Urteil nach Tötung eines Geflüchteten: Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Ein Mann tötet einen Tunesier und zerstückelt die Leiche. Es gibt Hinweise auf rechtsradikales Gedankengut. Nun fiel ein umstrittenes Urteil.
Im Januar wurde der Tunesier als vermisst gemeldet. Die Polizei bildet eine Sonderkommission, vernimmt auch Patrick E., der nach der Tat mit seiner Familie im nahe gelegenen Naturfreundehaus gefeiert hatte. Zunächst fällt kein Verdacht auf ihn. Bis er ein Geständnis ablegt.
Acht Verhandlungstage hat das Landgericht Waldshut angesetzt, anders als sonst üblich ohne einen psychiatrischen Gutachter. Ermittler berichten vom Geständnis des Angeklagten, das er aus tiefer Reue abgelegt habe. Aber auch von Funden rechtsradikaler Literatur. Er hat eine Abmahnung seines Arbeitgebers bekommen, weil er bei einer Fortbildung gesagt habe, „ein anständiger Deutscher kaufe nicht bei Juden“. Das Gericht gibt den rechtlichen Hinweis, dass auch eine Verurteilung wegen Mordes in Frage komme.
Am dritten Verhandlungstag findet eine rechtliche Absprache zwischen Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht statt. Der Angeklagte solle seine wenig glaubwürdige Behauptung fallen lassen, er habe geschossen, weil er geglaubt habe, Mahdi B. greife zu einer Waffe, dann könne er mit einem milden Urteil rechnen. Sogenannte Deals zwischen Prozessparteien sind im Strafprozessrecht klar geregelt, sie sind aber bei Kapitalverbrechen eher die Ausnahme. So wie der Prozess gelaufen ist, bleiben Fragen offen.
Warum kommt erst auf den letzten Metern des Prozesses eine Nebenklage hinzu? Hat die Staatsanwaltschaft die Schwester des Opfers, die in Tunesien lebt, ausreichend informiert und über ihre Rechte aufgeklärt? Die Opferhilfevereinigung „Leuchtlinie“, die sich um die Angehörigen kümmert, bestreitet das.
Wurde die Sympathie von Patrick E. mit rechtsradikalem Gedankengut ausreichend berücksichtigt? Konnte Fremdenfeindlichkeit als Mordmotiv ausreichend ausgeschlossen werden? Warum reist ein Jäger, der 38 legale Waffen hat, mit einer Pistole, die er illegal besitzt, in die Weihnachtsferien?
E. ist mindestens ein christlicher Fundamentalist. In Briefen aus dem Gefängnis stilisiert sich E. zum Helden, der mit seiner Tat vielleicht einen Vorfall wie den Messerangriff von Mannheim verhindert habe. Er bezeichnet sich als gläubigen Christen, bringt zum Prozess eine Bibel mit, und behauptet trotz des Widerspruchs des Richters, das Gericht, vor dem er sich verantworte, sei von Gott eingesetzt.
Trotzdem bleibt das Gericht dabei, es gebe keine belastbaren Beweise, dass die Tat aus Fremdenhass begangen worden sei. „Wir sind nicht auf dem rechten Auge blind“, sagt der Vorsitzende Richter Martin Hauser laut Presseberichten.
Die inzwischen eingeschaltete Nebenklagevertreterin, die Freiburger Anwältin Claudia Meng, kritisiert dagegen den Verlauf des Verfahrens. Die vollständige Ermittlungsakte des Opfers sei ohne Not in den Prozess eingeführt worden. Mahdi B. hatte in den zehn Jahren, in denen er in Deutschland war, viel mit der Polizei zu tun. Er saß fünf Jahre wegen Drogendelikten im Gefängnis. Für unbescholtene Bürger sei er jedoch nie eine Gefahr gewesen.
Am Ende wird Patrick E. zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Die Nebenklagevertreterin lässt zunächst offen, ob sie gegen das Urteil Rechtsmittel einlegt.
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