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Ukrainischer Einmarsch in RusslandNationaler Notstand im Gebiet Kursk

Die Offensive ukrainischer Truppen auf russischem Territorium geht weiter. Die Meldungen zum Kampfgeschehen sind widersprüchlich.

Wenig begeisterter Blick: Präsident Putin bei einer Videokonferenz mit dem Kursker Gouverneur Foto: Kreml via reuters

Kyjiw taz | Allen Erklärungen offizieller russischer Stellen zum Trotz, wonach die ukrainische Offensive auf russisches Gebiet gestoppt worden sei, verharren die ukrainischen Truppen im Gebiet Kursk. Die dortigen Kämpfe gehen unvermindert weiter.

So zerstörten ukrainische Drohnen in der Nacht zum Freitag nach Angaben des ukrainischen Generalstabes auf dem russischen Militärflugplatz Lipetsk Hallen, in denen Gleitbomben gelagert werden. Auf dem Flugplatz brach ein Feuer aus, mehrfach waren Detonationen zu hören.

Angesichts der starken Detonationen riefen die lokalen Behörden den nationalen Notstand aus. Die Behörden sahen sich zur Evakuierung von fünf Ortschaften gezwungen. Auch der öffentliche Nahverkehr wurde weitgehend eingestellt, Bewohner berichten von Problemen mit der Stromversorgung.

Gegenüber dem Portal nv.ua übernahm der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU die Verantwortung für diesen Angriff. Man habe 700 Gleitbomben vernichtet. Dies berichtet der oppositionelle russische Telegram-Kanal RusNews.

Auch in der russischen Grenzstadt Sudscha wird weiter gekämpft. Die Meldungen sind widersprüchlich. Die Lage normalisiere sich allmählich wieder, zitiert das russische Portal lenta.ru den Bürgermeister der Stadt, Vitali Slaschtschew. Gleichzeitig kündigte er eine Evakuierung an. Wegen des Beschusses durch die ukrainischen Streitkräfte sei es kaum möglich, in die Stadt zu fahren, zitiert lenta.ru Michail Silakow, Leiter einer russischen Hilfsorganisation.

In Sudscha befindet sich auch die Übertrittstation von russischem Gas. Dieses wird durch die Ukraine nach Europa, vor allem Österreich und die Slowakei geleitet. Auch hierzu sind die Meldungen widersprüchlich. So berichtet lenta.ru von einer Beschädigung dieser Gasübertrittstation.

Demgegenüber meldete Gazprom am Freitag, man wolle zeitnah 3 Prozent mehr Gas durch die ukrainische Pipeline nach Europa leiten lassen. Unter Berufung auf den ukrainischen Generalstab berichtet der Economist, ein ukrainischer Angriff auf das Atomkraftwerk in der Stadt Kurtschatow sei „wenig wahrscheinlich“.

Gelassenheit in Kurtschatow

In Kurtschatow selbst ist man weniger gelassen. Auf dem städtischen Telegram-Kanal bittet Stadtoberhaupt Igor Korpunkow die Bürger, nicht in Panik zu verfallen. Auf dieser Telegram-Seite finden sich auch Hotlines für Personen, die umsiedeln wollen oder humanitäre Hilfe benötigen.

„Nur wenige Dutzend Kilometer von unseren Stadtgrenzen entfernt wird gekämpft“, so Korpunkow. „Wir haben eine Notstandslage. Dennoch arbeiten alle Dienste, Unternehmen, einschließlich der Stadtverwaltung. Ich persönlich bin in der Stadt, am Arbeitsplatz, habe die Situation unter Kontrolle.“

Auch das Gebiet Belgorod wird beschossen. In den letzten 24 Stunden habe es 86 Luftangriffe gegeben, bei denen 16 Zivilisten verletzt worden seien, berichtet der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow.

