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Vorstoß im BundestagParlamentarier machen AfD-Verbotsantrag öffentlich

Mehrere Abgeordneten wollen im Bundestag in Kürze ein AfD-Verbot beantragen. Nun präsentieren sie ihren Antrag – der einigen Zuspruch finden soll.

Ihre Forderung ist klar: Demonstrierende in Leipzig gehen für ein AfD-Verbot auf die Straße Foto: Sebastian Willnow, dpa

Berlin taz | Die Einbringung eines AfD-Verbotsantrags im Bundestag steht unmittelbar bevor, am Donnerstag traten die Or­ga­ni­sa­to­r*in­nen in die Öffentlichkeit. „Die Liste der Anhaltspunkte für verfassungswidrige Tendenzen der AfD ist lang“, heißt es in der Mitteilung der Abgeordneten Marco Wanderwitz (CDU), Carmen Wegge (SPD), Till Steffen (Grüne), Martina Renner (Linke) und Stefan Seidler (SSW). Es brauche nun „zeitnah“ die Einbringung des Verbotsantrags im Bundestag.

„Es gilt zu verhindern, dass nach der furchtbaren Herrschaft der Nationalsozialisten eine in großen Teilen rechtsextreme und völkische Partei in Deutschland wieder mächtig wird“, erklärte Wanderwitz am Donnerstag. Wegge betonte: „Wenn eine Partei bestrebt ist, die Demokratie abzuschaffen, so ist es demokratisch, diese Partei zu bekämpfen.“ Steffen erklärte, dass die AfD sich „für den Weg der Radikalisierung entschieden“ habe. „Der Antrag ist die Konsequenz daraus.“

Renner verwies auch auf die Betroffenen, welche die AfD ins Visier nehme. „Diese Menschen warten auf ein Signal, dass der Bundestag die historische Verantwortung wahrnimmt und nach Karlsruhe geht.“ Und Seidler, der als einziger Abgeordneter den Südschleswigschen Wählerverband im Bundestag vertritt, ergänzte: „Als Demokraten ist es unsere oberste Aufgabe, diese grundlegenden Überzeugungen gegen ihre Feinde zu schützen, in dem wir von allen Instrumenten unserer wehrhaften Demokratie Gebrauch machen.“

Achtseitiger Verbotsantrag

Zugleich schalteten die Abgeordneten eine Internetseite frei, auf dem sie ihren AfD-Verbotsantrag veröffentlichten. Sie alle seien Mitglieder unterschiedlicher Fraktionen und nicht immer einer Meinung, heißt es auf dieser Seite. „Worin wir uns einig sind, ist unser klares Bekenntnis zu unserer Demokratie und unserem Grundgesetz.“ Es sei „erschreckend, dass die AfD immer offener ihre Menschen- und Demokratieverachtung zeigt“.

Das Grundgesetz biete aus gutem Grund die Möglichkeit, eine mögliche Verfassungswidrigkeit von Parteien prüfen zu lassen, betonen die Befürworter. Die Voraussetzungen für ein Verbot seien hoch. Aber: „Wir sind davon überzeugt, dass sie im Fall der AfD gegeben sind.“

In ihrem Verbotsantrag werfen die Abgeordneten der AfD vor, die Menschenwürde aller „unverhohlen“ infrage zu stellen. Die Partei vertrete ein völkisches Gesellschaftsbild und bagatellisiere NS-Verbrechen. Sie diffamiere die Presse, andere Parlamentarier und die Demokratie an sich. Zudem beschäftige sie im Bundestag mehr als 100 rechtsextreme Mitarbeiter. Deshalb solle nun das Bundesverfassungsgericht ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD einleiten.

Etliche Un­ter­stüt­ze­r*in­nen bei SPD, Grünen und Linken

Weitere Namen, welche Abgeordneten den AfD-Verbotsantrag im Bundestag unterstützen, nennen die In­itia­to­r*in­nen vorerst nicht. Für eine Einbringung eines AfD-Verbotsantrags im Parlament braucht es 37 Abgeordnete, fünf Prozent des Parlaments. Hier hatte Mitinitiator Marco Wanderwitz (CDU) bereits im Juni der taz gesagt, dass diese Zahl erreicht sei.

