piwik no script img

USA und GrönlandFatales Signal an US-Imperator Donald Trump

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

US-Präsident Trump will sich Grönland einverleiben. Die dänische Premierministerin Frederiksen schlägt vor, auf der Insel ein Nato-Kommando einzurichten.

Die US-amerikanische Pituffik Space Base (ehemals Thule Air Base) auf Grönland Foto: Thomas Traasdahl/Scanpix/reuters

K ann man einen wild gewordenen Elefanten davon abbringen, alles niederzutrampeln, wenn er erst einmal in Fahrt ist? Einige Europäer versuchen das jedenfalls. Zusammen mit Deutschland, Norwegen und Großbritannien will die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen vorschlagen, auf Grönland ein „arktisches Nato-Kommando“ einzurichten. Über diesen Plan berichtet die Süddeutsche Zeitung. Der Vorschlag soll US-Präsident Donald Trump davon abbringen, Grönland zu einem Teil der USA zu machen. Kompromisse gehören natürlich zur hohen Kunst der Diplomatie. Und vielleicht geht Trump ja tatsächlich darauf ein. Dennoch ist das Angebot, einen großen Nato-Stützpunkt zu errichten, um den Sicherheitsinteressen der USA entgegenzutreten, ein falsches, ja fatales Signal an den Imperator in Washington.

Trump hat an einen außenpolitischen Grundsatz gerührt, der im Völkerrecht verankert ist: der Unverletzlichkeit bestehender Grenzen. Indem man ihm entgegenkommt, bestärkt man Trump – und seinen Politikstil – nur in der Überzeugung, dass martialische Drohungen sich lohnen. Er dürfte das Angebot Dänemarks und seiner europäischen Unterstützer als ein Betteln um Gnade verstehen. Europa scheint noch immer nicht begriffen zu haben, dass Trump Kompromissbereitschaft als Zeichen der Schwäche auslegt. Und für „Schwächlinge“ hat er nur Verachtung übrig. Wenn Dänemark und seine Verbündeten schon jetzt einknicken, wo es mehr als Worte noch gar nicht gibt – warum sollte Trump dann nicht weitergehen?

Angesichts der ängstlichen Reaktion auf Trumps Grönland-Ansprüche dürften sich auch andere Länder dazu berufen fühlen, bestehende Grenzen noch mehr als bisher infrage zu stellen. Wenn Trump es schließlich tut und damit auch noch durchkommt – warum nicht auch andere Nationen mit Ausbreitungsfantasien?

Grön­län­de­r*in­nen wollen Grön*­län­de­rin­nen sein

Der Kompromissvorschlag schreibt darüber hinaus auch jenen Kolonialismus fort, der überhaupt erst dazu geführt hat, dass Grönland zu Dänemark gehört. Warum sollte Kopenhagen über das Schicksal eines 3.500 Kilometer entfernten Territoriums entscheiden? Tatsächlich wollen die Menschen auf der eisigen Insel nämlich weder dänisch noch amerikanisch sein, sondern Grönländer*innen.

Ein Nato-Militärstützpunkt existiert außerdem ohnehin bereits auf Grönland, bestehend aus vor allem amerikanischen und dänischen Truppen.

Auch die Ausbeutung der Bodenschätze bedarf keines „Deals“ im Trump’schen Sinne. Grönlands Premier hat bereits klargemacht, dass Lizenzen zum Abbau von beispielsweise seltenen Erden herzlich gern vergeben werden – auch an die USA. Bisher wurde aber keine beantragt. Im Kern also geht es Trump nur um die Einschüchterung seiner Bündnispartner und darum, die Grenzen auszutesten. Und er hat dabei einiges gelernt. Zum Beispiel, dass er von Europa nicht viel zu befürchten hat. Dazu ist nicht einmal ein Deal nötig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
Mehr zum Thema

21 Kommentare

 / 
  • Man sollte Trump ins Leere laufen lassen, indem man seine Äusserungen einfach ignoriert und zwar wirklich gar nicht beachtetet. Das sollten Canada, Mexico und Panama ebenfalls tun. Das würde ihn erst einmal so richtig ärgern, aber was könnte er tun? Grönland und den Kanal einfach besetzen? Zölle überall hochfahren?



