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Thiamethoxam-Nutzung abgelehntImker stoppen Bienenkillerpestizid

Auf Druck von Umweltschützern endet ein Ökoskandal: Ein für Bienen gefährliches Pestizid darf bald in Deutschland nicht mehr eingesetzt werden.

Bienenvolk mit einer Königin auf einer Wabe Foto: Jens Kalaene/dpa

M it guten Argumenten können bis dato unbekannte UmweltschützerInnen auch Siege über die mächtige Chemie- und Zuckerindustrie erringen. Das haben gerade der Imker Matthias Rühl und seine Mitstreiter aus Franken bewiesen. Sie haben binnen kurzer Zeit so viel öffentlichen Druck aufgebaut, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) nun einen Antrag der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker abgelehnt hat. Der Verband wollte, dass deutsche Zuckerrübenbauern auch 2022 das von der EU wegen Risiken für Bienen im Freiland verbotene Pestizid Thiamethoxam nutzen dürfen.

Offiziell wies das BVL den Antrag auf eine Ausnahme vom EU-Verbot natürlich nicht wegen des Protests der Umweltschützer zurück, sondern weil es dieses Jahr weniger Blattläuse gab, die eine für Zuckerrüben tödliche Krankheit übertragen. Diesen Blattläusen macht Thiamethoxam den Garaus. Aber das BVL hat einen Ermessensspielraum. Dieses Mal hat es ihn im Sinne der Natur genutzt. Kurz vorher hatten Rühl und seine KollegInnen nachgewiesen, dass sich das Gift in Teilen Frankens unkontrolliert verbreitet hat. Sie fanden es in Wasser und Pflanzen. Sie belegten auch, dass sich einige Bauern nicht an Auflagen hielten, die das Pestizid auf die Felder begrenzen sollten. Nachdem die taz darüber berichtet hatte, griffen andere Medien wie Spiegel Online und die Zeit den Skandal auf.

Skandalös ist auch, dass das BVL unter der Ägide von CDU-Agrarministerin Julia Klöckner vergangenes Jahr Thiamethoxam freigegeben hatte. Denn die EU hat das Pestizid aus der Gruppe der Neonikotinoide ja nicht ohne Grund 2018 im Freiland untersagt. Mehrere Studien hatten gezeigt, dass praxisübliche Mengen dieser Pestizide Bienen schädigen. Auch andere Insekten und Wasserorganismen sind betroffen.. Da immer mehr Insektenarten aussterben, wollte die EU das nicht länger hinnehmen.

Die Zuckerrübenbranche klagt nun, dass sie nichts gegen die infektiösen Blattläuse unternehmen könne. Das stimmt so nicht. Biobauern beweisen tagtäglich, dass sich die Rüben auch ohne solche Chemiekeulen anbauen lassen. Gut, sie ernten weniger pro Hektar. Aber etwas weniger Zucker zu essen wäre sowieso nicht schlecht.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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7 Kommentare

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  • Danke Julia Glöckner (ehemalige Weinkönigin) - für nix!

  • Es geht nicht bloß um die Bienen, wie es der Artikeltitel suggeriert und wie es später im Artikel richtiggestellt wird. Es geht um eine Großzahl an Insekten, die massiv zurückgegangen ist bzw. offenbar durch menschliches Handeln dezimiert wurde. Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke informiert in Vorträgen über das Insektensterben und verweist bezüglich der Neonikotinoide auf eine vielfache Toxizität verglichen mit DDT. Hier ist in einem Mitschnitt zusehen, wie er ab Minute 23 die Krefelder Studie erläutert und in Folge auf eine Tabelle 26. Minute 26. Sekunde verweist:



    www.youtube.com/watch?v=s98VrOmLUtM

    • @Uranus:

      In einem kürzlichen Vortrag auf der Insecta 2021 in Magdeburg ist in einem Mitschnitt auch die Quelle besser ersichtlich:



      Autor der Veröffentlichung, in der die Tabelle abgedruckt ist, ist Robert Trusch, Minute 46:40:



      www.youtube.com/watch?v=mGyPfYE_1bk

  • Ich weiß nicht so recht auf welche Seite ich mich summen soll.



    SV war Imker.Das volle Progamm. Viele Völker. Imkerverbandvorsitzender.



    Ich,wie gesagt keine Ahnung.(Berlin!)



    ...Nun macht Nikotin aber nicht nur Blattläu-



    sen, Bienen und Bockkäfern den Garaus, son-



    dern auch Säugetieren samt der schönen Gärtnerin.



    euleev.de/images/B...im_Bienenstock.pdf

    Mal lauschen.

  • Grandios! Herzlichen Glückwunsch an Matthias Rühl und seine MitstreiterInnen aus Franken! Bienenschädliche neonikotinoide Wirkstoffe von chinesischen Unternehmen, z.B. Thiamethoxam, braucht es zur Bekämpfung von Aphidoideae auf deutschen Äckern tatsächlich nicht solange es Alternativen aus deutscher Produktion wie z.B. Butenolide gibt, die weit weniger bienengefährdend als Neonics wie z.B. Thiamethoxam sind. Als Alternativbeispiel sei beispielsweise Flupyradifurone genannt. Kein Neonic, aber ein ähnlicher mode of action.

  • Wie gross ist der Anteil der Zuckerrübenindustrieproduktion am BSP? Und steht der Einsatz von Neonikotinoiden wirklich in einem gesunden Verhältnis zum Ertrag?? Auf einem Herbstmarkt hier im Norden haben wir selbst produzierte Marmeladen und Fruchtaufstriche erstanden, Zuckergehalt bei wilden Brombeeren 33%. Sehr schmackhaft und nicht so widerlich übersüsst wie Industrieware.

    Man muss nur wollen...

    • @Grenzgänger:

      die benötigten Zuckermengen könne nicht mit wild gesammelten Brombeeren abgedeckt werden. Wenn auch vielleicht das eine oder andere Produkt als "übersüsst" von Dir empfunden wird, Zucker ist ein wichtiger Grundstoff zur Lebensmittelproduktion. Ja natürlich kann Zucker am einfachsten in Südamerika auf gerodeten Urwaldflächen produziert werden - aber ganz ehrlich? - eigen Versorgungssicherheit ist dann wohl egal - oder?