Streit um Katalonien: Knast ist keine Lösung
Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez sollte die Wogen in Katalonien glätten. Doch er macht genau da weiter, wo sein Vorgänger aufgehört hat.
A ls Pedro Sánchez im Juni 2018 per Misstrauensvotum spanischer Regierungschef wurde, machte sich Hoffnung breit. Der Sozialist könne das Katalonienproblem angehen, mit einem neuen Politikstil die Wogen glätten, hoffte so mancher in der rebellischen nordostspanischen Region rund um Barcelona und auch im restlichen Land.
Schließlich war es ihm auch dank der Stimmen vieler katalanischer Abgeordneter im Madrider Parlament gelungen, den konservativen Mariano Rajoy aus dem Regierungspalast Moncloa zu drängen.
Doch der Dialog blieb aus, bis heute, zwei Jahre nach dem Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017. Die Lage hat sich gar verschlimmert. Sechs Mitglieder der katalanischen Regierung, die nach der Volksabstimmung auch mit den Stimmen der Sozialisten des Amtes enthoben worden war, die Präsidentin des Autonomieparlaments sowie zwei bekannte Aktivisten wurden Anfang der Woche wegen Aufstands zu 9 bis 13 Jahren Haft verurteilt.
Es ist der vorläufige Höhepunkt der Strategie, auf die einst Rajoy setzte: Gerichtsverfahren statt Politik. Seit dem Urteil reißen die Proteste in Katalonien nicht mehr ab.
Er schickt immer mehr Polizei
Sánchez – der nach gescheiterter Regierungsbildung vor Neuwahlen am 10. November steht – macht genau dort weiter, wo Rajoy aufgehört hatte. Statt endlich politisch zu reagieren – wie dies von Gewerkschaften über den katalanischen Unternehmerverband bis hin zu Bischöfen und sogar vom FC Barcelona verlangt wird –, schickt er immer mehr Polizei, spricht ausschließlich von Sicherheit und gar von erneuter Zwangsverwaltung Kataloniens.
Sein Innenminister droht damit, diejenigen dingfest zu machen, die die Proteste organisieren. Was das bedeuten könnte, ist seit dem Urteil des obersten Gerichts vom Montag klar. Als wäre Gefängnis die Lösung für ein soziales und politisches Problem.
„Was einem rechten Spanier am meisten ähnelt, ist ein linker Spanier“, heißt ein katalanisches politisches Sprichwort. Pedro Sánchez tut alles, um dies zu bestätigen. Leider.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?