piwik no script img

Waffen für BundeswehrdrohnenNicht um den Preis ziviler Opfer

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Eine Bewaffnung von Drohnen sollte nur mit strengen Vorgaben erfolgen. Der Schutz für die Bundeswehr darf nicht auf Kosten Unbeteiligter gehen.

Noch unbewaffnet: Bundeswehrdrohne vom Typ Heron beim UN-Einsatz in Mali Foto: Joerg Boethling/imago-images

D ie USA verabschiedeten sich im August mit einem Fehlschlag aus Kabul. Der „Islamische Staat“ (IS) hatte gerade einen Anschlag auf den Flughafen verübt, wo die Evakuierungsaktion des Westens lief. Über 170 Zi­vi­lis­t*in­nen und 13 US-Soldat*innen starben.

Drei Tage später wollte das US-Militär das nächste Attentat verhindern und einen IS-Terroristen ausschalten, in dessen Wagen es Sprengstoff vermutete. Das Problem: Die vermeintlichen Bomben waren Wasserkanister, der angebliche Attentäter ein Unschuldiger. Er und neun Angehörige starben durch den Angriff einer amerikanischen Kampfdrohne.

Was das mit den Koalitionsverhandlungen in Berlin zu tun hat? Die Ampel-Verhandler*innen könnten beschließen, dass auch die Bundeswehr ihre Drohnen bewaffnen darf. Die FDP ist ohnehin für Kampfdrohnen und die Grünen haben auf ihrem Parteitag im Juni ihren Widerstand abgeräumt.

Und der SPD-Vorstand hat in dieser Woche wohlwollend die Empfehlung einer parteiinternen Arbeitsgruppe entgegengenommen, die sich für die Bewaffnung unter bestimmten Umständen ausgesprochen hat: Keine gezielten Tötungen jenseits des Völkerrechts, kein Einsatz ohne Bundestagsmandat, klare Einsatzregeln für die Pi­lo­t*in­nen und so weiter.

Die SPD-Spitze holt sich die Legitimation der Partei

Für dieses Ergebnis an sich hätte es zwar keine Arbeitsgruppe gebraucht. Die Debatte zum Thema läuft seit Jahren, der jetzige Vorschlag lag mit anderen Worten schon auf dem Tisch und neue Argumente hat das Gremium auch nicht präsentiert.

Die Öffentlichkeit hat sich an den Gedanken, Drohnen zu bewaffnen, gewöhnt

Immerhin hat es die SPD-Spitze aber geschafft, sich durch das Verfahren die Legitimation der Partei zu holen. Ganz leise ist noch Protest aus dem linken Parteiflügel zu vernehmen, den großen Aufschrei gibt es aber nicht – weder inner- noch außerhalb der SPD.

Dafür gibt es verständliche Gründe: Nach der jahrelangen Debatte hat sich die Öffentlichkeit an den Gedanken der Bewaffnung gewöhnt. Kampfdrohnen sind keine neue Technik mehr, sie haben sich international durchgesetzt und werden nicht mehr verschwinden. Ein deutscher Verzicht hat heute keinen Symbolwert mehr. Und Regeln, wie die SPD sie formuliert hat, machen ja tatsächlich einen Unterschied.

Ein Drohnenkrieg im Stile der USA, die ungefragt in diverse Länder einfliegen und dort Todeslisten abarbeiten, ist damit ausgeschlossen. Es bleiben zwar trotzdem gewichtige Gegenargumente, zum Beispiel, dass die politischen Hürden für Einsätze sinken, wenn künftig jede Bundeswehrpatrouille durch eine Drohne abgesichert wird und damit das militärische Risiko schrumpft.

Zivile Opfer sind auch mit Kampfjets möglich

Allerdings ändert sich dadurch nicht die grundlegende Art und Weise, wie die Bundeswehr Kriege führt. Luftunterstützung gibt es heute schließlich schon durch Kampfjets, sie sind nur weniger effizient als Drohnen, die schneller einsetzbar sind und länger in der Luft bleiben können.

