Verfassungsschutz und Rechtsextremisten: Die Brandmauer muss stehen
Die Einstufung von Junger Alternative und Co. durch den Verfassungsschutz ist wichtig. Noch entscheidender ist Gegenwehr in Politik und Gesellschaft.
E s ist ein Schlag mit Vorlauf. Seit 2019 prüft der Verfassungsschutz die AfD auf ihren Rechtsextremismusgehalt. Im gleichen Jahr erklärte er die Identitären als klar rechtsextrem, später das Magazin Compact. Nun folgen die AfD-Jugend, Götz Kubitscheks Institut für Staatspolitik und der Verein „Ein Prozent“. Der Verfassungsschutz hat hier keine Zweifel mehr, die letzteren Gruppen stehen nun auf einer Stufe mit der NPD.
Es hat mal wieder länger gedauert – immerhin gibt es das Institut für Staatspolitik seit 23 Jahren, die Junge Alternative seit 10 Jahren. Auch die anderen Akteure hetzen seit Jahren offen gegen Migranten, Muslime oder die LGBTIQ-Szene, ätzen über „Messer-Alis“ oder einen „Großen Austausch“, spielen mit Antisemitismus.
Immerhin: Nun setzt der Verfassungsschutz ein nicht ganz selbstverständliches Zeichen. Die jetzt eingestuften Gruppen sind keine rechtsextremen Prügeltruppen, sondern vorrangig Ideologen. Der Verfassungsschutz wagt sich hier also auf dünneres Eis. Aber: Auch verbale Zündeleien können in Gewalt münden. Die Neurechten treiben Ressentiments voran, schaffen Feindbilder – die andere zur Tat schreiten lassen können. Gerade bei der AfD-Jugend gibt es hier wenig Zweifel. Als nächster Schritt müsste nun auch die AfD selbst als rechtsextrem eingestuft werden: Ihre Anhänger und Funktionäre mischen ebenfalls bei den nun Eingestuften mit, ihre Parolen unterscheiden sich in nichts.
Das Problem ist nur: Die Neurechten haben sich längst breitgemacht, auf Social-Media-Plattformen, Anti-Asyl-Protesten und in Parlamenten. Es sitzen wieder Rechtsextreme im Bundestag und in den Landtagen – etliche JA-Mitglieder sind dort Parlamentarier oder arbeiten in deren Büros, verbreiten ihr Gedankengut mit Steuergeldern.
Lauter über angebliche „Stasi 2.0“ schimpfen
Mit den Einstufungen wird das Arbeiten im öffentlichen Dienst für die Betroffenen zwar erschwert, ebenso ein Waffenbesitz. In einigen, gerade ostdeutschen, AfD-nahen Milieus aber wird man nun umso lauter über den Geheimdienst und eine angebliche „Stasi 2.0“ schimpfen. Und der AfD hat die bisherige Beobachtung durch den Verfassungsschutz auch nicht geschadet. Trotzdem war die Einstufung als Signal richtig.
Entscheidend aber ist nicht das Amt, sondern die gesellschaftliche und politische Gegenwehr. Alle Gedankenspiele, mit der AfD und ihren Gefolgsleuten zu kooperieren, sollten nun final passé sein. Auch sonst sollte sich niemand mit den völkischen Hetzern gemeinmachen. Die Brandmauer muss stehen. Auf allen Ebenen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin