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Studie zu Erneuerbaren Energien0,3 Prozent der Oberfläche reichen

Erneuerbare Energien sind so umfassend verfügbar, dass sie schon heute hundertmal so viel Ertrag bringen können wie der weltweite Energiebedarf.

Solaranlage im saudischen Al-Oyeynah Foto: RTR

Berlin taz | Das größte Ölfeld der Erde ist das Ghawar-Feld in Saudi-Arabien. Es erstreckt sich über 8.400 Quadratkilometer, und sein Öl erzeugt jährlich Energie von knapp einer Petawattstunde (PWh). Das entspricht 1 Billiarde Wattstunden.

Würde man allerdings diese Fläche unter der Sonne Arabiens mit Photovoltaik-Modulen bedecken, ergäbe es einen jährlichen Ertrag von 1,6 PWh, heißt es in einem neuen Report des britischen Thinktanks „Carbon Tracker“. Der kommt zu dem Ergebnis: Erneuerbare Energien sind weltweit so umfassend verfügbar, dass sie schon mit heutiger Technologie hundertmal so viel Ertrag bringen können wie der gesamte weltweite Energiebedarf. Der nämlich beläuft sich derzeit auf etwa 65 PWh pro Jahr – aber mit Sonnenstrom (5.800 PWh) und Windstrom (900 PWh) steht mehr als genug Ökoenergie zur Verfügung, um ihn sauber zu erzeugen.

Schon bisher sind nach diesen Kalkulationen 60 Prozent des Sonnenstroms und 15 Prozent der Windenergie wirtschaftlich. 2030 werde Photovoltaik überall auf der Welt und Wind immerhin zur Hälfte so billig sein, dass es alle anderen Energieformen unterbietet. Und auch wenn Sonnen- und Windstrom natürlich mehr Fläche brauchen als eine Ölquelle oder eine unterirdische Kohlegrube – alle nötigen PV-Flächen zusammen würden nur 0,3 Prozent der Oberfläche des Planeten ausmachen, weniger als die Fläche, die derzeit fossile Infrastruktur belegt. „Jedes Jahr heizen wir die Klimakrise an, indem wir drei Millionen Jahre von fossilem Sonnenschein in Öl, Kohle und Gas verbrennen“, sagt Studienautor Harry Benham, „dabei nutzen wir nur 0,01 Prozent des täglichen Sonnenscheins.“

Das Leben ist auch hier nicht gerecht, allerdings mal andersherum als sonst: Riesige Potenziale gibt es in Afrika, Südamerika und Australien. Auch Nordamerika und weite Teile Asiens haben noch mehr als zehnmal so viel Erneuerbaren-Potenziale, wie sie brauchen.

Und wo sieht es mal wieder besonders mau aus? Ganz gennau: in Mitteleuropa. Da, wo inzwischen 50 Prozent des Stroms grün ist. Immerhin: Selbst im kalten Dunkeldeutschland haben wir noch 23-mal so viel technisches Erneuerbaren-Potenzial wie alle unsere dreckige Kohle zusammen.

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25 Kommentare

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  • Es gibt zwei Probleme: (1) Ausreichend erneuerbare Energie zu produzieren. Das ist technisch weitgehend gelöst, man muss nur hochskalieren. Weit gravierender ist (2): Erzeugungs- und Lastgangkurven saisonal in Übereinstimmung zu bringen.



    Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: (a) Man passt den Verbrauch an die Erzeugung an. Das geht nur begrenzt, und die ach so "umweltfreundlichen" E-Autos und Wärmepumpenheizungen stehen dem sogar diametral entgegen. (b) Man installiert gewaltige Energiespeicher. Hier sind nach dem Stand der Technik nur Pumpspeicherwerke wirtschaftlich, aber nicht hinreichend ausbaufähig. Technisch machbar (und zudem im Vergleich zu z.B. LiIon-Akkus wesentlich umweltfreundlicher) erscheinen Speicher auf Wasserstoffbasis.



    Sorry, an die Speicherproblematik muss man ran. Sonst wird das mit der Energiewende nichts. Spielzeuge wie E-Autos [1] und die putzigen 10 kWh-Speicher im Keller kann man vergessen.



    Ach ja, da war doch noch was... Wie wär's mit Energiesparen? Scheint in Zeiten von 5G, WLANs und Taglichtfahrerei ziemlich aus der Mode...



    [1] Dazu zählen auch Wasserstoffautos.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Google-Wissenschaftler haben letztens eine Studie veröffentlicht, dass die Hälfte der USA mit Solar- und Windanlagen bebaut sein müsste, um deren Energieverbrauch zu decken.



    Da sich diese beiden Einschätzungen deutlich widersprechen, würde ich mich über Reflektionen über deren Methoden freuen.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Energie und Strom sind was anderes. Energie ist Strom, Wärme Transport Landwirtschaft etc. Man kann Stromerzeugung nicht 1:1 mit Wärme und Transport gleichsetzen. Öl und Gas sind viel Energiedichter. Um im Transport das gleiche mit erneuerbaren zu erreichen brauchen wir unvorstellbar mehr Strom, sei es zur Erzeugung von z.B Wasserstoff. Hier gibt es Studien, dass wenn wir bis 2050 24% unseres Energiebedarfs mit Wasserstoff Decken wollen, benötigen wir für die grüne Herstellung dessen mehr Strom von erneuerbaren als wir gerade von allen Stromerzeugern zusammen erzeugen. Und dann noch erneuerbare für normalen Strom. Die Fläche ist unvorstellbar viel größer.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Die Google-Aussage ist wohl nicht so pauschal zu vergleichen. Würde man die halbe Fläche der USA mit Solarpanelen zupflastern, kämen ca. 1,4 Hektar Solarfarm pro Einwohner heraus (nach dem 0,3%-Modell reichen etwa 200 m² oder 0,02 Hektar). Die US-Bürger verbrauchen zwar pro Kopf im Schnitt mehr als dreimal so viel Strom wie der Rest der Welt, aber das klingt dann doch um ein paar Größenordnugnen überzogen.

  • Ich habe nicht verstanden, wieso es in Mitteleuropa besonders mau aussieht, wenn in Deutschland 50 % des Stroms grün ist.

    • @rero:

      weil das Potential der verfügbaren erneuerbaren Energien geringer ist.

      In Duetschland, Frankreich usw. scheint die Sonne nicht so viel wie im Senegal.

      Das ist gemeint gewesen

  • Ich sehe gerade voll die Parallelen zur Kirche im Mittelalter: Jahrhundertlange Verweigerung einer Reformation (heute: einer Revolution), damit die Macht weniger Menschen erhalten bleibt.



    Nur ob wir diese Revolution noch erleben dürfen, das kann ich nicht sehen.

  • Ja gut, das ist nat. ein plakativer Augenöffner für die Unbedarften, keine seriös durchkalkulierte Machbarkeit. Übrigens seit vielen Jahren bekannt und daher wieder mal eine Sensations-Meldung eines Think Tanks?



    Wie auch immer. Wie kommt "die Energie" aus der Fläche der genannten Länder und Kontinente nach Europa in die warme Dusche und in den Tank des vorhandenen Individualverkehrs.



    Wie immer braucht es einen akzeptierten Gesamtrahmen der zu Beginn einen Haufen Geld kostet und fast nix einbringt. Also, bittte endlich max. Vorwärts bitte und ohne Binsenweisheiten mit Empörungsgedöns. Es ist eben nicht ganz so einfach wie auf den ersten Blick.

    • @Tom Farmer:

      Der Tenor ist eher, die Energie muss nicht nach Europa in die Dusche. Jetzt seien halt andere dran.

      Zu den Kalkulationen siehe "Normalo" etwas tiefer. Das hätte vielleicht auch der kritischer Blick des Medienschaffenden auf den Auswurf des Think-Tanks sein können.

    • @Tom Farmer:

      Gibt es eigentlich wirklich seriöse Berechnungen darüber, ob und wie in Deutschland erneuerbare Energien z.B. in 20 Jahren den Bedarf einer Wirtschaftsnation KOMPLETT ohne Hilfe von französischem Atomstrom, polnischem Kohlestrom oder russischem Gas decken können? Ich frage nach seriösen Berechnungen, keine Milchmädchenrechnungen. Auch unter Berücksichtigung der Folgen durch exponetiellem Abbau bestimmter Rohstoffe, die z.T. verhehrende Folgen für die Einwohner der Länder haben, die über solche Rohstoffe (z.B. seltene Erden, aber auch Kupfer usw.) verfügen.

      • 8G
        83191 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        Die Berechnung dürfte es meines Wissens nach noch nicht geben.

        Die Möglichkeit ist mittels des Speichermediums "Synthetische Kraftstoffe" jedoch gegeben. Da steht Wasserstoff im Angebot, der durch eine Elektrolyse von Wasser sehr leicht aus Solarenergie herstellbar wäre und die Reaktion ist auch sehr leicht steuerbar, um z.B. auf Schwankungen im Netz reagieren zu können. Kompression, Verluste durch die Behälterwand und die Verbrennung reduzieren natürlich den Wirkungsgrad DEUTLICH unter den von direkten Elektromotoren, aber dafür ists halt CO2 neutral.

        Mit anderen Worten: Die Rechnung gibt es meines Wissens noch nicht, das Konzept schon.

        • @83191 (Profil gelöscht):

          Danke für die Erläuterungen.



          Wenn es bisher keine seriösen Rechnungen gibt, dann verstehe ich nicht die Behauptung, dass wir problemlos auf erneuerbare Energien umstellen können, zumal die von Ihnen erwähnten Möglichkeiten bisher in keiner Weise realisiert wurden.

  • Solche Modelrechnungen sind immer relativ. Bei der Ernährung erzeugen wir auch mehr als genug, bei uns wird es weggeworfen, verdirbt, oder wird in Güllegruben zu Strom verarbeitet und trotzdem leiden hunderte von Millionen von Menschen Weltweit Hunger oder verhungern gar.

