Transparenz bei Pestizidzulassung: Niederlage für Chemiekonzerne
EU-Umweltausschuss will, dass Studien von Pestizid-Herstellern über die Gefährlichkeit eines Wirkstoffs sofort nach Einreichen öffentlich werden.
Dem maßgeblich vom Bayer-Konzern gesteuerten Verband der europäischen Pestizidhersteller (Ecpa) ist das zu früh, weil er politische Einflussnahme befürchtet. Bisher gibt die Behörde die Untersuchungen aus den Zulassungsverfahren nur nach langwierigen Antrags- oder Gerichtsverfahren heraus.
Die EU-Kommission hatte die Reform nach der europäischen Bürgerinitiative „Stopp Glyphosat“ und der Kritik an der Neuzulassung dieses unter Krebsverdacht stehenden Pestizids angestoßen. Die neuen Regeln würden auch für gentechnisch veränderte und andere Lebensmittel gelten, die eine Zulassung benötigen.
„Wir sind sehr zufrieden“, sagte Martin Häusling, zuständiger Verhandlungsführer der grünen Fraktion. Sein Pendant bei der Europäischen Volkspartei, Renate Sommer, dagegen sieht durch „Ideenpiraterie“ die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Hersteller gefährdet. Mithilfe der veröffentlichten Daten aus dem Zulassungsverfahren könnten Konkurrenten zum Beispiel aus China eine Produktkopie auf den Markt bringen, warnt die CDU-Politikerin.
„Dies würde das Aus für das europäische Produkt bedeuten, noch bevor es überhaupt zugelassen ist.“ Deshalb sollten die Studien erst öffentlich werden, nachdem die Efsa eine „vorläufige“ Stellungnahme zu dem Zulassungsantrag verfasst hat.
Angst vor Gesichtsverlust
„Zu spät“, findet Helmut Burtscher-Schaden, Biochemiker der österreichischen Umweltorganisation Global 2000 und Mitinitiator der Bürgerinitiative gegen Glyphosat. „Wenn die Efsa schon eine Stellungnahme veröffentlicht hat, kann sie ihre Meinung nur noch mit Gesichtsverlust wieder ändern. Deshalb wird sie neuen Argumenten gegenüber nicht sehr aufgeschlossen sein.“
„Ideenpiraterie“ erwartet Burtscher-Schaden zumindest bei Pestiziden nicht, da die Hersteller ihr geistiges Eigentum durch Patentrechte schützen würden, sodass andere ihre Produkte nicht kopieren dürften.
Am 11. Dezember soll das Plenum über den Entwurf entscheiden. Ab Januar könnte das Parlament mit der Kommission und dem Rat der Mitgliedstaaten verhandeln. „Ich hoffe, dass Frau Sommer das Projekt nicht verzögert“, sagte Burtscher-Schaden. „Sonst könnte es nach der Europawahl im Mai in der Schublade verschwinden, weil ein neues Parlament oder eine neue Kommission das Vorhaben möglicherweise fallen lässt.“
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