Dem Vernehmen nach ist die Zahl der Un­ter­stützer*in­nen des Antrags inzwischen deutlich größer – sie finden sich vor allem in den Fraktionen von SPD und Grünen und der Linken-Gruppe. Aus der Union-Fraktion hieß es dagegen, dort stünden neben Wanderwitz nur 6 weitere der 196 Abgeordneten hinter dem Verbotsantrag. Das BSW lehnt diesen bisher ab. Auch die FDP zeigte sich zuletzt kritisch. Womöglich könnten sich dort einige der Abgeordneten aber zumindest bei einer Abstimmung enthalten.

Nach ihrem Schritt in die Öffentlichkeit wollen die Initiatoren weitere Un­ter­stüt­ze­r*in­nen im Bundestag gewinnen. Im November soll der Antrag dann im Parlament eingereicht werden. Im Anschluss würde eine Plenardebatte geführt und Abstimmung abgehalten werden. Um den AfD-Verbotsantrag tatsächlich beim Bundesverfassungsgericht einreichen zu können, bräuchte es eine einfache Mehrheit der 736 Bundestagsabgeordneten.

Gegendruck der Fraktionsspitzen von Union und SPD

Ursprünglich war auch eine Pressekonferenz der In­itia­to­r*in­nen geplant. In den Fraktionen der Union und SPD aber hatte es zuletzt einigen Druck auf die Gruppe gegeben haben. Alexander Dobrindt (CSU) hatte den Antrag als „vollkommen falsch und kontraproduktiv“ bezeichnet, CDU-Parteichef Friedrich Merz schloss sich an. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte erklärt, noch seien nicht alle Voraussetzungen für ein AfD-Verbot erfüllt. Er warnte davor, den Antrag schon jetzt einzubringen, und appellierte, die SPD-Fraktion müsse in dieser schwierigen Frage zusammenbleiben.

Erst am Dienstag hatten indes die Omas gegen rechts und die Onlineplattform Volksverpetzer eine Petition für eine Prüfung eines AfD-Verbots mit 869.000 Stimmen an die Gruppe um Marco Wanderwitz überreicht. Zu den Unterzeichnenden gehören die Fernsehmoderatorin Ruth Moschner, die Schauspielerin Nora Tschirner oder der Musiker Bela B.

Die AfD gibt sich nach außen bisher gelassen und tut den AfD-Verbotsantrag ab. Thomas Haldenwang, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, kündigte zuletzt an, dass sein Amt bis zum Jahresende ein neues Prüfergebnis zur AfD vorlegen werde. Käme es zu einer Hochstufung der Partei als „gesichert rechtsextreme“ Vereinigung könnte dies den Ver­bots­be­für­wor­te­r*in­nen Aufwind geben.

Zuletzt sprach sich auch der Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan Kramer für ein AfD-Verbotsverfahren zumindest für den Thüringer AfD-Landesverband aus, der bereits seit 2021 als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft ist.

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3 Kommentare

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  • Wo steht denn geschrieben, dass die AfD die Demokratie abschaffen will? Ich fänd's ja toll, wenn man diese Partei einfach abschaffen könnte, aber die Argumentation gegen sie erscheint mir so widersprüchlich, dass sie eher zu ihrer Stärkung, als zu ihrem Verbot führen könnte. Zumal das Verbot einer demokratisch gewählten Partei die Demokratie auch in Frage stellt.

  • AfD ... eine ursprünglich kritische Partei - zu einer Rechtspopulistischen Partei mutierten Organisation entwickelt - bekommt mir persönlich zuviel Aufmerksamkeit in den Medien - die Ursache für den Zuspruch dieser " Partei " liegen doch in absoluten Unfähigkeit unserer repräsentative Demokratie - daher wäre es an der Zeit - eine wirkliche , echte direkte Demokratie in Deutschland einzuführen.

    • @Alex_der_Wunderer:

      "...echte direkte Demokratie in Deutschland einzuführen."



      So einen Unsinn liest man häufiger in dem rechten Lager. Aber auch außerhalb des rechten Lagers machen Bürgerwahlen keinen Sinn. Selten beschäftigen sich Bürger tiefergehend mit politischen Themen. Den meisten fehlt der Überblick. Deswegen haben Politiker einen Beratungsstab. Das vergessen viele und rufen, gleichso wie Du, nach Direktwahlen.