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Tote nach Unfall mit SchleuserfahrzeugKatastrophe in Bayern

Östlich von München ist ein Schlepperfahrzeug nach Flucht vor der Polizei von der Fahrbahn abgekommen. Unter den Toten ist auch ein Kind.

Das zerstörte mutmaßliche Schleuserfahrzeug auf der A94 in Bayern am 13. Oktober Foto: Sven Hoppe/dpa

Berlin taz | Bei einem schweren Verkehrsunfall sind am frühen Freitagmorgen östlich von München mindestens sieben Menschen in einem Schleuserfahrzeug ums Leben gekommen, darunter auch ein sechsjähriges Kind. 16 weitere Menschen wurden bei dem Unfall bei Ampfing teilweise schwerst verletzt, wie die Polizei mitteilte.

„Die Bundespolizei wollte gegen 3.15 Uhr das Fahrzeug auf der Autobahn 94 kontrollieren“, sagte ein Polizeisprecher der taz. Der Fahrer des mit 23 Insassen völlig überfüllten Mercedes Vito habe sich der Kontrolle entziehen wollen und habe stark beschleunigt. „Kurze Zeit später ist er mit überhöhter Geschwindigkeit verunfallt.“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) reagierte erschüttert auf den schweren Verkehrsunfall. „Dieses furchtbare Ereignis zeigt, auf welch grausame und menschenverachtende Weise Schleuser das Leben von Menschen aufs Spiel setzen“, erklärte Faeser. Sie sprach den Opfern ihr Mitgefühl aus. „Meine Gedanken gelten insbesondere den Kindern, die mit in das Fahrzeug eingepfercht waren. Wir hoffen sehr, dass die Verletzten diesen schweren Unfall überleben und wieder gesund werden.“

Zudem bedankte sich die Bundesinnenministerin bei den Einsatzkräften der Bundespolizei, der bayerischen Polizei und den Rettungskräften. „Wir haben überall an den Schleuserrouten an unseren Grenzen die Kräfte der Bundespolizei deutlich verstärkt.“ Man müsse das grausame Geschäft der Schleuserbanden zerschlagen, die mit der Not von Menschen maximalen Profit machen und sie auf solch lebensbedrohliche Weise über Grenzen schmuggeln.

Türkische und syrische Staatsangehörige im Fahrzeug

Bei den Insassen handelte es sich nach Polizeiangaben ausschließlich um türkische und syrische Staatsangehörige. Die Verletzten würden derzeit in den umliegenden Krankenhäusern behandelt. Auch der staatenlose Fahrer des Autos wurde verletzt, gegen ihn ermittelt die Polizei nun wegen eines Tötungsdelikts.

Zum genauen Unfallhergang und darüber, wie lange Flucht und Verfolgung auf der Autobahn dauerten, konnten die Behörden zunächst keine Angaben machen. Nach ersten Berichten kam das Fahrzeug in Fahrtrichtung München in Höhe der Anschlussstelle Ampfing/Waldkraiburg von der Fahrbahn ab und überschlug sich mehrfach. Der Unfallort ist rund 50 Kilometer von der Grenze zu Österreich entfernt.

Zahlreiche Rettungsdienste und die Feuerwehr waren am Morgen vor Ort. Auch Rettungshubschrauber waren im Einsatz. Die Fahrbahn in Richtung München wurde komplett gesperrt.

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16 Kommentare

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  • Skatelefants , Moderator

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  • keine Katastrophe, sondern ein Verbrechen!

  • was ich vor allem denke:

    Wenn die so ein Fahrzeug identifizieren:



    Sie haben doch Funk und können andere Fahrzeuge herbeiholen und dann gemeinsam so ein Auto wirklich stoppen ohne hinterherzurasen oder zu fahren.

    Hoffentlich gibt diese Katastrophe wenigstens den Anlass andere Taktiken anzuwenden.

    Ich bin sicher, dass die beteiligten Beamten das nicht noch einmal so tun würden.

    Bei allem: Die hauptverantwortung liegt immer beim Fahrer des Unglücksfahrzeugs.

    • @Friderike Graebert:

      Haben Sie einen Führerschein? Die Realität ist kein Videospiel oder Actionfilm.



