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Zugfahren in der CoronakriseGrüne pochen auf Maskenpflicht

Der Bahnexperte von den Grünen fordert den Einsatz der Bundespolizei, um Masken in Zügen durchzusetzen. Bei Verstößen soll es ein Bußgeld geben.

Immerhin tragen die Beschäftigten – hier im Fernverkehrswerk Dortmund – eine Maske Foto: dpa

Berlin taz | Die Grünen machen Druck, damit die Maskenpflicht in Fernzügen konsequent durchgesetzt wird. Die Bundespolizei solle auch präventiv in den Zügen die Einhaltung kontrollieren, verlangt der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Matthias Gastel, in einem am Montag veröffentlichten Forderungskatalog zum Schutz vor Coronainfektionen im Fernverkehr. Außerdem müsse die Bundespolizei Bußgelder gegen Maskenverweigerer verhängen können.

Reisende berichten zunehmend, dass Fahrgäste keine Masken tragen, obwohl das laut Länderverordnungen obligatorisch ist. Gastel hat seit April etwa 20 Mal einen Fernzug genutzt. Nach seinen Erfahrungen tragen nur 80 bis 90 Prozent der PassagierInnen einen Mund-Nasen-Schutz, es müssten aber seiner Auffassung nach nahezu 100 Prozent sein. „Kein einziges Mal habe ich bei meinen Fahrten in Fernzügen wahrgenommen, dass das Bahnpersonal Reisende ohne Maske auf ihr Fehlverhalten anspricht“, berichtet er.

MitarbeiterInnen der Bahn haben die Anweisung, Reisende ohne Atemmaske aufzufordern, eine aufzusetzen. Wer keinen Schutz trägt, kann laut Eisenbahn-Verkehrsverordnung von der Beförderung ausgeschlossen werden. Bislang wird die Bundespolizei erst aktiv, wenn sie gerufen wird, damit Maskenverweigerer den Zug verlassen. „Wir brauchen eine klare Zuständigkeit der Bundespolizei, damit diese unangekündigte Kontrollen in den Fernverkehrszügen durchführen und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Fernverkehrszug durchsetzen kann“, verlangt Gastel.

Dem Bundesverkehrsministerium ist das Problem bekannt. Es hat die Deutsche Bahn (DB) in einem aktuellen Schreiben aufgefordert, strikt auf die Einhaltung der Maskenpflicht zu achten, und lässt regelmäßig darüber berichten. „Die DB muss sicherstellen, dass die Maßnahmen greifen und konsequent umgesetzt werden“, erklärt das Ministerium. Dazu gehöre die Zusage, dass Reisende, die auf Aufforderung die Maske nicht anlegen, von der Beförderung ausgeschlossen werden. Für Bußgelder seien die Landesbehörden zuständig.

Bundespolizei hat nur dünne Personaldecke

Dem Abgeordneten Gastel reicht das nicht. „Es ist dringend angebracht, dass Bundesverkehrsminister Scheuer endlich handelt und eine Rechtsgrundlage auf den Weg bringt, damit Maskenverweigerer sanktioniert werden können“, sagt er. „Es ist kaum erklärbar, weshalb im Nahverkehr ein Bußgeld verhängt werden kann, im Fernverkehr mit stundenlangem Kontakt der Fahrgäste untereinander die Verweigerung der Maske hingegen nicht geahndet werden kann.“

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG steht der Forderung nach einem präventiven Einsatz der Bundespolizei skeptisch gegenüber. „Die Personaldecke bei der Bundespolizei ist sehr dünn“, sagt Sprecher Uwe Reitz. Damit es nicht zu Verspätungen kommt, sei es für die Bahnbeschäftigten entscheidend, dass die Bundespolizei schnell vor Ort sei, wenn sie gebraucht werde – was auch schon vor der Coronakrise etwa bei Problemen mit gewalttätigen Fahrgästen nicht immer der Fall gewesen sei. Denn die Bundespolizei hat nicht an jedem Bahnhof einen Standort.

Reitz zufolge wünschen sich die ZugbegleiterInnen ein eigentlich ganz simples Instrument für den Umgang mit Maskenverweigernden: ein Informationsblatt, auf dem unter anderem die Rechtsgrundlage für die Maskenpflicht aufgeführt wird. „Aber die Deutsche Bahn stellt so etwas nicht zur Verfügung“, kritisiert Reitz.

