Fridays-for-Future-Kongress: Welt retten, nächster Anlauf

Nach dem gescheiterten Klima-Entscheid in Berlin sieht sich die Klimabewegung in der Defensive. Nur: Wie lassen sich Mehrheiten gewinnen? Ein Kongress diskutiert.

Luise Neubaer hält eine Rede vor Menschen mit Transparent

Gar nicht mehr so einfach mit dem Klimaprotest: Luise Neubauer bei einer Rede Foto: Michele Tantussi/reuters

BERLIN taz | Die Klimabewegung hat es im Moment nicht leicht. Die Anmeldung von Protestaktionen wird immer schwieriger, die Polizeipräsenz bei Demonstrationen stärker und der Ton gegen die Bewegung rauer. So zumindest schilderte es Klimaaktivistin Luisa Neubauer zu Beginn der Podiumsdiskussion „Shrinking Spaces for Climate Action“ in der taz Kantine am Samstagabend. Hier diskutierten verschiedene Ex­per­t*in­nen aus den Bereichen Klima, Demokratie und Recht vor allem die Frage, wie sich die Klimabewegung den Raum zurückerobern kann – auf der Straße und im öffentlichen Diskurs.

Zu den diskutierten Punkten gehörte zum Beispiel das veränderte Versammlungsgesetz in NRW. Dort darf die Polizei seit Ende 2021 Demonstrationen per Video überwachen. Versammlungen auf Autobahnen sind komplett verboten. Auch scheint grundsätzlich die Unterstützung der breiten Bevölkerung für die Bewegung zu schwinden. Diesen Eindruck vermittelt der gescheiterte Klima-Volksentscheid in Berlin sowie die Beschlüsse des Koalitionsausschusses.

Es sei kein Zufall, dass die Kritik an Klimaschutzmaßnahmen lauter wird und die Bewegung mit ihren Forderungen in Ungnade fällt. Alles ein Teil einer „kommunikativen Gegenkampagne“, meint Christoph Bautz, Geschäftsführer der Organisation Campact. Geführt würde diese Kampagne von jenen, deren Interessen von der Klimabewegung bedroht werden. Im Fokus stünden dabei etwa zugespitzte Botschaften über Verbotspolitik und Vergleiche der Bewegung mit der RAF oder Taliban, die ein Zerrbild der Bewegung skizzierten.

Auch Pauline Brünger, Sprecherin bei Fridays for Future, beobachtet diese Entwicklung. „Die Klimabewegung hat zwar die besseren Argumente, aber der Gegenseite gelingt es momentan, Menschen zu emotionalisieren“, sagt sie. Das trage auch dazu bei, dass sich Politiker zum ersten Mal seit 2019 offen gegen Klimaschutz aussprechen können, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Noch zur vergangenen Bundestagswahl sei das undenkbar gewesen. Die Bewegung müsse das ernst nehmen und anerkennen, dass sie für Mehrheiten kämpfen muss, so Brünger.

Neue Verbündete und Protestformen

Nur, wie? Zu den Antworten der Panelrunde auf diese Frage gehört zum Beispiel die Zusammenarbeit mit neuen Verbündeten – etwa mit Gewerkschaften und deren Mitgliedern. Außerdem sollten „Windows of Opportunity“ (der nächste Hitzesommer kommt bestimmt) klug genutzt werden, um die Dringlichkeit der Krise und die Handlungsoptionen klar zu kommunizieren.

Auch neue Protestformen könnten der Bewegung guttun. Grundvoraussetzung sei aber, so Ulf Buermeyer, Jurist und Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte, dass die Protestfreiheit der Bewegung nicht eingeschränkt wird. „Es gibt eine traditionelle Skepsis von Behörden gegenüber der unmittelbaren Demokratie in Form von Demonstrationen und Blockaden“, so Buermeyer. „Versammlungen sind aber ein wichtiger Teil der Demokratie – sie machen sie lebendig. Statt die Versammlungsfreiheit einzuschränken, sollte man also vielleicht lieber darüber nachdenken, sie zu erweitern“.

Es sei wichtig, die Erfahrungen in der Bewegung zu besprechen, da sie „nicht nur individuell sind“, so Pauline Brünger am Ende des Abends. Die Probleme müsse man benennen und ein öffentliches Bewusstsein dafür schaffen. „Wenn die Freiheit der Klimabewegung eingeschränkt wird, schränkt das auch zivilgesellschaftliches Engagement insgesamt ein“.

Transparenzhinweis: Die Paneldiskussion fand im Rahmen eines eintägigen Kongresses von Fridays for Future statt, den die taz Panter Stiftung unterstützt hat.

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