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Verletzter Polizist bei Nakba-DemoIm Zweifel für Demoverbote

Ein verletzter Polizist versetzt Presse und Politik in Aufregung. Doch die Darstellung der Polizei lässt sich durch Videos nicht bestätigen.

Eine von vielen Szenen der Konfrontation auf der Nakba-Demonstration Foto: Ebrahim Noroozi

Berlin taz | Der Fall eines schwer verletzten Polizisten bei der Nakba-Kundgebung am vergangenen Donnerstag schlägt weiter Wellen – auch in Berlins Landespolitik. Im Raum steht der Vorwurf, pro-palästinensische De­mons­tran­t:in­nen hätten den Beamten gezielt angegriffen, ihn womöglich gar umbringen wollen. Es wäre eine neue Stufe der Eskalation der Palästina-Proteste.

Die Springer-Zeitung Welt titelte über die „Attacke“ mit einem Zitat von Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD), diese sei „nur als Mordversuch zu deuten“. Fast schon zurückhaltender schrieb die B.Z.: „Juden-Hasser treten Polizist in Klinik“. Im Text wird Stephan Weh, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Berlin zitiert: „Wenn ein Kollege in eine Menschenmenge gezogen und dort niedergetrampelt wird, mehrfach das Bewusstsein verliert, müssen wir von reinem Glück reden, dass er die Nacht überlebt hat.“

In der offiziellen Polizeimeldung hieß es: „Mehrere Gewalttäter in der Menge des Versammlungsgeschehens griffen gezielt einen Polizeibeamten an, brachten ihn zu Boden und traten massiv auf ihn ein.“

Doch zwei im Netz kursierende Videos lassen an dieser Darstellung Zweifel aufkommen. In einer ungeschnittenen Aufnahme eines Livestreams ist zunächst zu sehen, wie sich De­mons­tran­t:in­nen und Po­li­zis­ten der 24. Einsatzhundertschaft friedlich gegenüberstehen. Dann drücken sich Polizisten, darunter auch der später Verletzte mit der Dienstnummer BE24111, in die Menge, um eine Person herauszuziehen. Sie greifen einen Protestierenden mit rotem Schlauchschal, es kommt zum Gerangel. Die Umherstehenden haken sich ein, die Beamten schubsen und schlagen sie von sich weg.

Ein zweites Video zeigt, wie der betreffende Polizist, der zuvor beim Einprügeln auf De­mons­tran­t:in­nen gefilmt wurde, in der Menschenmenge auf dem Festgenommenen kniet. Im Getümmel wird ein anderer Demonstrant von einem zweiten Polizisten auf den Beamten gedrückt. Für einen kurzen Moment verschwindet der kniende Beamte aus dem Blickfeld der Kamera. Kurz darauf taucht er wieder auf, schlägt mehrfach mit der Faust auf den Kopf eines Demonstranten. Dann zerrt die Einheit den Festgenommenen aus der Menge. Im Anschluss lehnt sich der offensichtlich verletzte Beamte an ein Polizeigitter. Kol­le­gen nehmen ihn hinter die Absperrung, wo er zusammensackt.

Kein gezielter Angriff sichtbar

Die Szenen sind hektisch und nicht immer übersichtlich. Deutlich aber wird: Die Polizisten werden nicht in die Menge gezogen, sondern begeben sich selbst hinein – unter massiver Gewaltanwendung. Zu keinem Zeitpunkt ist zu sehen, wie De­mons­tran­t:in­nen einen Beamten gezielt zu Boden bringen und auf ihn eintreten.

Polizeisprecher Florian Nath sagte, er gehe „stark davon aus“, dass jene Videos die Situation zeigen, in der sich der Polizist die Verletzung zugezogen hat. Die Beweise würden derzeit noch gesammelt. Bisher basiere die noch vor Ort gestellte Strafanzeige „auf der Wahrnehmung der eingesetzten Kräfte“. Bei der Auswertung des Materials sei darauf zu achten, dass sich der Angriff auch „in Sekundenschnelle“ ereignet haben könnte.

