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Entscheidung im bayerischen LandtagBienen-Volksbegehren angenommen

Es war das erfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte Bayerns. Der Landtag nimmt den Gesetzentwurf zur Artenvielfalt an.

Bienen in Bayern haben hoffentlich (bald) ein schönes Leben Foto: dpa

München taz/dpa | Der Bayerische Landtag hat das Bienen-Volksbegehren am Mittwoch mit großer Mehrheit angenommen – 167 Abgeordnete stimmten dafür, 25 dagegen und fünf enthielten sich. Das Gesetz zur Artenvielfalt soll den Umwelt- und Naturschutz in Bayern verbessern. Mitte Februar fuhr das Volksbegehren mit dem schönen Namen „Rettet die Bienen!“ in Bayern ein Rekordergebnis ein: Mehr als 1,7 Millionen Menschen hatten für den Gesetzentwurf des Volksbegehrens gestimmt, 18,3 Prozent der Wahlberechtigten.

Dabei ging es natürlich um mehr als die Bienen, die Unterzeichner forderten eine Novellierung des Naturschutzgesetzes mit weitreichenden Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt im Freistaat. Angestoßen hatte das Volksbegehren die ÖDP, eine kleine Partei, die bei der Landtagswahl 2018 gerade mal auf 1,6 Prozent gekommen war.

Nachdem er zugelassen worden war, schloss sich jedoch ein breites Bündnis von über 170 Partnern an, darunter mehrere Naturschutzverbände, Grüne und SPD. Am heutigen Mittwoch nun, gerade mal fünf Monate später, will der Landtag das Gesetz beschließen.

Was in der Zwischenzeit geschah: Ministerpräsident Markus Söder berief einen Runden Tisch ein, um zwischen Umweltschützern und Landwirten zu vermitteln. Moderiert wurde er vom ehemaligen Landtagspräsidenten Alois Glück.

Der führte 14 Gesprächsrunden und 120 Einzelgespräche in nur zwei Wochen und beklagte sich hinterher: „Das war teils schon mörderisch und eine Gefahr für die Gesundheit.“ Am Ende beschloss die Koalition aus CSU und Freien Wählern, das Gesetz zu verabschieden, um so einen Volksentscheid zu vermeiden, ihm aber zugleich ein weiteres Gesetz an die Seite zu stellen. Anfang Mai wurde das Paket erstmals im Landtag vorgestellt.

Unter anderem sollen künftig Biotope besser vernetzt und kartiert werden, Hecken, Bäume und kleine Gewässer sollen in der Landwirtschaft erhalten werden, ebenso blühende Uferstreifen an allen Bächen. Zehn Prozent aller Wiesen sollen in Blühwiesen umgewandelt und der Naturschutz soll in die Ausbildung von Land- und Forstwirten aufgenommen werden.

Außerdem soll der Anteil des ökologischen Landbaus von bisher weniger als 10 Prozent bis 2030 auf 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ausgebaut werden.

 In dem Zusatzgesetz geht es beispielsweise um finanzielle Ausgleichsmaßnahmen für die Bauern, die starke Einbußen wegen der strengeren Auflagen fürchten.

Teilweise entschärft es aber auch einige der besonders umstrittenen Punkte. So soll die Frist für das Walzen von Wiesen nun nicht mehr starr gehandhabt werden, sondern etwa dann nach hinten verschoben werden, wenn in einer Region noch länger Schnee liegt. Beschlossen wird darin aber auch, dass sofort 10 Prozent des Staatswaldes aus der normalen Nutzung genommen werden, staatliche Gebäude begrünt oder bepflanzt werden und die Lichtverschmutzung zum Schutz von Insekten eingedämmt werden soll – zum Beispiel, indem Fassadenbeleuchtungen an öffentlichen Gebäuden ab 23 Uhr verboten werden.



Zuletzt kochte allerdings noch einmal der Unmut bei den Naturschützern auf. So klagten Grüne und Naturschutzverbände, dass die Regierung versuche, im letzten Moment durch im zuständigen Ausschuss eingereichte Veränderungen die Beschlüsse aufzuweichen – etwa bei der Größe des Biotopverbundes oder bei dem erklärten Ziel, den Flächenfraß in Bayern zu reduzieren. Änderungsanträge der Opposition seien dagegen von der Regierungsmehrheit abgeschmettert worden.

Anmerkung: Dieser Text wurde am 17. Juli 2019 um 12.59 Uhr aktualisiert. Das Ergebnis der Abstimmung wurde hinzugefügt.

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7 Kommentare

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  • Das jetzt ins bayerische Gesetzbuch aufgenommene Volksbegehren schafft endlich Klarheit,



    Eigentum verpflichtet; und zwar alle, angefangen beim kleinsten bis hin zum größten Landeigentümer.

    Aufgemerkt: Mehr als 60% unserer landwirtschaftlichen Nutzflächen stehen nicht im Eigentum der Bewirtschafter. Jeder Eigentümer selbst ist mithin unserer Gesellschaft verpflichtet! - Nehmt diese also endlich auch in Mithaftung auf diesem erheblich maroden Kahn.

    Der Forderungskatalog des Volksbegehrens geht ALLE an; mithin ist auch jeder Eigentümer in der Umsetzung nunmehr in einer maßgeblichen Verpflichtung.