Die Ukraine scheint vor allem zwei Ziele durch ihre Offensive in Russland zu bezwecken. Das, was derzeit in der Region Kursk passiere, sei die ukrainische Version einer „Spezialoperation“. Bei dieser gehe es um die Durchsetzung der ukrainischen Sicherheitsinteressen, meint der ukrainische Politologe Wolodymyr Fesenko gegenüber nv.ua. Die Ukraine brauche eine „sanitäre Zone“ in den russischen Grenzgebieten.

„Wenn es der ukrai­nischen Armee gelingt, positive Tendenzen an der Front zu festigen, wird dies unsere Position bei Friedensverhandlungen stärken“, ist sich Fesenko sicher. Die Offensive in der Region Kursk und ähnliche künftige Aktionen seien der beste Weg, Russland zu Friedensverhandlungen zu zwingen und daran zu hindern, Vorbedingungen und Ultimaten zu stellen, sagte er weiter.

Ukrainer dringen vor

Die Kämpfe auf russischem Boden werden weitergehen. Mindestens drei ukrainische Brigaden von je 2.000 Mann würden auf russisches Gebiet vordringen, zitiert strana.news das Magazin Forbes. Auch Russland schickt Verstärkung Richtung Kursk, berichtet die russische Nachrichtenagentur RIA.

Unterdessen griff Russland am frühen Freitagnachmittag die Stadt Konstantiniwka im Donbass an. Bei dem Angriff auf einen Supermarkt und den Paketdienst „Nova Poshta“ wurden mindestens 10 Menschen getötet und 35 weitere verletzt, so der ukrainische Innenminister Igor Klimenko.

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10 Kommentare

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  • Ob das eine Wende bringt.

    Vermutlich nicht. Russland produziert seine Waffen und zieht immer neue Rekruten und Reservisten ein. Die Zeit spielt Russland in die Hände, ich befürchte, dass es nur ein kleiner Zeitgewinn ist, der hier bitter und hart erkämpft wird. Innenpolitisch hat Putin sein Land sowieso mit Überwachung und Strafsystemen überzogen, eine Rebellion gegen ihn wird es nicht geben.

  • Mich erinnert diese Aktion an die Ardennenoffensive, allerdings in der Version für Arme. Gut, die Russen sind überrascht worden, der alte Schlendrian nehme ich mal an. Aber was ist denn der Sinn, weswegen wird hier jede Menge Material verheizt, ganz abgesehen von den Soldaten von denen die UA viel zuwenige hat? Moral? Das ist eine zweifelhafte Größe. Dem Westen zeigen dass Angriffe möglich sind um weitere Unterstützung zu erhalten? an den Kräfteverhältnissen hat sich doch nichts geändert, 4 zu 1. Da wäre eigentlich Haushalten angesagt.

    • @Gerald Müller:

      Wir wissen ja nichts über die Kräfteverhältnisse und Verluste in Kursk. Angeblich wurden Hunderte russische Kriegsgefangene in die Ukraine gebracht, ein russischer Convoy zerstört mit bis zu Hundert Toten, ein russisches Batallion soll eingeschlossen sein, ein Flugplatz mit Hunderten von Gleitbomben (Ukraines größtes Problem) wurde zerstört. Das klingt erst mal nicht nach "verheizen". Ist eine Verteidigungslinie und ein Minenfeld erst mal durchbrochen, sind dort die Verluste sehr viel kleiner als bei einem Abnutzungskampf mit Gleitbomben in Donesk. Auch Russland hat nicht unbegrenzt Soldaten, wenn die Ukraine Putin zwingt, seine Grenzen auf breiter Front zu verteidigen, fehlen Rußland Soldaten an der ukrainischen Front. Vermutlich war auch nicht russischer Schlendrian die Ursache, sondern das Ausschalten der russischen Luftüberwachung durch billige ukrainische Mini-Drohnen. Eine taktische Meisterleistung, da zudem westliche und russische Geheimdienste überrascht wurden (denn wenn die Amis etwas erfahren, wissen es kurz danach auch die Russen).