  • Meine Befürchtung ist, dass wir musterschülermäßig aus der alten Energie aussteigen und dann geht in Belgien einer von diesen Schrottmeilern hoch.

    Deshalb plädiere ich für mehr Realismus und weniger religiösen Eifer in dieser Sache, wir müssen einfach versuchen die gefährlichen Sachen weg zu kriegen, das sollte Priorität haben. Das Klima kann D sowieso nicht alleine retten.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @el presidente:

      Meine Befürchtung ist, dass wir musterschülermäßig aus der alten Energie aussteigen und dann geht in Belgien einer von diesen Schrottmeilern hoch.



      Ich kann Ihnen nicht folgen. Was wollen Sie ausdrücken?

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @17900 (Profil gelöscht):

        Deutschland steigt aus der Atomenergieproduktion nicht der Atomenergienutzung aus. Solange Nachbarländer Atomenergie nutzen macht es keinen Sinn auszusteigen, unter dem Aspwkt der Sicherheit, zumindest.

  • Wenn es so einfach ist, warum wird es nicht gemacht? Vielleicht weil es gar nicht genug Rohstoffe für eine solche Vielzahl von Photovoltaik gibt?

    • @TazTiz:

      Die Antwort ist: "initial investment".

      Einfache Rechnung: "Nur" 0,3% der Erdoberfläche sind ca. 1,5 Mio km² (etwas die Fläche der Mongolei oder 4,3 mal die von Deutschland). Bei aktuell mindestens 40 $/m² Solarmodul würde das ca. 61.200.000.000.000 (61,2 Billionen) $ kosten, etwa 75% der jährlichen Gesamtwirtschaftsleistung der Erde. Von den absehbaren Problemen, des Strom von da, wo er erzeugt wird dahin zu bekommen, wo er gebraucht wird, fange ich mal gar nicht erst an. Die Summe ist vielleicht über etliche Jahre zu stemmen, aber die Welt hat diese Mengen Geld nicht rumliegen; und die Produktionskapazitäten reichen auch nicht annähernd aus.

      Natürlich wird das alles bezahlbarer, wenn Solarstrom in Relation zu den fossilen Alternativen günstiger wird. Aber das ist eben frühestens in einigen Jahren der Fall. Es ist ein wenig wie wenn man als Antwort auf Corona letzten Herbst gesagt hätte: "Wo ist das Problem? Gehen wir doch einfach Alle rüber zum nächsten Arzt und lassen uns impfen!"

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @TazTiz:

      Warum wird das nicht gemacht? Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen.



      Politische Stabilität in einem Land, denn ausländische Investitionen wären notwendig.



      Warum begrünt man nicht die Wüste? Warum stellt man nicht alle kriegerischen Handlungen ein?

    • @TazTiz:

      das wurde die letzten 40 jahre verschleppt, blockiert und verleumdet, weil sich einfach zu viel geld mit oel, kohle und atom machen laesst, staatlich subventioniert.



      darueber gibt es interessante dossiers, wie z.b. exxon mobile in den usa wissenschaftler mit millionen bezahlt hat, damit sie das gegenteil des wissenschaftlichen konsens behaupteten. die ergebnisse dieser fatalen klimalegnung sind bis heute noch zu sehen.

    • @TazTiz:

      Natürlich gibt es genug Rohstoffe für Photovoltaik, gerade Silizium gibt es ja wortwörtlich wie Sand am Meer...und es wird auch gemacht werden, braucht halt alles seine Zeit, eine solide Finanzierung und -gerade bei Solarstrom aus der Wüste- ein leistungsfähiges HGÜ-Leitungsnetzwerk um die Energie auch dorthin zu bringen wo sie benötigt wird...

      • @Saile:

        Gerade in der Wüste ist ungünstig, dass PV bei hohen Temperaturen deutlich an Leistung verliert. Das ist schon in Spanien sehr blöd...

        • @mensch meier:

          Ja, das ist richtig, solarthermische Kraftwerke sind in diesen Regionen besser...

      • @Saile:

        statt einem HGÜ-Leitungsnetz besser dezentral vor Ort den Bedarf erzeugen. Das ist weniger Anschlagsgefährdet, Oligarchenabhängig und die Wertigkeit bleibt im Land und schafft hier Arbeit.



        Natürlich haben die Schröders, Schwesigs, Laschets, Altmeiers, u.a. nichts davon. Aber darauf kann verzichtet werden.



        Warum es nicht mehr gemacht wird? Weil z.B. ein Hr. Altmeier seit über 10 Jahren immer wieder neue Hürden einbaut. Seine Wirtschaftslobbyisten sind da sehr kreativ. Ich bin schon mal soweit und werde bald für meine Nachbarn zusätzlichen Strom erzeugen, nicht nur für mich allein. In jedem Falle ist der Energiewirtschaftliche Wandel trotz der großen Bemühungen dagegen zu steuern nicht mehr aufzuhalten.

        • @Sonnenhaus:

          Oh, ich finde dezentral vor Ort auch besser...aber wenn die energieintensiven Industrien nunmal nicht dort sind wo besonders viel regenerative Energie zu erzeugen ist...