Die Generalstaatsanwaltschaft teilte der taz mit, sie ermittle wegen eines besonders schweren Falls von Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung. Über den Zustand des 36-jährigen Gruppenführers einer Hundertschaft wollte die Polizei aus Gründen der Privatsphäre keine Angaben machen. Es heißt, der Beamte sei noch nicht dienstfähig, habe das Krankenhaus aber verlassen. Mehrere Medien berichten von einer Fraktur am Arm und Prellungen am Oberkörper.

Koalition will ans Versammlungsgesetz

Angesichts des Vorfalls und der Berichterstattung darüber hat sich unterdessen eine politische Debatte entzündet. Der als Hardliner bekannte CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger kündigte eine Verschärfung des Berliner Versammlungsrechts an. Dem Tagesspiegel sagte er: „Wir werden dem Missbrauch des Demonstrationsrechts Einhalt gebieten.“ Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Matz, stellte die Frage, ob ein Verbot der Versammlung, die im Vorfeld per Auflage auf eine stationäre Kundgebung beschränkt wurde, möglich gewesen wäre.

Der taz sagte Matz, man müsse sich anschauen, ob die im Gesetz gefassten Formulierungen für Versammlungsverbote „ausreichend sind oder ob sich die Versammlungsbehörde nicht getraut hat“, die Nakba-Demo zu verbieten – aus Angst vor einer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht. In diesem Fall müsste man das Gesetz überarbeiten. Laut Matz habe es bereits im Vorfeld Anzeichen dafür gegeben, dass es auf der Versammlung „zu Gewalt und verbotenen Parolen“ kommen würde, etwa durch die Bewerbung durch das internationale Netzwerk der israelfeindlichen und in Deutschland verbotenen Gruppe Samidoun.

Der Senat hatte eine Überarbeitung des Versammlungsfreiheitsgesetzes im Koalitionsvertrag vereinbart. Eine Evaluation des vor fünf Jahren noch unter Rot-Rot-Grün beschlossenen Gesetzes wird für die kommenden Tage erwartet.

Kritik kommt vom innenpolitischen Sprecher der Linksfraktion, Niklas Schrader. „Bevor die genauen Umstände nicht aufgeklärt sind, verbieten sich Forderungen nach mehr Demonstrationsverboten“, sagte er der taz. Schon heute mache es das Versammlungsgesetz möglich, Beschränkungen für Demonstrationen zu erlassen.„Wichtiger wäre es, dass die Polizei konsequent eine Deeskalationsstrategie fährt, wie es auch etwa beim 1. Mai gelungen ist“, so Schrader. Bei Palästina-Demos greife die Polizei jedoch oft sehr früh und sehr gewaltvoll ein: „Da muss man sich fragen lassen, ob das nicht auch zur Eskalation beiträgt.“

Die Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen der Nakba-Demonstration klagen ebenfalls über Polizeigewalt. In einem Statement sprechen sie von einer „Falle“: Die Polizei habe den Protest bewusst eingekesselt, um die „Voraussetzungen für gewaltsame Unterdrückung“ zu schaffen. In mehreren Fällen hätten Po­li­zis­t:innen keine Identifikationsnummern getragen, De­mons­tran­t:in­nen seien noch im Gewahrsam geprügelt worden.

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26 Kommentare

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  • Also ich weiß nicht welche Videos ihr gesehen habt aber die Videos die ich von der Demo gesehen habe, sagen klar das die Gewalt von den Demoteilnehmern kam und gezielt die Polizei angegriffen wurde

  • Also klappt das alte Spiel der Provocateurs immer noch? Polizei lässt sich an ihrem Gewaltpotenzial durch die Manege führen?



    Es spricht für die Demonstranten, wenn sie den Polizisten nicht zusammengetreten haben sollten. So kann man sich täuschen (lassen).