Die Pressestelle der Deutschen Bahn antwortete auf eine Anfrage der taz mit Textbausteinen, ohne auf Fragen einzugehen.

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13 Kommentare

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  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Zuviel Nähe ist ungesund.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Früher gab es ein Vermummungsverbot. Heute ist Vermummung Erste Bürger Pflicht.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Nach offizieller Statistik gibr es ja nur 15% Lockdown Gegner. 15% weniger Fahrgäste verkraftet die hochsubventionierte Bahn AG locker.

  • Es wäre so einfach: Maskenmuffel analog zu Fahrkartenmuffeln den Kauf der "vergessenen" Maske im Zug anzubieten und Verweigerer am nächsten Bahnhof aus dem Zug komplementieren. Wenns dabei Probleme gibt kann man immer noch die Polizei vor Ort rufen. Anders als Schwarzfahrende sind Maskenmuffel ein direktes Sicherheitsproblem für alle denen sie zu nahe kommen im Zug und indirekt für alle die angesteckte Fahrgäste in den nächsten 14 Tagen treffen - siehe Inkubationszeit. Aber schon allein die Vorstellung dass künftig Bundespolizisten mit drohender (legaler) Polizeigewalt als ständige Zugbegleiter arbeiten finde ich absurd. Hinzu kommen noch all die "Einzelfälle" illegaler Polizeigewalt auch in der Bundespolizei bevorzugt gegen BPoC Personen. Bundespolizei als Zugbegleiter - Nein Danke!

    • @Nina Janovich:

      Stimmt: SchwarzfahrerInnen sind ja auch nur direkt für die ZugbegleiterInnen ein Sicherheitsproblem.



      Fragen Sie doch die Kontrolleurin, der gerade in Leipzig ganz gepflegt ins Gesicht gespuckt und anschließend getreten wurde.



      Und die sollen sich demnächst dann noch mit Verweigerern von Masken "anlegen"? Kann ungesund enden.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Nina Janovich:

      Die Bundespolizei ist aber nun einmal zuständig. Und ist ja auch schon in Zügen präsent. Es gibt ganz schön viele Irre in dieser Welt und die fahren alle Zug - so jedenfalls mein Eindruck.



      Soll sich der Schaffner, mit seiner Lochzange, auch noch mit gewalttätigen Coronakaspern herumschlagen? Schönen Dank auch.

    • @Nina Janovich:

      Danke für diesen konstruktiven Kommentar! Schließe mich an und "Bundespolizisten" AUS!

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Damit ist klar, dass ich die Grünen nicht wähle.

    • @05838 (Profil gelöscht):

      Damit ist klar, dass ich die Grünen auch weiterhin wählen werde...auf unbelehrbare Covidioten kann ich während der Bahnfahrt nämlich gut verzichten!

  • Also ich bin in den letzten 10 Tagen 6x Fernzug (ICE) gefahren und habe bestimmt zwei dutzend mal mitgehört wie Personal einzelne Fahrgäste aufgefordert hat Maske aufzuziehen.



    Evtl hat Herr Gastel sich immer schnell die Ohren zugehalten damit sein Argument glaubwürdiger klingt.

  • Meines Wissens ist es so, dass die strikte Maskenpflicht keine saubere Rechtsgrundlage hat und eine solche auch nur sehr schwer zu formulieren ist. Man kann eine Maske aus vielerlei Gründen nicht tragen oder absetzen: Man will essen, trinken, bekommt nicht genug Luft, ...



    Und so ist das auch in dem Gesetz formuliert. Wie will man es auch anders machen, ohne das erhebliches Potential mit Schadenersatzklagen entsteht?

  • Kompromissvorschlag: solange die Maskenpflicht nicht durchgesetzt wird, soll auch die Kontrolle einer gültigen Fahrkarte nicht stattfinden :-)

  • RS
    Ria Sauter

    Bin 1. Klasse nach Berlin gefahre. Nur sehr wrnige trugen eine Maske und es hat die Zugbegleitet nicht interessiert.



    Dann könnten viele vielleicht annehmen, dass alles nicht so schlimm ist und die Politik überreagiert.