Söders Schaufensterpolitik: Franke for Future

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder prescht mit Klimaschutzmaßnahmen vor, dass Berlin kaum hinterherkommt. Das ist reine Machttaktik.

Söder und Kretschmann posieren auf einem Balkon

Söder mit dem Grünen Kretschmann – das ist wie ein Staatsbesuch zwischen Kim und Trump Foto: dpa

Wenn das so weitergeht, zeigen die Bayern denen in Berlin mal eben, wie aus einer Steinzeitpartei einsfixdrei eine umweltpolitische Taskforce werden kann. In München führt Markus Söder jedenfalls gerade eindrucksvoll vor, wie ökologische Schaufensterpolitik funktioniert.

Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident schlägt vor, den Klimaschutz ins Grundgesetz aufzunehmen. Zuvor ist der Unionspolitiker bereits damit auffällig geworden, dass er die Mehrwertsteuer für Bahnreisen abschaffen will, zudem den von der Bundesregierung beschlossenen Kohleausstieg mal eben um acht Jahre vorziehen möchte und das größte bayerische Volksbegehren „Rettet die Bienen“ zur offiziellen Landespolitik umetikettiert hat. Medienträchtig zelebrierte er mit Baden-Württembergs grünem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann eine „Südschiene“-Kabinettssitzung, als handele es sich beim gemeinsamen Spaziergang am Ufer des Bodensees um eine Art Staatsbesuch zwischen Kim und Trump.

Man könnte also sagen: Söder setzt auf Effekte. Aber wie es so ist: Auch die bleiben nicht ohne Wirkung. Die Öko-Attacke aus Richtung Südwest setzt die Bundesregierung spürbar unter Zugzwang – und zwar sowohl umweltpolitisch als auch koalitionsarithmetisch. Und sie zeigt, dass klimapolitische Instrumente vor aller Augen auf dem Tisch liegen. Es müsste sie nur mal jemand gebrauchen.

Bloß taktisches Agieren

In ihrer Pressekonferenz vor der parlamentarischen Sommerpause hat Angela Merkel in Berlin die ganz in der Nähe demonstrierenden Friday-for-Future-AktivistInnen auf ihr am 20. September tagendes Klimakabinett vertröstet. Lasst uns mal machen, war ihre Botschaft; es hätte nur noch gefehlt, sie hätte gesagt: „Wir schaffen das!“ Markus Söder hingegen prescht wöchentlich mit einer neuen Idee vor. Und mit seinen kaum verhohlenen schwarz-grünen Avancen eröffnet er ein machtstrategisches Testfeld auf Länderebene.

Wie attraktiv umweltpolitische Vorschläge für die geneigte Wählerschaft sind, zeigt auch, wie das rot-rot-grün regierte Thüringen auf den Söder’schen Aktivismus reagiert. Der dort wahlkämpfende Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat umgehend „Klimaschutz ins Grundgesetz!“ getwittert.

Die Frage, wer das alles gesetzlich verankern und durchsetzen soll, wird derweil tunlichst verschwiegen. Dies wäre nämlich die Bundesregierung. Markus Söder agiert schlicht machttaktisch: 190.000 Stimmen hat seine Partei bei der bayrischen Landtagswahl 2018 an die Grünen verloren; das darf nicht noch mal passieren. Seine CSU hat verstanden.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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