  • Nach dem Video Aufnahmen die es von der Demo alle gibt, wirkt es nicht, als wäre die Polizei sehr gewaltbereit im Vergleich zu anderen Gelegenheiten.

    Keine Schlagstöcke, Wasserwerfer, Tränengas. Sehr wenig unmittelbarer Zwang gegen Leute die sogar die Polizei anfassen.

    Auf anderen Demos wären jene mit auf die gesa genommen worden.

    Die Verhaftung am U Bahn Ausgang wirkte auch nicht unüblich und etabliert, auch wenn ich einen Schlag auf die Seite nicht nötig finde, aber es gab den Flucht Versuch und üblich ist er in dem Fall und auch bei Räumung von Klima Blockaden.

  • Ich habe mir einen Großteil des Videos von der Demo angeschaut.



    Ich sehe Demonstranten, die am "Gitter rütteln", damit Polizisten sie zurückdrängen! Dann höre ich verbotene Parolen, die Polizisten einzelne Personen heraus holen lassen.



    Ich sehe einen Demosntranten, der sein Handy auf einen Polizisten richtet und mehrfach "shame on you" schreit, in der Hoffnung? dass der Polizist seine Ruhe verliert? Schämen, dass er sein Arbeit in Berlin macht?



    Wohin werden die Videos abgeladen?



    Die Demonstranten rufen "ganz Berlin hasst die Polzei". So ein Blödsinn! Die Meisten sind sehr dankbar, dass die Polizisten da sind und die Bürger vor ggf. handgreiflichen Demonstranten schützt.

    Demonstranten, die die Polizisten als "Nazi-Sau" (strafbar) beschimpfen (was schon unglaublich ist, weil man doch immer differenziert? Kennen sie die Person des Polizisten persönlich?) oder verbotene Parolen rufen, werden natürlich herausgefischt, was zu Opfergeschrei führt und sicher zu ganz vielen Handyvideos, die man nun als Beweis für den Unrechtsstaat Deutschland abladen kann.

    Darf man auf Menschen eintreten, wenn sie unten liegen? Ist das gerecht?



    Arm: Kein einziges Leben wir dadurch in Gaza gerettet!

  • Ich würde gerne mal sehen, wie die Polizisten der 24. Einsatzhundertschaft (oder ähnlicher Einheiten) bei einer rechtsextremen Demo, bei der verfassungsfeindliche oder verbotene Parolen und Symbole artikuliert oder gezeigt werden, mit Gewalt in die Menge gehen, da diese ihren Anweisungen, den Weg zu den Tätern freizugeben, nicht folgt. Viel Glück ihr harten Kerle von der 24. Einsatzhundertschaft.

  • Man sollte sich immer fragen wenn der Staat Freiheiten einschränken will, was das für Auswirkungen haben wird. Wie lange wird es dann dauern bis Politiker auch andere Versammlungen einschränken? Gerade Herr Merz war doch vor nicht allzu langer Zeit mächtig sauer über Demonstrationen die sich allg. gegen Rassismus, aber auch gegen sein Migrationsgesetz und dessen Unterstützung durch die AfD gerichtet haben.



    Gewalt sollte es nie geben, aber verwundern tut es nicht, denn hier zeigt sich schon länger das bei diesem Thema das Aggressionspotential auf beiden Seiten sehr hoch ist. Deeskalation wäre vielleicht mal nicht schlecht. Ich finde auch das gerade die Polizei sich mit Vorverurteilungen zurück halten sollte, solange nicht alle Beweise gesichert sind. Nicht sehr professionell.



    Es wäre vielleicht auch mal gut, wenn die Regierung, vor allem die Berliner durch eine sehr große palästinensische Gemeinde, an sich anders mit dem Thema Nakba umgeht, denn im Grunde wird das doch komplett ignoriert. Man tut hier in Deutschland immer so als würde uns das nichts angegehen, aber wir sind ja nicht ganz unschuldig an dem Konflikt im Nahen Osten.