      Es ist nicht so einfach, einen rücksichtslosen Raser zu stoppen ohne andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden und auf der Autobahn ist das nochmal schwieriger.

      Was ich allerdings seltsam finde:



      " .... und darüber, wie lange Flucht und Verfolgung auf der Autobahn dauerten, konnten die Behörden zunächst keine Angaben machen. "



      Wer hat denn verfolgt, wenn nicht die Behörden, also die Polizei?

    • @Friderike Graebert:

      ERgänzung:



      er kann ja einfach anhalten.

      • @Friderike Graebert:

        Warum sollte er? Sinnvoller ware eine verdeckte Schleierfahndung mit Festnahme am Zielort und nicht auf der Autobahn. Die haben wohl alle zu viel 007 im Kopf.

  • Keine Frage,- ein schreckliches Ereignis.Mein Mitgefühl gilt allen Betroffenen.



    Allerdings so zu tun, als sei unsere restriktive Asylpolitik humaner,- wenn wir Flüchtende im Meer ertrinken lassen, in der Wüste unter elendesten Bedingungen sterben lassen,-dafür Deals mit Verbrechern machen! Denn solange es nicht auf unseren Autobahnen geschieht, können wir’s besser ausblenden und ruhiger schlafen. Aber geschieht es auf deutschen Autobahnen, heuchelt man Mitgefühl .drischt mit der den Moralkeule auf die Schlepper ein!

  • Warum muss die Polizei auch wie wild herumrasen, nur um möglichst viele Flüchtlinge dingfest zu machen und abschieben zu wollen?

    Lasst die Flüchtlinge in Ruhe, dann gibt es auch keine Toten.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Was istn das für eine Rechtsauffassung? Der Täter ist der Scheuser und niccht die Polizei.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Niemand zwingt den Schleuser mit einem völlig überfüllten Transporter voller Menschen wegzurasen. Bei einer Kontrolle wären die Flüchtlinge unbeschaden ausgestigen, in Gewahrsam genommen worden und hätten ein Asylverfahren bekommen. Tote und Verletzte gabs nur, weil der Schleuser Angst um seinen eigenen Hintern hatte.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Jetzt ist mal wieder die Polizei schuld, was soll das denn. Die Polizei hat einen flüchtigen Fahrer verfolgt, der sich der Kontrolle entzieht. Das ist nun mal Aufgabe der Polizei. Sie weiß nicht, was sich im Auto befindet. Schuld ist alleine der Fahrer und sonst niemand.

    • @Troll Eulenspiegel:

      "Warum muss die Polizei auch wie wild herumrasen,..."



      Bitte? Der Fahrer der Schleuser hat Vollgas gegeben und die Insassen in den Tod gefahren.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Natürlich, die Polizei ist schuld, nicht etwa der mutmaßliche Schleuser der mit überhöhter Geschwindigkeit sich der Kontrolle entziehen wollte und der zu seiner Gewinnmaximierung so viele Menschen wie nur irgendmöglich in das Fahrzeug stopfte...



      Wenn in Zukunft die Polizei einen mit 23(!!!) Menschen völlig überladenen Kleinbus wahrnimmt - einfach unbehelligt weiterfahren lassen, um die Verkehrssicherheit nicht zu gefährden.



      Was ein Rechtsverständnis 🙈

    • @Troll Eulenspiegel:

      Und wahrscheinlich werden die Überlebenden nachher mit ganz viel "Mitgefühl" wieder abgeschoben ...



      Und dank europäischer und deutscher Abschottungspolitik verdienen sich die Schleuser allesamt ein goldenes Näschen.

      • @Tetra Mint:

        Man sollte Schleuser vielleicht entkriminalisieren. Und Migration, auch illegale, endlich normalisieren. Dann klappt es auch mit menschenwürdiger Migration.

    • @Troll Eulenspiegel:

      So wie ich den Bericht verstanden habe haben die Schleuser den Wagen stark beschleunigt. Wenn ich ihre Empfehlung richtig verstehe brauchen Verbrecher ihr Fahrzeug nur schnell genug fahren, um nicht mehr verfolgt zu werden?