



    Deutschland ist deutlich besser vorbereitet und in vielen Bereichen organisiert man sich deutlich besser um GEMEINSAM gegen die Krise zu kämpfen. Ich teile Ihre Meinung, dass im Vorfeld auch in D viel zu wenig passiert ist und die Bundesregierung wie auch viele Landesregierung kein gutes Bild abgeben. Aber die Reaktion in D führt zumindest zu deutlich weniger Todesfällen und man organisiert sich deutlich besser.



    Gestern meinte Präsident Macron etwa er müsse in einem besonders betroffenen Pariser Vorort sich der Menge zeigen und sorgte damit für einen unglaublichen Auflauf - live übertragen vom französischen Nachrichtensender BFMTV.



    Die "Kriegsrede" von Macron und die damit hervorgerufene Kriegshysterie im Lande haben wenig mit der Situation in D gemein.



    Wir werden hier ziemlich streng bei nahezu jedem Ausgang kontrolliert. Letzte Woche meinten 5 (!) mit schusssicheren Westen ausgestattete Polizisten eine (!) Joggerin kontrollieren zu müssen. Vor einem der Wochenmärkte, die nunmehr nahezu alle in abgeschlossene Schulhöfe verlegt werden bilden sich endlose Schlangen, um überhaupt auf das Marktgelände eingelassen zu werden. Auch hier 5- 10 kontrollierende Polizisten...



    Gleichzeitig - während jeden abend gegen 20h die Mitarbeiter in den Kliniken landesweit beklatscht werden fehlen für viele andere, die auch essentiell dazu beitragen, dass das öffentliche Leben weitergeht elementare Dinge. Fernfahrer finden kaum noch Sanitäranlagen, um den nötigsten Bedürfnissen korrekt nachkommen zu kommen, um nur ein Beispiel zu geben.



    Was wir jetzt brauchen ist: Mehr Europa, dass wir in Zukunft gemeinsam auf so eine Situation besser reagieren können!

    • @Andre Marg:

      Ich würde mal so sagen. In der Tat habe ich nicht viele Informationen über die Verhältnisse bzgl. Covid-19 in Frankreich. Es mag dort schlimm sein, ja schlimmer als hier. Mit dem Verweis auf hiesige Verhältnisse und Regierungspolitik will ich nicht französische Verhältnisse mit hiesigen gleichsetzen, sondern sagen, dass hier gesundheitspolitisch schlechte Entscheidungen getroffen wurden, die auch genannt werden sollten. Nicht dass da wer, mit dem Blick auf Frankreich sagt: "ach, die Französ*innen habens vermasselt" und gleichtzeitig übersieht, was hierzulande falsch gemacht wurde und sich in falscher Arroganz sicher fühlt.

    • @Andre Marg:

      Die erste Reaktion auf der Krise war (Zuerst in Bayern und Saarland) : Grenzen schliessen. Den Bürgerinnen und Bürgern der Grenzregionen von Luxemburg, Belgien, Frankreich und Deutschland (ich persönlich auch) sind sofort ihre europäische Rechte und Freiheiten entzogen worden und werden mit einseitig veranlassten bewaffneten Grenzkontrollen konfrontiert. Anerkannte "triffliche Gründe zum Grenzenübergang " sind selten, auch damit muss man durch checkpoints fahren. Mit langen Umwegen. Wer einen „ Passierschein“ besitzt, darf in Luxemburg einreisen, Luxemburger, die keinen „triftigen“ Grund geltend machen können, dürfen nicht nach Deutschland einreisen. Franzosen haben sowieso keine Chance, die Grenze zu erreichen, schon in Belgien gelten andere Regelungen aber eins ist sicher: man darf nicht rein.Eine wirklich gesundheitspolitisch überzeugende Begründung für diese Maßnahmen ist bisher nicht ersichtlich. Denn sowohl Luxemburg wie auch Frankreich und Belgien, haben Vorkehrungen gegen die Verbreitung des Virus getroffen, die zum Teil noch über die Maßnahmen auf deutscher Seite hinausgehen. Eine zu Recht einzudämmende unnötige Reisetätigkeit macht jedoch keinen Unterschied, ob diese innerhalb z.B. eines Landes oder über eine „zufällig“ dort befindliche europäische Binnengrenze stattfindet.