  • Wenn ich boshaft bin, ein typischer schwerverletzter Polizist. Aus dem Krankenhaus entlassen. Die Verletzungen sind teilweise wirklich hanebüchen und nicht immer auf Fremdeinwirkung zurückzuführen. Wird dann aber den Demonstranten angelastet.



    In Deutschland FEHLT eine UNABHÄNGIGE Instanz zur Kontrolle der Polizei. Korpsgeist verhindert ZU häufig eine echte und vor allem ehrliche Aufklärung.



    Ich bin GEGEN Gewalt, aber gegen Gewalt auf beiden Seiten und es darf KEINEN Unterschied geben, wenn Polizisten gewalttätig werden, und das werden sie auch, auch wenn die Innenminister etwas anderes lügen. (Entschuldigung für die direkte Sprache, aber ich bin KEIN Politiker.)

  • "Die Polizisten werden nicht in die Menge gezogen, sondern begeben sich selbst hinein – unter massiver Gewaltanwendung"

    Die alte Diskussion in diesem Land. Derartige Anlässe bestätigen natürlich wieder die Weltbilder, je nach ideologischer Ausrichtung wird dann von "Attacke" oder Polizei "Falle" berichtet und da wir hier in Deutschland sind, ist die Verbotsfrage auch nicht weit.

    Polizeigswalt gibt es sicherlich auch hierzulande, aber es gilt der Grundsatz, dass Gewaltmonopol liegt beim Staat.

    Und wenn wie in diesem Video die Polizei aus der Menge heraus eine Festnahme durchführt, dann liegt die Reaktion der Polizei auch am Verhalten der Menge.

    Der Autor scheint leider nicht einmal die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass die Menge der Polizei auch einfach hätte Platz machen können, damit diese ihre Arbeit erledigen kann. Davon ist leider im Video nichts zu sehen sondern nur von Beihilfe der Demonstranten, der sich in verschiedenen Formen des Widerstands gegen die Polizei artikuliert.

    Wer einer polizeilichen Anweisung nicht folge leistet, darf sich hinterher nicht über die Konsequenzen beschweren, sofern die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt.

    • @Sam Spade:

      Mir wird an Ihrem Kommentar deutlich, wie wichtig der Hintergrund ist, vor dem man schreibt. Wie Sie erwähnen, wurden Sie in Norwegen sozialisiert mit einem Fokus auf Ausgleich und Kommunikation, und man kann davon ausgehen, dass die norwegische Polizei denselben Hintergrund hat.



      In Deutschland sieht das manchmal häufig anders aus, was Sie zurecht beklagen. Die Berliner Polizei hat nicht den besten Ruf, und ich selbst habe es erlebt, dass ich mich aus einer Demonstration zurückgezogen habe, weil ich das martialische Auftreten der flankierenden Beamten ziemlich bedrohlich fand. In meiner kleinen Großstadt läuft das komplett anders. Da stehen ein paar Polizisten rum, scherzen mit den Leuten u. sind ansprechbar, da sie nicht als Block auftauchen. Dieses Auftreten trägt ganz erheblich zur Deeskalation bei. Zugegebenermaßen ist auch die Stimmung unter den Demonstrierenden meistens sehr viel entspannter als im aufgeheizten Berlin.



      Was ich damit sagen will ist, dass es immer auf die Perspektive und die je eigenen Erfahrungen ankommt, die wir mitbringen, und da ist Ihre ganz offensichtlich eine andere als die mancher Mitforist*innen.

    • @Sam Spade:

      Völlig richtig. Aber darum geht es doch gar nicht. Es geht doch um den Vorwurf, dass ein Beamter in die Menge gezogen wurde. Finden Sie nicht auch, dass da ein Unterschied besteht? Ein Beamter begibt sich in die Menge um seine Arbeit zu tun und wird verletzt. Oder: Ein Beamter wird in die Menge gezogen und verletzt. Ich finde das schon relevant ehrlich gesagt... das spielt doch sicher auch juristisch eine Rolle...?!

