piwik no script img

Weniger Proteste fürs KlimaFridays sehen trotzdem Erfolg

An den großen Demonstrationen für Klimaschutz von Fridays for Future nehmen immer weniger Menschen teil. Die Bewegung will trotzdem daran festhalten.

FFF in Sachsen Anhalt: Die Bewegung plant an der Protestform Demonstration festzuhalten Foto: Steffen Schellhorn/imago

Berlin taz | Trotz sinkender Ak­ti­vis­t:in­nen­zah­len hält Fridays for Future einen Strategiewechsel nicht für nötig. „Die Zahlen sind weiterhin beachtlich“, sagte Darya Sotoodeh, bundesweite Sprecherin der Bewegung, zur taz. Über ganz Deutschland verteilt hatten am vergangenen Freitag nach Angaben von Fridays for Future gut 220.000 Menschen beim zwölften globalen Klimastreik demonstriert.

Nach dem elften Klimastreik im vergangenen September hatte die Bewegung noch von deutschlandweit 280.000 Teilnehmenden gesprochen. Im September 2019, auf dem Höhepunkt der Klimastreikbewegung, zählten die Fridays 1,4 Millionen.

Die Menschheit hat die Erde bereits um 1,2 Grad aufgeheizt, vor allem durch die Nutzung von Kohle, Öl und Gas zur Energieerzeugung und die damit verbundenen Treib­haus­gas­emis­sio­nen. In Deutschland stagnierten diese laut dem Thinktank Agora Energiewende im vergangenen Jahr, statt zu sinken, global sind sie laut Internationaler Energieagentur sogar noch leicht gestiegen.

Das Problem wird also größer, während die Klimastreiks schrumpfen. Schon lange muss sich Fridays for Future deshalb von einigen Mit­strei­te­r:in­nen anhören, es sei Zeit, auf andere Aktionen zu setzen. Zu diesen Stimmen gehört Tadzio Müller, seit vielen Jahren Teil der Klimabewegung und Mitgründer der Gruppe Ende Gelände.

Gemischte Meinungen aus der Bewegung

„Ich war am Freitag mit meinem Ehemann auf dem Klimastreik und hatte viel Spaß. Ich sage auch nicht, dass die Demos nichts bringen“, sagte Müller der taz. „Ich glaube aber, dass die vielen personellen, kreativen und finanziellen Ressourcen von Fridays for Future woanders effizienter eingesetzt wären, nämlich bei konkreten politischen Projekten.“ Als aktuelles Beispiel sieht er den Protest gegen die Verlängerung der Bundesautobahn 100 in Berlin.

Carla Hinrichs, Sprecherin von Letzte Generation, äußerte sich in der vergangenen Woche im Gespräch mit der taz positiv über die Fridays-Streiks. „Der Protest von Fridays for Future zeigt immer wieder, dass es Mehrheiten für Klimaschutz gibt“, sagte die Aktivistin, deren Gruppe vor allem auf Straßenblockaden setzt. Sie selbst wollte die Demo am Freitag nur wegen einer Verletzung nicht besuchen, normalerweise sei sie immer dabei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • Naja, die Gymnasiasten von damals sind heute eben Studenten und machen eben auch mal Semesterferien auf Bali oder so.

  • @JIM HAWKINS, @ELM62

    Ja, auch ich habe so meine kleinen Scharmützel zum Angeben, inklusive Aufenthalt im Hotel Gesa (war wärmer als das Zelt, aber das Zelt war mir dann doch lieber :-)

    Ist auch das Mindeste.

    Meine Anwandlungen von Strenge sind auch etwas kollektiver zu sehen. Wenn ich sowas [1] lese (Herr Fischer ist grob meine Altersklasse), dann denke ich "weg mit Sodom und Gomorrah, die fünf Gerechten sind's nicht wert". Mensch wird manchmal ungeduldig, im Alter.

    [1] taz.de/Knast-fuer-Klimakleber/!5917359/

  • Um eine breitere Masse anzusprechen sollte sich FFF vielleicht auch mal wieder auf ihr Kernanliegen konzentrieren.



    Wie ein befreundeter Lehrer mir berichtete sind seine Schüler mittlerweile durch die Unterwanderung durch andere Interessen von den Kundgebungen eher abgeschreckt. Schaut man sich die Rednerliste der verschiedenen Veranstaltungen an, ist das auch nicht verwunderlich.

    • @stefschu:

      Ich glaube FFF kommt aus der Falle nicht mehr heraus.

  • JIM HAWKINS

    Wenn sie nicht viel erreicht werden, dann weil wir alten Säcke den Arsch nicht hochkriegen.

    Mögen wir bald aussterben. Verdient hätten wir's.

    • @tomás zerolo:

      Nicht ganz so streng Gevatter.

      Ich für meinen Teil habe auf meine Art viele Jahre für eine andere, bessere Welt gekämpft.

      Vieles war falsch, einiges war dumm, aber daran hat sich wohl nicht besonders viel geändert.

      Und jetzt bin ich immer noch im Widerspruch zu den Verhältnissen, aber die alten Knochen erlauben nicht mehr soviel Action.