Alles kein Problem also? So ist es auch wieder nicht. Nehmen wir als Beispiel den US-Fehlschlag aus dem August: Den Regeln, die die SPD formuliert hat, widerspricht ein solcher Angriff nicht unbedingt. Es ging nicht um eine extralegale Hinrichtung, sondern im weitesten Sinne um den Schutz eigener Sol­da­t*in­nen mit Mitteln, die man mit gutem Willen völkerrechtlich begründen kann.

Auch solche Angriffe und damit einhergehende zivile Opfer sind zwar nichts grundlegend Neues. Sie sind auch mit Kampfjets möglich, man denke nur an die Tanklaster von Kundus. Allein durch die Flexibilität der Drohnen, durch die häufigere Verfügbarkeit könnte es aber sein, dass die Bundeswehr in künftigen Einsätzen öfter Raketen abfeuert als heute. Obwohl Drohnen präziser sind als Kampfflugzeuge, könnte in der Summe die Zahl ziviler Opfer steigen.

Entscheidend ist deshalb in den Koalitionsverhandlungen: Wenn die Kampfdrohnen schon kommen, dann dürfen die Einsatzregeln nicht nur streng aussehen. Sie müssen Zi­vi­lis­t*in­nen tatsächlich so viel Schutz garantieren, wie es in einem Krieg überhaupt möglich ist.

Sollte andernfalls die Sicherheit deutscher Sol­da­t*in­nen auf Kosten der Bevölkerungen in den Einsatzländern steigen, wäre das nicht nur moralisch fragwürdig. Es könnte strategisch auch nach hinten losgehen: Zivile Opfer sorgen vor Ort bestimmt nicht für Akzeptanz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
Mehr zum Thema

24 Kommentare

 / 
  • Die Politiker:innen, die so gern die bewaffnungsfähigen Drohnen anschaffen möchten, sollten einmal das Buch von Atef Abu Seif aus Gaza, „Frühstück mit der Drohne“ lesen, um die Theorie mit tatsächlicher Erfahrung von tatsächlichen Menschen, die unter der stetigen Gefahr von Drohnenanschlägen leben müssen zu unterfüttern. Er schreibt darin u.a. „Unser Schicksal liegt in den Händen eines Drohnenpiloten, der irgendwo jenseits der israelischen Grenze in einem Militärstützpunkt sitzt. Dieser Pilot blickt auf Gaza wie ein freches Kind auf ein Computerspiel. Er drückt eine Taste und vernichtet einen Straßenzug“...



    Das Buch ist erhältlich beim Unionsverlag: www.unionsverlag.c....asp?title_id=3418

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - wirft ein:

    “ Das erste Teil - könnte auf "Oberst Klein" - getaufet sein.“

  • Ich bin für Drohnen. Aber die Vorraussetzungen für den Einsatz kann nur sein das er erst erlaubt ist nachdem Dörfer in der BRD mit ausländischen Drohnen angegriffen wurden bzw. unsere Soldaten. Alles andere ist Kolonialistisch. So hat man es z.B. im 2. Weltkrieg auch mit C-Waffen gehandhabt. Leider erst nach den Erfahrungen damit im 1. Weltkrieg.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Algernoon:

      Das stimmt nicht in China haben die Japaner Giftgas eingesetzt und die deutschen auf der Krim.

  • "Sollte andernfalls die Sicherheit deutscher Sol­da­t*in­nen auf Kosten der Bevölkerungen in den Einsatzländern steigen, wäre das nicht nur moralisch fragwürdig. Es könnte strategisch auch nach hinten losgehen: Zivile Opfer sorgen vor Ort bestimmt nicht für Akzeptanz."

    Ich fände es Klasse, auf diese Auslandseinsätze zu verzichten.



    Könnte auch die Akzeptanz heben.

  • "klare Einsatzregeln für die Pilot*innen"



    Bis diese dann durch KI ersetzt werden. Die ist billiger, belastbarer, kommt ohne Gewissenskonflikte und Pensionsansprüche aus und ist längst verfügbar.



    www.heise.de/tp/fe...schon-6057359.html

    • @Ingo Bernable:

      KI nicht überbewerten.

      siehe Tesla, wo die KI eine tiefstehende rote Sonne für ne Ampel hält und urplötzlich eine Vollbremsung hinlegt...

