Was Technik besser macht als Menschen: KI, bitte übernehmen Sie!
Ein bisschen mehr Intelligenz könnte im Kampf gegen den Klimawandel nicht schaden, findet unser Autor. Notfalls auch künstliche.
D a ist die Kaffeemaschine, die morgens heißes Wasser verweigert. Da ist das E-Auto, das man nicht zum Losfahren kriegt. Da ist die „Service“-Hotline des Telefonanbieters, bei der wir in der Schleife hängen: Die Maschinen haben doch längst die Macht übernommen. Insofern ist vielleicht halb so wild, wovor der frischgebackene Nobelpreisträger für Physik, Geoffrey Hinton gerade gewarnt hat. Der Mann hat die künstliche Intelligenz immer „intelligenter“ gemacht. Jetzt warnt er davor, dass „letztlich Systeme entstehen, die intelligenter sind als wir und irgendwann die Kontrolle übernehmen“.
Hmm. Wäre das so schlimm? Intelligenter als wir, das ist ja nicht so schwer. Einfach mal aufhören, immer kräftiger am Ast zu sägen, auf dem wir sitzen. Unsere natürliche „Intelligenz“ jedenfalls führt dazu, dass wir weiter Treibhausgase ausstoßen, Wälder abholzen, die Meere verdrecken, Pflanzen und Tiere im großen Stil ausrotten – gegen alle Fakten. Nicht sehr schlau.
Wäre KI besser? Sie hätte ja alle Daten zur Verfügung. Und dann würde sie ernst machen mit dem Slogan „Listen to the Science“. Die Roboter würden nach kühler Ratio, nach logischen und biologischen Kriterien entscheiden – und nicht danach, welcher Autokonzern in ihrem Wahlkreis investiert. Logische, aber drastische Entscheidungen wären für die KI kein Problem: Für die 1,5-Grad-Grenze müssen die weltweiten Emissionen bis 2030 halbiert werden.
Ergo: Sofort aus der Kohle aussteigen, sofort keine neuen Verbrennerautos mehr zulassen. Sie würde mit einem Ruck weltweit die Billionen Dollar für Subventionen an Öl, Gas und Kohle nehmen und damit Erneuerbare bauen, Klimageld auszahlen und massiv in neue CO2-Abscheidung aus der Luft und in neue Wälder stecken.
Durch KI zum Vegetarier
Die Regenwälder wären sicher, denn es gäbe weniger Nachfrage nach Soja: Wenn die KI nach rationalen Erwägungen entschiede (und weil eine Festplatte keine Rostbratwürste mag), würden die Menschen ratzfatz zu Vegetariern.
Irgendwann (ziemlich schnell, denke ich) würde die KI merken, dass die Weltrettung auch gerecht sein muss, dass es außer Naturwissenschaft noch Sozialwissenschaft gibt. Das wäre dann nicht so schön für die reichen Industrieländer. Die würden für Jahrhunderte von Überkonsum auf Diät gesetzt, die deutschen und amerikanischen Steuergelder flössen für Krankenkassen in Malawi und Radwege in Peru.
Wer das kritisieren wollte, könnte ja gern mal versuchen, gegen ChatGTP zu argumentieren. Oder von einer KI überhaupt als gleichwertiger Gesprächspartner wegen fehlender Rechenleistung (7.463 geteilt durch 286? Na?) ernst genommen zu werden. Kurz: Wir würden auf Befehl der KI endlich tun, was nötig ist, um die Welt zu retten.
Wenn die KI dann die Welt retten und beherrschen würde – würde sie auch unsere Fehler machen? Allein die Rechenleistung für die Herrschaft der Bits und Algorithmen würde so viel Strom fressen, dass die KI plötzlich vor ähnlichen Sachzwängen wie wir stünde. In den USA etwa soll jetzt wieder ein Reaktor im Katastrophen-AKW Harrisburg hochgefahren werden, weil Rechenzentren den Strom brauchen. Allerdings wurde diese Entscheidung von Menschen gefällt. Eine echte Intelligenz hätte mit dem Blödsinn Atomkraft gar nicht erst angefangen.
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