    Es fehlt hier immer noch an der direkten Ansprache! Ein massiv verschärfter Druck, der insbesondere auf den konventionellen Bewirtschaftern lastet, ist dabei letztendlich nicht zielführend. Es gibt Regionen/Ortschaften in Bayern, wo mittlerweile über 80% der Flächen nicht mehr vom Eigentümer selbst bewirtschaftet werden. - Verändert diese Situation!

    Gerade unseren urbanen Flächeneigentümern sind die Bestrebungen dieses Volksbegehrens Jacke wie Hose. Eine erhebliche Unehrlichkeit in der Diskussion holt alle weitaus schneller ein, als es vielen lieb sein kann. Der Klimahammer trifft uns alle. Sobald die ersten wärmeliebenden Insekten auch an unseren urbanen Wohndomizilen anklopfen und um Einlass begehren bzw. sich hemmungslos Zutritt verschaffen, wird in jenen Köpfen ein rasanter Meinungsumschwung stattfinden.

    Bis dahin verprügelt man verbal die konventionellen Bauern!

  • Mir wäre ein Volksentscheid entschieden lieber gewesen.



    Es hätte ausführliche Diskussionen geben müssen, es wäre das eine oder andere im Gesetz noch verbessert worden – im Sinne FÜR Mensch und Umwelt.



    Das



    "Am Ende beschloss die Koalition aus CSU und Freien Wählern, das Gesetz zu verabschieden, um so einen Volksentscheid zu vermeiden, …"



    heißt für mich nunmal leider nichts Gutes. 👀



    Ich habe das ungute Gefühl, über den Tisch gezogen worden zu sein, wenn die bayerische Staatsregierung von sich aus ein Volksbegehren mehr oder weniger, also eher weniger, übernimmt… "Änderungsanträge der Opposition seien dagegen von der Regierungsmehrheit abgeschmettert worden."



    Also ist wohl das Meiste eher für die 🛢.



    Die Praxis wird's zeigen … , dass es ein "Weiter-so" geworden ist, und wir weiterhin unaufhaltsam auf den Abgrund zurasen.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Die Kritik von FARMER ist leider nicht von der Hand zu weisen. Flächenverbrauch und Landschaftszersiedelung gehen weiter, einschränken möchte sich niemand und die Anzahl von Menschen, die sich ab morgen teurere, unweltschonend erzeugte Lebenssmittel leisten wird dieselbe sein, die es sich heute schon leistet.



    Landwirtschaft und Forstwirtschaft sollen es jetzt richten, der weitaus größte Anteil an Menschen im Land fühlt sich währenddessen überhaupt nicht angesprochen, beziehungsweise denn aufgefordert, am eigenen Lebensstil etwas zu ändern.



    Hinzu kommen so nette Wünsche, wie Blühstreifen und auf dem Papier vernetzte Biotope, die noch nie auch nur halbwegs die Effekte in einem Maß erbracht haben, wie man sie sich von ihnen erhoffte.



    Nein, das wird kein großer Wurf, eher jetzt halt mal ein etwas größeres Bündel aktionistischer und selbstberuhigender Maßnahmen.



    In 20 Jahren werden wir dann sicher wissen, dass die Artenzahlen weiter abgenommen haben.

  • 8G
    83911 (Profil gelöscht)

    Verursacherprinzip!



    Die konventionellen Landwirte sind diejenigen, die ihre Felder - unser aller Natur - vergiften, mit Glyphosat und zig anderen Chemikalien und mit oft viel zu viel Gülle. Klar, dass auch sie diejenigen sind, die jetzt, viel zu spät, umdenken müssen und u. U. auch einmal in einen chemisch belasteten sauren Apfel beißen müssen.



    Wie wäre es denn, diese Gelegenheit als Chance zu nutzen und auf gesunde Bio-Landwirtschaft nach ökologischen Gesichtspunkten umzustellen? Dass Bio nicht gewinnbringend zu vermarkten ist, ist - sorry - Quatsch! Oder glauben Sie, dass die vielen Bio-Bauern alle aus der Sparbüchse draufzahlen? Umdenken ist angesagt, für uns alle!

    • @83911 (Profil gelöscht):

      Ja das ist doch nur politischer Populismus wie er gerne überall verwendet wird. Natur sind nicht nur landwirtschaftlichen Flächen, sondern auch alle mittlerweile versiegelten urbanen Flächen. Alle neuen Gewerbe- und Wohnbaugebiete, ja und auch der englische Rasen im Stadtpark.



      Und Bioprodukte bleiben eine Nische! Nur mit höchsten staatlichen Zuschüssen können Biobetriebe halbwegs überleben, der Biogetreidemarkt ist voll, Ware muss zum Weltmarktpreis vermarktet werden. Was ist los im Land, das die Menschen so mit Landwirten umgehen?

      • 8G
        83911 (Profil gelöscht)
        @Farmer:

        Was ist los mit den Landwirten, dass sie so mit dem Land und den Tieren umgehen?

  • Auf dem Rücken der Landwirte ausgetragen! Es lässt sich leicht unterschreiben, wenn es die eigene Lebensweise nicht einschränkt.



    Für die Unterzeichner wird nichts teurer, es wird weiter hin gebaut und versiegelt auf Teufel komm raus. Und Lebensmittel kaufen wir im Discounter und die Produkte von 30 % Zwangsbio sind nicht gewinnbringend zu vermarkten. Hauptsache das Gewissen ist beruhigt.