    • @Sam Spade:

      Geschätzter Mitflorist.



      Sie sind doch sonst so ein nachdenklicher differenzierter Kommentirer.



      Ausgangspunkt jeglicher polizeilicher Handlung “Eingreifens“ & gerade bei zeitlich gesteckten Lebebsabläufen in jeder Phase ist

      VERZ

      POLIZEILICHES PRÜFSCHEMA

      VERHÄLTNISSMÄSSIGKEIT



      ERFORDERLICHKEIT



      RECHTMÄSSIGKEIT



      ZWECKMÄSSIGKEIT

      Das sehe ich - die Videos kenn ich nicht - spätestens beim ”Eindringen in die Demonstrantenmenge offensichtlich zum Zwecke einer Festnahme“ mit Rücksicht auf das Gewicht des ausgeübten Grundrechts “Unterpfand unserer Demokratie“ (Karlsruhe Brockdorfbeschluß!) & dem geringen Gewicht einer möglichen Rechtsverletzung nicht als gewahrt an •

      Als zeitweilig im einschlägigen Rechtsgebiet zuständiger Richter - Ihr “hätte hätte“ ist unzulässige Sachverhaltsquetsche & rechtfertigt polizeilicherseits nichts.



      Der tatsächliche Ablauf war ersichtlich ein anderer!

      kurz - meiner Einschätzung nach hätte der Gruppenführer bei sich abzeichnenden Widerstand der Menge - einschließlich ganz banal nicht wegkönnen - gemäß -



      VERZ



      VERHÄLTNISSMÄSSIGKEIT



      ERFORDERLICHKEIT



      RECHTMÄSSIGKEIT



      ZWECKMÄSSIGKEIT

      Den Versuch wg fehlender Verhältnismäßigkeit abblasen müssen •

      • @Lowandorder:

        Verehrter Forist, das haben sie fachlich sehr präzise ausgeführt, geht aber etwas am Kern meines Kommentars vorbei, der eigentlich nur zum Ausdruck bringen wollte, auf welcher Ebene hierzulande derartige Diskussionen geführt werden (reines Lagerdenken) und zu welchen Schlussfolgerungen es in der Regel führt (Verbotskeule).

        Die Diskussionen laufen nämlich leider immer nach Schema F ab, zeichnen sich häufig durch sehr eindimensionale Perspektivenzeichnung aus und sind alles andere als objektiv.

        Ich hätte den Kommentar in abgewandelter Form auch zum Thema Israel oder AfD etc. verfassen können. Der Kontext wäre stets derselbe.

        Das ist meiner Ansicht nach ein großes Defizit in der deutschen Debattenkultur die mehr auf Ausschluß anstatt auf Konsens ausgerichtet ist. Also das genaue Gegenteil davon ist, wie ich es aus meiner Heimat her kenne bzw wie ich im ganz hohen Norden sozialisiert wurde.

        Denn für meine norwegische Mentalität ist die Art der deutschen Debattenkultur oftmals ziemlich verstörend.

        Um das möglichst deutlich zu veranschaulichen habe ich mir erlaubt auch etwas Sachverhaltquetsche zu betreiben.

        • @Sam Spade:

          Da schließ ich mich voll und ganz an. Nervt mich generell ungemein. Von Debattenkultur würd ich aber gar nicht mal mehr reden. Wenn das Thema nur noch als Vehikel dient, zu dem jeder nur noch das sieht, was er will, um seine eigene vorgefasste Perspektive bestätigt zu wissen und es kein Argument mehr über den jeweiligen Tellerrand schafft, ist das weit von einer in irgendeiner Weise wertvollen oder gewinnbringenden Auseinandersetzung entfernt.