      Das ist ganz schlimm. Wir brauchen eine europäische Staatsbürgerschaft, die vor den einzelnen Staaten unantastbar wäre.



      Kaum einer hat das ausser der Grenzregionen gemerkt und widersprochen. Bis auf 3 ehemalige rheinländische Politiker a. d. , die im weltgelesenen Trierischer Volksfreund aufförderten, . " ... die beteiligten Regierungen, Institutionen und Behörden: die Grenzkontrollen in der jetzigen Form so schnell wie möglich wieder aufzuheben bzw. unter Berücksichtigung rein gesundheitlicher Aspekte, wie z.B. der Handhabung von Risikogebieten, anzupassen.(Franz Peter Basten, Christoph Grimm, Landtagspräsident a.D., Bernhard Kaster)

    • @Andre Marg:

      Vielen Dank hierfür ! Genau ! Kollaboration und Vorbereitungen im ganzen EU Raum hätten hier besser geholfen. Vor allem wenn die EU auch bindende Möglichkeiten zur Koordination und Hilfestellung bekommen hätte. Ein gemeinsames und auch stärkeres Europa für überregionale Angelegenheiten können gegen so etwas helfen.

  • "Frankreich war auf einen pandemischen Ernstfall fast gar nicht vorbereitet. Der Bevölkerung wurde das verschwiegen."



    Lieber Herr Balmer… in Deutschland ist es nicht anders….

    • @D-h. Beckmann:

      sorry - vergleichen Sie bitte nur vergleichbares. Es gibt auch in Deutschland Dummköpfe, aber nicht so viele!

    • @D-h. Beckmann:

      So sieht es offenbar aus. Auch die TAZ berichtete bereits darüber:



      "Zu wenig Klinikbetten, ein Engpass an Ausrüstung – 2012 haben Behörden das Szenario einer Viruspandemie durchgespielt. Es passierte – wenig."



      taz.de/Plaene-aus-...Pandemie/!5675693/



      Ob das in Deutschland noch skanbdalisiert wird? Ob Jens "Wir sind gut vorbereitet/Vielleicht muss man den Virus einfach akzeptieren und ihm erlauben, die gesamte Bevölkerung anzustecken, ohne großartige Maßnahmen zu ergreifen" Spahn & Co weiter an ihren Posten kleben? Ob es hilft, nur die einen gegen die anderen auszutauschen oder ist es kein tiefergehendes, strukturelles Problem ....?

  • Verantwortungslose Versäumnisse vrs. martialische Gestikulationen

    Merci beaucoup wieder an Rudolf Balmer, diesmal für diese ungeschminkte und ausführliche Chronik eines drastischen Regierungsversagens. Je mehr davon ans Licht kommt, desto grotesker wird der Kontrast zu den oft brachial mit polizeistaatlichen Repressionen zur Durchsetzung der totalen Ausgangssperre mit ihren rigorosen und bizarren Einzelbestimmungen oft dubioser epidemiologischer Evidenz. So ist z.B. auch nur der individuelle Aufenthalt auf den menschenleeren Stränden strikt verboten, ungeachtet der Binsenweisheit, daß UV-Strahlung der beste Viren-Killer sind. Um die Respektierung dieser im Grunde sogar eher epidemiebegünstigenden Bestimmung zu erzwingen, fliegt dann etwa der Präfekt von Corse-du-Sud schon mal die Strände von Porto-Vecchio bis Ajaccio ab, um dann vor der versammelten Presse stolz zu verkünden, dabei zwei Renitente beim Sonnenbaden erwischt zu haben...

