Yoko Ono wird 90: Kunstvoll gealtert
Ihr experimentelles Werk ist für viele schwer verdaulich. Doch das hat Yoko Ono nie gestört. Bis heute setzt sie sich für Menschenrechte ein.
Sich unbeliebt zu machen – und die Unbeliebtheit stoisch auszuhalten – ist eine Kunst für sich. Und Yoko Ono ist die Königin dieser Disziplin. An diesem Samstag, am 18. Februar, wird das Multitalent 90 Jahre alt. „Man mag denken, ich sei klein, aber ich habe ein ganzes Universum in meinem Kopf“, sagte Ono einmal. Was sie bisher aus diesem Universum schöpfte, beeindruckte viele und geht anderen gehörig auf den Geist.
Radikal neuartig und für manche komplett unverständlich waren die Kunstaktionen, mit denen sie ab Anfang der 1960er von sich reden machte. Etwa mit dem „Cut Piece“ von 1962: Yoko Ono saß still auf einer Bühne, das Publikum durfte mit einer Schere an ihrer Kleidung herumschnippeln. Oder mit ihrem „Stairway to Heaven“, ihrer „Himmelsleiter“: Wer hinaufkletterte, las oben, an der Galeriedecke, das zierliche, aber mächtige Wort „Yes“.
Fluxus nannte sich die Kunstströmung. Das Publikum sollte nicht ehrfürchtig auf die Werke starren, sondern sich einbringen – mitmachen. Aktivistisch und anti-elitär war auch Onos „Bagism“-Prinzip: Für eine Weile trat sie in schlichten Säcken („bags“) auf, um gegen stereotype Urteile über Äußerlichkeiten anzugehen.
Je älter sie wurde, desto politischer – vor allem: feministischer – fielen Onos Arbeiten aus, inbesondere ihr musikalisches Werk. 1933 war sie in eine gebildete Tokioter Oberschichtsfamilie hineingeboren worden. Sie studierte Philosophie, Klavier, Komposition und „klassischen deutschen Liedgesang“.
Ihr Herz schlägt für Geflüchtete und den Feminismus
Lieber experimentierte Ono, die seit 1952 in den USA lebt, aber mit atonaler Musik. „Keine richtige Melodie! Unhörbar! Schrill!“, schimpfte das Massenpublikum. Auch ihre Songtexte gaben sich nicht gerade lieblich: „Angry Young Woman“, „She hits back“, „Woman Power“ und so weiter.
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Musiker:innen von Sonic Youth über Depeche Mode bis Iggy Pop zollten Yoko Ono Respekt und arbeiteten mit ihr zusammen. Auch weil sie, enerviert vom Vietnamkrieg, stets gegen Waffengewalt und für Menschenrechte agitierte. Zuletzt 2019 mit der Installation „Add Color (Refugee Boat)“: In einen weißen Raum stellte sie ein weißes Boot, sinnbildlich für die oft lebensgefährlichen Barkassen, in denen Menschen aus Krieg oder Armut fliehen. Das Publikum konnte Botschaften darauf hinterlassen.
Ein böser, aber wenig überraschender Running Gag in Yoko Onos Leben: Immer wieder haben Männer sich theatralisch über sie aufgeregt. Sogar „Die Ärzte“, die 2001 sangen: „Du nervst noch mehr als Yoko Ono / Gehst mir tierisch auf den Sack / Hast einen beschissenen Musikgeschmack“. Yoko Ono nahm Bubengeheul aller Art cool zur Kenntnis.
Dreimal war sie verheiratet, erst ihr letzter Gatte schien „der Richtige“ zu sein. Er betätigte sich als Hausmann, kümmerte sich um den gemeinsamen Sohn und hatte ebenfalls ein Faible für die Musik. Er war Brite, sieben Jahre jünger als sie, hieß John und hat mal bei einer Band namens The Beatles gespielt.
Im taz-Mixtape bei Byte:FM vom 17. Februar wird unter anderem Musik von Yoko Ono zu hören sein, später auch als Podcast abrufbar.
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