          Zu dem, was jetzt wirklich im Detail vorgefallen ist und wer hier am Ende wen täuscht, kann man sich anhand der allgemein immer tendenziöseren Artikel kaum noch ein realistisches Bild machen.

        • @Sam Spade:

          "Sie sind doch sonst so ein nachdenklicher differenzierter Kommentirer." - Damit meinen Sie eigentlich "Sie sind doch sonst auf der richtigen (also meiner) Seite". Genau dieses Lagerdenken ist das Gegenteil von differenziertem Denken.

        • @Sam Spade:

          Ich würde Ihnen zu beiden Kommentaren recht geben.

          Viele Diskussionen werden wie Fußballspiele behandelt.

          Wobei mein Eindruck ist, dass sich das Lagerdenken in den vergangenen 15 Jahren deutlich verstärkt hat.

          Wissen Soziologen aber bestimmt besser als ich.

    • @Sam Spade:

      Bitte nicht ablenken: Wurde der Polizist in die Menge gezogen? Wurde er gezielt angegriffen? Wenn nicht, warum behauptet die Polizei das?



      Was war übrigens genau die Arbeit der Polizei in dem Moment. Die Arbeit, für die die Demonstranten der Polizei hätten Platz machen sollen?

      Ich möchte nur mal wieder an die viel zu großen sog. "Querdenker-Demos" erinnern, die ohne Masken ungehindert durch deutsche Innenstädte gezogen sind. Das war vermutlich sogar die richtige Entscheidung der Polizei.

      Warum müssen sich die Polizisten bei dieser Demo hier anders verhalten?

    • @Sam Spade:

      Also wenn sie sich die verlinkten Videos anschauen, dann würde ich hier von Polizeigewalt sprechen, und zwar von übermäßiger. Und ja, das Gewaltmonopol mag beim Staat liegen, aber sie muss verhältnismäßig sein. Sehe ich hier nicht.

    • @Sam Spade:

      Da haben Sie natürlich recht. Aber darum geht es in diesem Fall nicht. Der Artikel handelt von Videos, die das Gegenteil von dem Zeigen was zuvor behauptet wurde, dass die Polizei sich unter Gewaltanwendung in die Demonstranten hineinbegab und nicht hinein gezogen wurde. Das Geschehen hatte also einen anderen Ablauf.

    • @Sam Spade:

      "Kurz darauf taucht er wieder auf, schlägt mehrfach mit der Faust auf den Kopf eines Demonstranten"

      "sofern die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt."

      Aha

    • @Sam Spade:

      Anstatt nun, wie Sie es tun, die Schuld ganz allgemein der demonstrierenden Menge zu geben, was auch in der Vergegenwärtigung eines solchen Tumults besonders weltfremd scheint, sollte man, vielleicht auch gerade in Deutschland, doch wohl dem Inhaber des Gewaltmonopols äußerstes Mistrauen entgegenbringen. Es zeigt sich in diesem Fall, in dem wohl eine Lüge von Seiten der Polizei verbreitet wurde (weshalb wohl?) und in vielen weiteren Fällen und mit aller Regelmäßigkeit, dass die Polizei dieses Mistrauen nötig hat.



      "Wer einer polizeilichen Anweisung nicht folge leistet, darf sich hinterher nicht über die Konsequenzen beschweren."



      Doch, darf man. Wenn die Konsequenzen nicht rechtstaatlich sind. Umgekehrt bleibt offen, ob diese Falschaussagen Kosequenzen haben werden, beschweren könnte sich die Polizei darüber nicht.

    • @Sam Spade:

      Gut beschrieben und jeder vernünftige Mensch kann sich dem nur anschließen.

    • @Sam Spade:

      "Und wenn wie in diesem Video die Polizei aus der Menge heraus eine Festnahme durchführt, dann liegt die Reaktion der Polizei auch am Verhalten der Menge.