    • @Gerald Müller:

      Ich weis nicht wie sie auf 4:1 kommen, bei den Truppen ist Kyiv 2:1 überbelegen, eher mehr, insgesamt ist es vielleicht 1:1. Russland ist bei der Artillerie und Luftwaffe überlegen, die Ukraine bei Drohnen. Bei der Artillerie wird die Ukraine Ende des Jahres überlegen sein.



      Die Offensive zieht derzeit massiv russische Truppen von anderen Fronten ab, die werden aber dann sehr unkoordiniert in die Schlacht geworfen was zu hohen Verlusten und Material führt. Es demoralisiert Russland, es bestärkt alle jene die dafür argumentieren der Ukraine mehr Waffen zu geben. Und es schwächt Putin.

      Krieg ist immer Psychologie. Diese Offensive kann durchaus den Krieg entscheiden, wenn sie den Glauben der Russen an einen Sieg zerstört. Genauso wie die Tet Offensive, militärisch für den Norden eine Katastrophe, politisch war es eine Niederlage der USA.

      • @Machiavelli:

        Selbst die Luftüberlegenheit dreht gerade zugunsten der Ukraine.



        Die Ukraine bekommt peu a peu mehr 100 F-16 Kampfflugzeuge.



        Durch ihre Marschflugkörper konnten die Ukrainer auf der Krim sündhaft teure Luftverteidigungssysteme ausschalten bzw. beschadigen.



        Putin kann keine Reserveheer aufbauen, sondern muss frische Truppen schnell in den Kampf schicken, aus Sorge vor Aufständen (Prigoschin).



        Die Bestände an gepanzerten Fahrzeugen aus Sowjetbeständen reichen vermutlich nur noch etwa ein Jahr (siehe Luftaufnahmen).



        Ein "Einfrieren" des Krieges wird ad Absurdum geführt.



        Putin hoffte auf die Präsidentschaft von Trump, auch das wird immer unwahrscheinlicher.



        Biden will nicht als "Lame Duck" in die Geschichte eingehen und wird deswegen langsam mutiger.



        Entgegen propagandistischer Verlautbarungen, haben die Ukrainer weiterhin genügend Rekruten und Reserven.



        Durch den aktuellen Angriff zeigt Selenskij seinen amerikanischen Verbündeten, dass die Ukraine den Krieg aktiv führen kann und gewinnen kann.

  • Der Tag wird kommen, an dem sich W. Putin als Angeklagter für die in seinem Namen begangenen Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag wird verantworten müssen. Und das ist gut so.

  • Wieso wundert das niemanden, außer WladimIrr? Glaubt er wirklich, er könnte einfach so weitermachen, ohne dass er auf eigenem Territorium angegriffen wird? Was für ein NarrZist.

  • Da Putin rational denkt, ist ihm nun bewußt was für ein schwerer Fehler der Überfall auf die Ukraine war und ist.



    Wer weitere Hilfe für die Ukraine ablehnt, der bedient russische Propaganda.

    • @Tino Winkler:

      Ob Putin rational denkt wage ich ernsthaft zu bezweifeln; allenfalls denkt er imperial und das wird ihm hoffentlich noch auf die Füße fallen. Aber ansonsten gebe ich Ihnen recht; all jene die Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen, von der AfD über Mützenich und Stegner bis zum BSW darf man getrost als 5. Kolonne Putins bezeichnen.

    • @Tino Winkler:

      "Da Putin rational denkt, ist ihm nun bewußt was für ein schwerer Fehler der Überfall auf die Ukraine war und ist."



      Ich fürchte, das bewerten Sie falsch.



      Ein Fehler? In seinen Augen vermutlich lediglich, dass die Strategie zu blauäugig war. Die Verluste innerhalb Russlands dürften ihn nicht weiter stören.