    Bei alldem muß aber schließlich sogar der Regierungschef einräumen: „Die Entscheidungen, die wir treffen, erfolgen oft auf der Grundlage mitunter unvollständiger und oft widersprüchlicher Informationen.“ („Les décisions que nous prenons sont souvent prises sur le fondement d’informations parfois incomplètes et souvent contradictoires“ Edouard Philippe am 1. April vor der Nationalversammlung)

  • Verschweigen, das passt zu dem, was ich eigentlich gerne als neues thread beginnen würde. Das Ganze spielte sich in Italien ab, der Name der Heldin heißt Ilaria Capua aus Perugia. Erfahren habe ich davon in der heutigen Neuen Zürcher Zeitung, die ich ebenfalls abboniert habe. Hier das link, das zu lesen, ich sehr empfehle:



    www.nzz.ch/wochene...urce=pocket-newtab



    Zivilcourage ist das, was uns vor George Orwells an die Wand gemalten Staat rettet. Hier geht es um das erpresserische Monopolstreben virologisch tätiger Unternehmen. Die WHO, die ihr Hauptgegner war, hat übrigens ihren Sitz in Genf.



    Ich bin kein Virologe, sondern Physiker, und war ebenfalls bereits Zeuge einer solchen das Wohl der Menschheit betreffenden Verabredung, hier von Energieexperten in der Kernreaktorforschung. Ich hatte nur gestaunt, was ich damals, vor ca 30 Jahren, zu hören bekam.



    Dass man die Fusionsforschung damals bewusst verlangsamte, hatte übrigens keine negativen Auswirkungen, sparte eher viel Geld ein.



    Ilaria Capua hingegen erlöste uns damals von einer überaus ernsten Bedrohung. Da sie dabei gegen die ausdrücklichen Interessen der Politik und der mit dieser verbundenen Pharmaindustrie kämpfte, musste sie ihr Land vorübergehend verlassen und fand in den insgesamt liberaleren USA Unterstützung. Trump hätte sie vermutlich mit Assange und Snowdon zusammen ins Gefängnis gesperrt...Aber es gibt immer wieder Menschen, die uns hoffen lassen. Ilaria Capua lebt heute unbehelligt in den USA.

    • @Bernd Schlüter:

      Danke für das Teilen des interessanten Artikels. Ilaria Capua wird darin so zitiert: "«Wir müssen uns bewusst sein, dass wir Teil des Problems sind, weil wir es waren, die diese Situation geschaffen haben."» Der Mensch misshandle die Erde, raube den Tieren wichtige Freiräume, verkaufe Wildtiere auf Märkten in Grossstädten, die wegen mangelnder Hygiene, Armut und sozialer Ungleichheit ein einziges Pulverfass seien."



      Das kann ich aus meiner Perspektive heraus nur unterstreichen. Der Mensch muss schnellstens und tiefgründig sein Verhältnis zu den anderen Tieren und zu der Natur hinterfragen und vor allem radikal ändern. Dabei provoziert der Mensch nicht nur Seuchen durch den Handel mit Wildtieren oder das Vordringen in deren Lebensräume sondern auch durch die Massentierhaltung. Die ist zudem großer Verursacher von CO2-Emissionen und Umweltzerstörung und trägt so zu Klimaerhitzung und Massensterben von Tieren bei. Alles keine neuen Informationen. Dennoch will mensch hierzulande im Durchschnitt offenbar immer noch 60 Kilo Fleisch verzehren ...

      • @Uranus:

        Wildtiere sind nicht dadurch aus der Welt, dass damit gehandelt wird und Wildtiere sind nicht schuld an der Verbreitung von Corona.

        Das Überspringen von Viren von Tieren auf Menschen ist ein normaler Vorgang.

        Ich befürchte das dieses immer wieder in den Vordergrund stellen von angeblich gefährlichen Wildtieren im Coronazusammenhang heftigst nach hinten losgehen wird für gewisse Tierarten.

        • @Rudolf Fissner:

          sorry - wir haben in D. keinen Wochenmarkt, auf dem lebendige Tiere, Wildtiere und Exoten gehandelt werden. China weiß, dass das gefährlich ist.

          • @Monika Frommel :

            Es fliegen keine Fledermäuse massenhaft von China or whereever um die welt