    • 1G
      14397 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      "alter Sack" ist aber eine ziemlich bescheidene Ausrede fürs selbstbemitleidende Wegschauen und demonstratives Desinteresse. Ich bin auch ein alter Sack und war - wie viele andere alte Säcke auch - dabei am Freitag bei der Fahrraddemo.

  • "nach Angaben von Fridays for Future gut 220.000 Menschen beim zwölften globalen Klimastreik demonstriert."

    Soll heißen, tatsächlich waren es max. 90.000 Menschen. In ganz Deutschland wohlgemerkt!

    • @Rudolf123:

      Sie können die Zahl tatsächlich widerlegen? Sie haben gegengezählt?

      • @Uranus:

        Im Dezember 2019 demonstrierten bei einer Klimademo in Madrid lt. örtlicher Polizei ca. 15.000 Menschen! Jetzt



        raten sie mal, wieviele Menschen lt. den Veranstaltern teilgenommen haben sollen? 500.000!!! Das 33fache!!! Somit sollte klar sein, dass sie die Zahlen der Veranstalter locker durch 3 oder 4 teilen können, um sich den tatsächlichen Zahlen anzunähern. Und selbst das dürften noch Maximalwerte sein.

  • Ich glaube, viele der jungen Leute sind enttäuscht, wei FFF nicht wirklich viel erreicht hat und von der Politik paternalistisch verarscht wurde.

    Dennoch konnten sie ein Vielfaches an Menschen mobilisieren, als es der rückwärts gewandten "Neuen Friedensbewegung" gelang.

    Und das im Vergleich völlig untoxisch, fröhlich und empathisch.

    Da ist, wie auch immer, noch mehr drin.

    • @Jim Hawkins:

      Naja, die notwendigen Maßnahmen wurden über Jahrzehnte verschleppt. Hierdurch hat sich ein großer Berg an Aufgaben ergeben, die nicht angegangen wurden. Aktuell müsste also ungleich mehr getan werden. Weder Politik und Bürger*innen tun da aber entsprechend viel/mehr für Klima und Umwelt. Allgemeines Wissen ist da, allerdings weniger über Dringlichkeit und Umfang. Und dann verändern zu wenig Menschen, schnell und viel ihr Verhalten.



      Aktivismus für den Erhalt der Lebensgrundlagen ist furstrierend und wenig aussichtsreich, würde ich meinen. Die Aktivistis rennen gegen eine Wand und manche Menschen/Institutionen stellen ihnen dabei noch ein Bein. Und die Aktivistis wissen, dass jetzt, eigentlich gestern, radikal gehandelt werden muss.



      FFF hat vieles richtig gemacht. Die Bewegung kommt aber wohl zu spät. Das kann mensch ihr aber nicht vorwerfen. Der Vorwurf richtet sich an die Älteren.

      • @Uranus:

        Es gibt eine sehr anrührende Doku über die Fridays:

        "Aufschrei der Jugend. Fridays For Future Inside"

        Für mich alten Knochen war es faszinierend zu sehen, mit welchem Elan, welcher Energie und welcher Lebensfreude die Fridays ihren Protest organisierten.

        Und erschütternd zu sehen, wie es auf die jungen Leute wirkte, als sie nach einem Jahr feststellen mussten, nicht viel erreicht zu haben.

        Das war eine harte Lehre und deswegen haben wohl auch viele resigniert. Sie haben den Politikern, den Erwachsenen sozusagen, geglaubt und wurden bitter enttäuscht.

        Das steckt man in dem Alter nicht so leicht weg.

        Jedenfalls sind die Fridays eine der faszinierendsten Bewegungen überhaupt. Allein der Anfang, ein Mädchen in Schweden setzt sich jeden Freitag vor das Parlament, um zu protestieren und daraus entsteht eine weltweite Bewegung, klingt wie ein Märchen.

        "What do we want? – Climate Justice! When do we want it? – Now!“

        • @Jim Hawkins:

          Ich habe mal eine Doku über FFF gesehen. Vielleicht war es die. Jedenfalls habe ich die Bewegung mitverfolgt und war auf ein paar Demos von ihnen. Meine Sympathie und Bewunderung haben sie auf jeden Fall. Sie haben enormes gleistet und bezüglich der Verhältnisse einiges erreicht.



          Ich kann mir gut vorstellen, dass viele entäuascht sind und ein Gefühl von Ohnmacht entwickeln. Kinder wachsen im Vertrauen auf die Erwachsenen auf und jene haben sie maßlos entäuscht, ja verraten. Die Älteren haben seit langem das Wissen bzw. hätten dies leicht sich aneignen können und haben trotzdem kaum etwas gegen die Krisen getan. Ja, die allermeisten haben bezüglich ihres Handelns nicht mal persönlich umfassende Konsequenzen gezogen. So gesehen ist es erstaunlich, dass einige von FFF noch aktiv sind. Naja, viel anderes bleibt ihnen ja nicht übrig. So es nicht mehr möglich sein sollte, die Katastrophe aufzuhalten, so könnte versucht werden, zumindest dessen Verschärfung zu verzögern.

  • Nicht die Menschheit, sondern die Industrie.



    Tempo 100 statt A 100.