Wolf-Debatte in den Niederlanden: Provinz Utrecht fordert Abschuss
Berichte über gerissene Nutztiere gibt es seit Jahren. Nun wurden in den Niederlanden erstmals zwei Kinder direkt angegriffen.
AMSTERDAM taz | I Anspannung in der niederländischen Provinz Utrecht: Mehrfach kam es in den vergangenen Wochen zu Vorfällen mit einem Wolf, die seither landesweit in den Medien diskutiert werden. Mitte Juli wurde ein Mädchen auf einem Landgut im Naturgebiet Utrechtse Heuvelrug in die Seite gebissen und leicht verwundet. Weil das dort ansässige Wolfspaar Junge habe, verhalte es sich „sehr defensiv gegenüber Hunden und Menschen, die zu nah herankommen“, erklärte die Provinz (vergleichbar einem Bundesland) in niederländischen Medien und riet, das Gebiet zu meiden.
Wenig später riss ein Wolf einen angeleinten Hund, der danach nicht mehr gesehen wurde. Am Mittwoch schließlich meldete die Polizei der Region Mittel-Niederlande, ein kleines Mädchen sei im gleichen Gebiet „von einem großen Tier bedroht“ worden, dass es „umgerannt oder umgeschubst“ habe. Laut der Zeitung De Telegraaf haben Augenzeug*innen einen Wolf gesehen. Gebissen wurde das Kind nicht.
Die Provinz-Regierung geht davon aus, dass es sich bei beiden Angriffen um dasselbe Tier handelt. Seit dieser Woche mehren sich nun Rufe, den entsprechenden Wolf abzuschießen. Dazu hat sie das Ministerium für Landbau, Fischerei, Nahrungssicherheit und Natur um eine Lizenz ersucht. Das Ministerium wiederum ließ die Nachrichtensendung RTL Nieuws wissen, dazu keine Befugnis zu haben. Wölfe genießen durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU einen hohen Schutzstatus und dürfen nur in Ausnahmesituationen abgeschossen werden. Die EU-Kommission signalisierte Ende 2023 Bereitschaft, den Status abzuschwächen, was Mitgliedsstaaten mehr Flexibilität ermögliche.
In den Niederlanden ist die einst bejubelte Rückkehr des Wolfs innerhalb weniger Jahren zu einem beinahe permanenten Streitthema geworden. Vor allem im Norden des Landes, etwa der waldreichen Provinz Drenthe, gibt es zahlreiche Fälle von Nutztieren wie Schafen, die von Wölfen gerissen wurden. Angriffe auf Menschen sind dagegen neu. „Ungewöhnlich und besorgniserregend“ nennt der Raubtierexperte Erwin van Maanen dieses Verhalten.
Gegenüber der Tageszeitung Volkskrant sagte Van Maanen, verglichen mit der Situation in Deutschland, wo man wirklich suchen müsse, um einen Wolf zu sehen, seien die niederländischen Wölfe weniger scheu, da sie mehr Interaktion mit Menschen hätten. In den dichtbevölkerten Niederlanden liegen sogenannte „Naturgebiete“ immer noch relativ nahe an der bewohnten Welt und sind beliebte Freizeit-Ziele.
Leser*innenkommentare
Miles Parker
An irgendeinem Punkt muss man Wölfe auch de-romantisieren.
Es sind Prädatoren, die auch Menschen terminieren können.