      Der Autor scheint leider nicht einmal die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass die Menge der Polizei auch einfach hätte Platz machen können, damit diese ihre Arbeit erledigen kann"

      Meiner persönlichen Erfahrung nach ist es überhaupt nicht möglich Platz zu machen, da die Polizeieingriffe bei Festnahmeversuchen ohne irgendeine Ankündigung und mit sofortiger massiver Gewalteinwirkung stattfinden. Und da stellt sich dann auch die von ihnen aufgeworfene Frage der Verhältnismäßigkeit. Ist es verhältnismäßig die Verletzung von mehreren Unbeteiligten in Kauf zu nehmen um einen einzelnen vermeintlichen Straftäter festzunehmen?Vor vielen Jahren gab es Festnahmeversuche nur bei Flaschenwürfen oder anderer direkter Gewalteinwirkung, inzwischen reichen Vermummung oder das Rufen von kriminalisierten Parolen. Vor allem dank der neuen Polizeigesetze die im letzten Jahrzehnt über uns hereingebrochen sind.

    • @Sam Spade:

      Es ist ärgerlich, dass ausgerechnet in der taz schreiben zu müssen: man kann das Agieren der Polizei (und der Behörden im Hintergrund) durchaus kritisch hinterfragen. Wenn man sich ab und an auf Demos begibt, merkt man schnell, dass deren friedlicher Verlauf eben nicht nur an den Teilnehmern, sondern auch an staatlichen Organen liegt - auch die Polizei kann eskalieren, durch rigorose Auflagen und durch aggressives Eingreifen. Und gerade im Fall der Palästinena-Proteste ist offensichtlich, dass diese staatlicherseits nicht als legitime Meinungsäußerung, sondern als feindliche Agitation behandelt werden. Das kann man, unabhängig von der Haltung zum NO-Konflikt, auch verurteilen. Es geht hier um Grundrechte, nicht um staatliche Gnadenakte, und wenn Grundrechte mit Füßen getreten werden, darf man sich beschweren, auch über die Polizei. Man muss das sogar. Von einem Norweger erwarte ich weniger Preußentum...

    • @Sam Spade:

      "Der Autor scheint leider nicht einmal die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass die Menge der Polizei auch einfach hätte Platz machen können, damit diese ihre Arbeit erledigen kann. Davon ist leider im Video nichts zu sehen sondern nur von Beihilfe der Demonstranten, der sich in verschiedenen Formen des Widerstands gegen die Polizei artikuliert."



      Wer so etwas schreibt, hat eine so martialisch aufmarschierende Polizei noch nicht erlebt und weiß offensichtlich nicht wovon er schreibt. Wenn die Polizei beschließt jemanden aus einer Menge zu ziehen und davon ausgeht, dass sie auf Widerstand treffen könnten, dann wird da gar nichts kommuniziert,nee Kollege, dann passiert genau das, was man hier sehen kann. Eine wilde Horde Polizisten prügelt sich durch die Menge ohne Rücksicht auf irgendwas, wenn man Pech hat und an der Stelle steht, dann gibt es halt mal prophylaktisch auf die Schnauze.

  • Der Hass hat auch hier eine klare Quelle: die Springerpresse.



    Das muss mensch anhand dieser Punkte wohl klar so benennen.

    Die Springers versuchen, den deutschen Antisemitismus, auch bei Springers, durch einen unkritischen Blick auf Israel zu bemänteln. Und Stimmung zu machen, ungute Stimmung. Werch ein Illtum!

  • Als Fakt ist also bisher nur bekannt, dass der Beamte, nachdem er wieder aus der Menge draußen war, einen gebrochenen Arm und Prellungen am Oberkörper hatte.

    Was muss passieren, damit bei einem Beamten in Demoausrüstung der Arm bricht und er unter dem Oberkörperschutz Prellungen erhält?

    Hatte der, den sie rausgezogen haben, Straftaten begangen?