      KI ist eine brute Force Ansatz für statistische Schätzungen: Wie wahrscheinlich passt B (Realität) auf A (lerndaten). Mehr nicht. Da ist nichts "intelligentes" dran. KI's sind strunzdum

      • @danny schneider:

        "KI ist eine brute Force Ansatz"



        Ist sie nicht. Brute Force-Algorithmen basieren darauf, dass sie den gesamten Suchraum iterieren, das aber tun die gängigen KI-Modelle also derzeit vA CNNs nicht. Zwar ist die forward propagation durch die neuronalen Layer des Netzes rechenintensiv und deshalb idR massiv parallelisiert, aber eben dennoch straight forward.



        Natürlich ist der Begriff der 'Künstlichen Intelligenz' streng genommen falsch und stark irreführend. Relevant ist aber nicht ob so eine KI ein philosophisches Essay verfassen oder eine Fuge komponieren kann (woran wohl auch die meisten natürlichen Intelligenzen scheitern würden), sondern ob ein solcher Algorithmus zu einer hinreichend korrekten Klassifikation der jeweiligen Ziele fähig ist und das ist eben zunehmend der Fall.

      • @danny schneider:

        Wenn die Erkennungsalgorithmen dazu führen, die Anzahl der Toten im Autoverkehr, die durch MI (menschliche Intelligenz) entstehen, zu reduzieren, dann wird sie kommen. Das wird bald sein.

  • 9G
    97627 (Profil gelöscht)

    Erbärmliches Plädoyer für die Bewaffnung von Dronen. "Zivile Opfer sind auch mit Kampfjets möglich". "Obwohl Dronen präziser sind als Kampfflugzeuge".. Herrje... Sag es doch, Apologetik-PR für die ehemalige Friedenspartei. Und das mit absurden "Argutmenten". Mehr nimmt man dir hier nicht ab.

  • Fromme Wuensche. Das Problem sind die Algorithmen in den Koepfen. Auch in dem des Obersten Klein. Wo der BGH neuestens meint, er wuesste mehr als der NATO-Chefanklaeger. Die Ritterlichkeit....

  • Ich frage mich wirklich, ob die Bevölkerung der Bundesrepublik schon so abgestumpft ist, wie es hier unterstellt wird, damit der Kampfdrohneneinsatz bzw. die Absicht als normal betrachtet wird.

    Und überhaupt. Welche Kriege sind gemeint, in denen Bundeswehrsoldaten und Soldatinnen mit Kampfdrohnen geschützt werden müssen? Das können doch nur Interventionskriege sein, die nichts mit Landesverteidigung zu tun haben.



    Wenn da nicht Herr Putin wäre, den die Bellizisten stets und jederzeit als Grund anführen, dass Aufrüstung und Militarisierung der Politik unerlässlich sind. Und das in einer Welt, die nicht nur ein Klimaproblem hat. Armut, Hunger, Krankheiten sind auch das Produkt eines Kampfes um Ressourcen mit unvorstellbaren Folgen, die sich millionfach in Flucht und Vertreibung äußern. Und da reden PolitikerInnen allen Ernstes über Aufrüstung? Dienen die Drohnen dann doch zur Grenzsicherung gegen ein Heer Flüchtender?



    Nach der Wiedervereinigung hat Deutschland komplett den Kompass verloren der die Richtung zeigt, um Frieden und Gerechtigkeit zu ermöglichen. Stattdessen haben mehr oder weniger tumbe, geschichtsvergessene PolitikerInnen die Zügel in die Hand bekommen. Das wird kein gutes Ende nehmen.

    • @Rolf B.:

      "Ich frage mich wirklich, ob die Bevölkerung der Bundesrepublik schon so abgestumpft ist,"

      Nö, aber was soll der Bürger machen? die Gesetze macht die Politik, nicht der Bürger. Der Bürger wird bei sowas nicht gefragt.

      • @danny schneider:

        Dagegenhilft nur mehr direkte Demokratie. Die grünen Bellizisten haben aber genau dies auf ihrem vorletzten Parteitag ausgeschlossen.