    Das alles gleichzeitig würde die amerikanische Wirtschaft nicht verkraften, die Zivilbevölkerung verschrecken und dem Ansehen von Trump als sogenannter "Friedenspräsident" dermaßen schaden, das er es nicht wagen würde. Einfach politisch ignorieren,!

  • Das kann man mit einiger Berechtigung so sehen wie die Autorin.

    Man kann es jedoch auch so sehen:



    Frederiksen bietet Trump etwas an, was es schon gibt -



    und der wird das als Sieg deklarieren.



    Das ist schon fast wie Sieg des tapferen Schneiderleins über die Riesen.

  • Das ist doch ein Zeichen der Stärke, oder nicht?

    Die USA wollen aus der NATO austreten, oder treten laut Nordatlantikvertrag bei einem Angriff auf ein NATO-Mitglied automatisch aus.



    Dänemark will in Grönland einen NATO-Stützpunkt zur Abschreckung gegen die USA einrichten.

    Eine völkerrechtswidrige Annektion Grönlands würde also in jedem Fall den Bündnisfall auslösen.

    Wir Europäer haben Putin klar gemacht, dass Landesgrenzen zu respektieren sind. Das wird wohl auch Trump vernommen haben.

    • @Limonadengrundstoff:

      Entschuldigung aber was haben WIR Putin klargemacht?



      Gar nichts. Putin kuscht vor den USA.



      Die Bundeswehr hat Munition für ein paar Tage Krieg.



      Tage. Kein Witz.



      Wen wollen wir beeindrucken?



      Deutschland mag mit zu den größten Waffenexporteuren gehören (und zu den größten Prothesenherstellern - eine Kuh zwei- und dreimal melken, das können wir), aber militärisch lachen uns alle aus.



      Unser einziges Glück ist das die Amis seit dem 2. Weltkrieg die Hand über Europa halten.



      Natürlich nicht uneigennützig, umsonst ist nichts - aber Europa sich selbst verteidigen?😅



      Womit?



      Wir sind wie einst Karthago - zu faul zum Krieg, zu geil auf Gewinn. Russland zieht seinen Stiefel gnadenlos durch, egal wie sehr die Wirtschaft leidet, egal wie hoch der Blutzoll ist - und die Bevölkerung? Hält trotzdem still.



      Die Bundeswehr berichtete stets am Limit zu sein da hatten wir keine 10.000 Mann unter Waffen - ein Häufchen in Afghanistan, da wurde schon geplärrt das wir unmöglich Mali noch abdecken können...



      Europa braucht einen Türsteher. Sicherheit wollen wir nicht selber machen, ist uns zu schmutzig, zu aufwendig, zu unbequem. Wir sind ja die Guten, die Fortschrittlichen - die eingebildeten Schnösel🤷‍♂️

      • @Farang:

        Ihr Vergleich mit Karthago ist Unfug. da ist die spätrömische Dekadenz a la Lindner nicht weit.



        Karthago war keine Territorialmacht die auf Landbeherrschung aufgebaut war, es war eine Handelsmacht, gänzlich anders strukturiert als Rom. Das war keine Faulheit!

    • @Limonadengrundstoff:

      "Wir Europäer haben Putin klar gemacht, dass Landesgrenzen zu respektieren sind. Das wird wohl auch Trump vernommen haben."

      Das Problem ist, dass Beide über "die Europäer" herzlich lachen. Besonders wenn diese sofort überlegen, wie sie zu Diensten sein können, sobald Trump nur ein klein wenig zuckt.

