Teilverkauf des Hamburger Hafens: Ende der demokratischen Kontrolle
Die Reederei MSC darf im Hamburger Hafen einsteigen, das haben SPD und Grüne am Mittwoch beschlossen. Doch die Entscheidung schadet der ganzen Stadt.
S ie sind kurz vorher mit Trillerpfeifen durch die Stadt gezogen und haben aus Protest auch noch einmal die Arbeit niedergelegt, doch genutzt hat es den Hamburger Hafenarbeiter:innen am Ende nichts: Mittwochabend beschlossen SPD und Grüne in der Bürgerschaft, dem Hamburger Stadtparlament, endgültig den Teilverkauf des Hafens an die weltgrößte Reederei, MSC.
Damit droht nicht nur den Arbeiter:innen eine massive Verschlechterung ihrer bislang ziemlich guten Arbeitsbedingungen samt betrieblicher Mitbestimmung, vor allem aber schaden SPD und Grüne mit ihrer neoliberalen Privatisierung der ganzen Stadt.
Deutschlands größter Seehafen befindet sich seit Jahren in einer Krise, weil vor allem der Containerumschlag immer weiter zurückgeht. Ideen zur Rettung gab es: etwa eine vielversprechende Kooperation mit den Häfen in Bremen und Wilhelmshaven. Stattdessen verhandelte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in aller Heimlichkeit mit der zwar finanziell potenten, aber komplett undurchsichtigen Schweizer Reederei. Die soll mehr Ladung nach Hamburg liefern und das nötige Kleingeld für die Modernisierung des Hafens bereitstellen.
Ob diese Rechnung aufgeht, ist aber fraglich: Das Versprechen von MSC ist letzten Endes nicht verbindlich; der Reederei geht es wohl vor allem um den Zugriff auf das Bahnunternehmen Metrans, ein Tochterunternehmen des Hafenbetriebs. So beherrscht MSC dann einen weiteren gewinnträchtigen Teil der Transportkette.
Reederei mit 60 Milliarden auf dem Konto
Und auch wenn die Reederei nur 49,9 Prozent der Hafenanteile bekommt, ist die Stadt trotzdem der massiv kleinere Partner in dieser Beziehung: Die Reederei soll nach Recherchen über ein Barvermögen von mehr als 60 Milliarden Euro verfügen – der Hamburger Haushalt beträgt dagegen gerade einmal rund 20 Milliarden pro Jahr. Nichts geht im Hafen dann also mehr ohne den Segen der Containerreederei.
Der Hafen ist für Hamburg nicht nur ein Teil der Identität, sondern auch der kritischen Infrastruktur. Nun sorgen SPD und Grüne dafür, dass es darüber kaum mehr eine demokratische Kontrolle gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen