Wahlalter 16: Ziemlich spät
Die CDU hat ihren zähen Widerstand gegen das Wahlalter aufgegeben. Ein Schritt, der mehr als überfällig ist.
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E ndlich wählen ab 16! Am Dienstag dieser Woche hat der schwarz-rote Senat den Gesetzentwurf für eine entsprechende Änderung der Berliner Landesverfassung beschlossen. Vorausgegangen waren jahrelange Debatten, passiert ist – abgesehen davon – herzlich wenig. Und das lag insbesondere an der CDU, die sich in der Vergangenheit mit Händen und Füßen gegen eine Absenkung des Wahlalters für die Abgeordnetenhauswahlen gewehrt hat.
Immer wieder hieß es seitens der CDU, dass Jugendlichen die nötige Reife fehle und es nicht nachvollziehbar sei, dass 16-Jährige im Falle einer Wahlrechtsreform zwar nicht voll geschäftsfähig seien, aber wählen gehen dürften. Damit ließ die CDU völlig außer Acht, dass Jugendliche von Politik genauso betroffen sind wie volljährige Menschen und durch ein früheres Wahlalter aktiv in die Gestaltung ihrer Zukunft eingebunden werden. Initiativen wie Fridays for Future zeugen dabei davon, dass sich auch 16-Jährige schon politisch engagieren und für ihre Belange einstehen.
In Jubelstürme bricht man bei den Christdemokrat*innen auch jetzt nicht aus, das Projekt Wahlalter 16 hatte letztlich die SPD in den Koalitionsverhandlungen durchgedrückt. Klar ist: Das ganze Vorhaben wird trotzdem reichlich spät umgesetzt. Und es wirft wieder einmal die generelle Frage auf, warum sich Berlin und andere Bundesländer so lange gegen eine Wahlrechtsreform gesträubt haben beziehungsweise immer noch sträuben.
Was das Wahlalter angeht, ist Deutschland ein einziger Flickenteppich. Direkt hinter der Berliner Stadtgrenze in Brandenburg dürfen 16-Jährige bereits seit 2014 den Landtag mitwählen. Im Saarland oder in Sachsen sind 16-Jährige dagegen nicht einmal zu Kommunalwahlen zugelassen. Immerhin an diesem Punkt ist Berlin weiter: Die Bezirksverordnetenversammlungen darf man bereits mit 16 wählen.
Nur rund zwei Prozent zusätzliche Stimmberechtigte
Der zähe Widerstand der CDU gegen eine Reform legt den Verdacht nahe, dass es ihr lange nicht um ernsthafte politische Teilhabe ging. Vielleicht liegt dem plötzlichen Kurswechsel eine Einsicht zugrunde. Vielleicht hatte man auch kein Vertrauen in die Arbeit der Lehrkräfte, die das Fach „Politische Bildung“ an Berlins Schulen unterrichten. Vielleicht ist der CDU aber auch aufgefallen, dass die rund 50.000 zusätzlichen Stimmberechtigten nur rund zwei Prozent der 2,5 Millionen Wähler*innen in Berlin ausmachen und ihr damit nicht im Wesentlichen gefährlich werden.
Sei's drum. Mit dem Senatsentwurf zur Verfassungsänderung geht Berlin zwar nun wahrlich nicht als innovativer Pionier voran, entgeht aber zumindest dem Schlamassel, in puncto zeitgemäßes Wahlrecht den Entwicklungen hinterzuhinken.
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