  • Eine grösserer Natostützpunkt ist genau die richtige Antwort auf Trumps Kollonialismus, da er doch immer von mehr finanzieller Teilhabe der anderen Natostaaten spricht. Sollte Triump Amerika tatsächlich in einen Krieg gegen Dänemark führen, kann der Bündnisfall - ohne USA - Dänemark beistehen. Das überlegt sich Onkel Trump zweimal ob er diesen Schritt machen wird.



    Wenn dann in einem zweiten Schritt noch wesentliche Teile von Grönland durch die EU ein Naturschutzprivileg erhalten, sollte die Eroberung Geschichte sein. Wichtig dabei ist nur, dass alle EU-Mitglieder und Nato-Staaten da mitmachen. Das würde auch gegen Russland und China schützen und die Natur und den Lebensraum der Einheimischen bewahren.

    • @Sonnenhaus:

      "Das überlegt sich Onkel Trump zweimal ob er diesen Schritt machen wird."

      Gegenüber von Staaten, die er für schwach hält, weil sie sofort angefangen haben zu buckeln?

  • Ein Kommentar aus der moralischen Perspektive, in einer Zeit in denen die Moral von vielen politischen Machthabern an den Rand gedrängt wird und Vereinbarungen und Verträge unter Staaten oder politischen Konkurrenten nur noch wenig zählen.

    Zu begutachten u.a. diese Woche im Deutschen Bundestag der sich damit von der jahrzehntelang geltenden, parteiübergreifenden Konsenspolitik verabschiedet hat.

    Unter diesen Gesichtspunkten ist es der richtige Schritt, die Initiative zu ergreifen und Trump ein Angebot zu unterbreiten. Für Trump zählen Deals, nicht Lösungen. Ein guter Deal ist ein solcher, indem sich Trump als Macher den Amerikanern präsentieren kann. Ein Natostützpunkt für die Sicherheitsinteressen und die Aussicht auf Lizenzen zur Gewinnung von Seltenen Erden für die Wirtschaft könnten die Voraussetzungen für diesen Deal eventuell erfüllen.

    Aber auch die Interessen der Staateninitiative werden nicht von selbstlosen Motiven geleitet. Die Strategie des "De-Riskings" zielt ja auf die Unabhängigkeit des Kontinents von Ländern die es mit demokratischen Werten nicht so genau nehmen. Da kommen Norwegens know how als Fördernation und die Industrienation BRD als Abnehmer ins Spiel.

  • Man kann es auch anders sehen: ein verstärkter NATO Stützpunkt könnte auch bedeuten: Lass es sein!!! Denn würde er tatsächlich angreifen, dann wäre der Beitrittsfall da.



    An all diesem gespenstischen Gezerre hat einer diebische Freude: Wladimir in Moskau.

  • Ich verstehe auch nicht und halte es für einen Fehler Trump hier entgegen zu kommen. Warum nicht einfach abgewarten hat ob es nur heiße Luft ist?



    Vielleicht ist es aber auch Angst der Europäer denn:



    -"Trump hat an einen außenpolitischen Grundsatz gerührt, der im Völkerrecht verankert ist: der Unverletzlichkeit bestehender Grenzen."



    An diesem Grundsatz haben doch die Amerikaner mit kräftiger Unterstützung Europas schon lange an einem anderen Ort dieser Welt gebrochen: Israel! Völkerrechtswidrige Besatzung von: Golanhöhen + zusätzlich neues syrisches Staatsgebiet, Sheeba Farmen, Westjordanland und Ost-Jerusalem und mittlerweile sogar völkerrechswidrige Annexion der Golan-Höhen und Ost-Jerusalems mit Absegnung der USA. Da hat man eben mit europäischer Absegnung seit langem sicherheitspolitische Interessen eines Landes (die nicht völkerrechtlich verankert sind) über territoriale Integrität gestellt.