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @Rolf B.:

          Ich glaube da war eher die Angst vor Initiativen wie in der Schweiz im Bezug auf Migration treibend und der Gedanke an den Brexit als das wirklich irgendwann ein Volksentscheid für Krieg und Frieden fällig wird.

          • @83379 (Profil gelöscht):

            Die Bedenken gegen Volksentscheide sind z.T. durchaus nachvollziehbar, jedoch im Wesen antidemokratisch. Wer letztendlich meint, dass das Volk kein Souverän sein darf, hält nicht viel von Demokratie. Vielleicht sind es aber nur primitive Gedanken, die gegen Volksentscheide sprechen wie u.a. die Angst davor, dass die Parteien an Einfluss verlieren. Das nach China zweitgrößte Parlament der Welt ist ja auch so etwas wie eine gute Versorgungsinstitution, über die Parteien verfügen können mit all den finanziellen Möglichkeiten, Menschen in parteinahen Institutionen zu alimentieren. Der sprunghafte Anstieg von staatlich alimentierten NGOs oder ThinkTanks spricht Bände.

            • 8G
              83379 (Profil gelöscht)
              @Rolf B.:

              Ich will das gar nicht in Frage stellen und denke ich an Themistocles der sein Volk überzeugte eine Flotte zu bauen mit Silberfunden anstatt das Geld zu verteilen glaube ich auch nicht das Völker so irrational sind wie immer dargestellt. Was sie da beschreiben stimmt schon die Parteien sind auch (nicht nur) Institutionen die Menschen durchfüttern die es wohl so weder in der freien Marktwirtschaft noch im akademischen schaffen würden. Letztlich halte ich nichts davon Volksentscheide nicht abzuhalten weil das Volk "falsch" entscheiden würde, Politiker stammen auch aus dem Volk und vor deren Dummheit bewahrt uns auch keiner. Brexit ist das Resultat einer abgehobenen und sehr sehr korrupten politischen Klasse, gegen die das Volk rebelliert hat.

        • @Rolf B.:

          "Die grünen Bellizisten"



          Können sie auch nur eine offizielle grüne Position oder Verlautbarung anführen die tatsächlich kriegsverherrlichend ist?

  • Du kannst doch nicht auf Frauen und Kinder schießen?

    Doch, das ist leicht. Du darfst nur nicht so viel vorhalten... Haha, Krieg ist die Hölle.

  • “Ach was!“ © Loriot

    “ Waffen für Bundeswehrdrohnen



    : Nicht um den Preis ziviler Opfer



    Eine Bewaffnung von Drohnen sollte nur mit strengen Vorgaben erfolgen. Der Schutz für die Bundeswehr darf nicht auf Kosten Unbeteiligter gehen.“

    Geht klar - Jung.



    Die werden im Kriegsfall dann auch sowas von eingehalten. Aber Hallo!



    Videos zu johlend-lachend sich ergebende Soldaten “unterpflügende“ US-Soldaten aus dem Irak-Krieg können mühelos um Drohnen-Szenarien ergänzt werden.

    kurz - Wie blauäugig kann mann eigentlich sein?!

    unterm—— deutsches Wesen? - aber gern:



    Mauerschützenfälle a Justiz!



    & Däh



    Der hochgeschätzte & bestens ausgewiesene Kollege!



    Legte mir haarklein dar - wie minutiös genau der Waffeneinsatz am Sozialistischen Schutzwall geregelt war. Bis mir der Kragen platzte:



    “Mir völlig wumpe - was da geregelt war!



    Wer seine Knarre auf Dauerfeuer stellt!



    Weil jemand versucht - ein Land zu verlassen:



    Ist ein Mörder! Was denn sonst?!“ •

    So geht das

    • @Lowandorder:

      Ist natuerlich grober Quatsch. Wenn man nicht an den lieben Gott als Gesetzgeber glaubt. Da glaub ich lieber an Carl Schmitt. Wer von den Menschenrechten redet luegt.

      • @fritz:

        Wenn einer lieber an den Nazi Carl Schmitt glaubt, als an den Lieben Gott, kriege ich das Gruseln...