    Wieso sollen sich die USA und "andere Länder (nicht) dazu berufen fühlen, bestehende Grenzen noch mehr als bisher infrage zu stellen"? Blöd wenn man internationales Recht so untergräbt indem man es nicht für alle gleich anwendet und die Konsequenzen einem dann auf die eigenen Füße fallen

  • Ist das so?



    Wollen Sie suggerieren, dass wir ebenjenen toxischen Umgang der Herren Trump, Putin, etc. kopieren sollen?

    Ich denke nicht. Ich denke sogar, dass dieser Schritt sehr klug ist. Ja, Trump ist a priori erstmal unberechenbar.



    Europa aber hat geostrategisch großes Interesse, weiterhin mit den USA militärisch verbunden zu bleiben. Wenn man Trump jetzt "billig" ein Angebot macht, kann er sich auf andere Gegenden konzentrieren. Der einzige "Preis" für ihn, ist es weiterhin im Rahmen der Nato gebunden zu bleiben.



    Wenn er nicht darauf eingeht, stehen die Europäer auch nicht schlechter da, als wenn sie gleich auf Konfrontation gegangen wären. A propos Konfrontation: wie soll die seitens Europa gegen die USA eigentlich aussehen?



    Man muss ja auch realistisch bleiben...

  • Stoppt diesen US-Imperator



    Wenn Europa jetzt nicht zusammenhält und Dänemark zur Seite steht, dann brauchen wir keine EU mehr. Dänemark ist EU, wir alle sind EU.

    • @Hans Dampf:

      Die EU war schon immer in erster Linie ein Wirtschaftsbündniss.

      Es geht um den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen.

      Der Rest war schon immer eher dürftig.

  • Dänemark hat keine eigenen Atomwaffen. Die USA haben welche.

    Vor Atomwaffen hätte Trump Respekt, aber Dänemark hat keine.

    Dänemark hat schon verloren. Leider.

    Wenn Atomwaffen in die Hände von Menschen wie Trump oder Putin fallen, wird es leider eng für die Länder ohne Atomwaffen.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Dänemark hat Verbündete mit Atomwaffen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        niemand würde den USA militärisch entgegentreten. Es ist reine Psychologie, wenn Trump Truppen schickt, reichen symbolische Truppenzahlen. Es reicht die Symbolik dies zu wagen.

  • Was für Putin gilt gilt genau so auch für Trump, Verbrecher darf man nicht gewinnen lassen.

  • was diesem Beitrag noch fehlt, Trump hat Dänemark, damit der Eu, militärische Intervention angedroht falls sie ihm die Insel nicht überlassen. Also so wie Putin und die Krim.



    Ein NATO-Stützpunkt wäre eine gute Intervention, um ihm seine Argumente zu nehmen. Ein europäischer Stützpunkt würde das auch, ohne Amis. Das brächte den Einwohnern von Grönland großen wirtschaftlichen Aufschwung.



    Abgesehen von ein paar hundert Inuit die auf Grönland lebten als es an die Dänische Krone viel, sind die restlichen 3ooo nach ein dänisches, europäisches Grönland gezogen. Das sie jetzt sagen wir wollen unabhängigkeit, oder gar der 51te Staat der USA werden, ist wieder nur Populismus, um Eigeninteressen voran zu bringen. Grönland ist im Interesse Europas. Somit sollte Europa auch für ihr Interesse eintreten.

  • "Er dürfte das Angebot Dänemarks und seiner europäischen Unterstützer als ein Betteln um Gnade verstehen. Europa scheint noch immer nicht begriffen zu haben, dass Trump Kompromissbereitschaft als Zeichen der Schwäche auslegt. Und für „Schwächlinge“ hat er nur Verachtung übrig."

    Sehr richtig. Mal sehen, ob das unsere Politiker auch irgendwann bemerken. Seit Trump gewählt wurde, versuchen ja die Meisten nur noch zu kuscheln.