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Stichwahl französische PräsidentschaftHeimspiel für Marine

Am Sonntag könnte die Rechtsextreme Marine Le Pen Frankreichs erste Präsidentin werden. Wer wählt sie?

Le Pen besucht Villers-Cotterêts. Ihre rechtsextreme Partei ist hier sehr erfolgreich Foto: Jaak Moineau/Hans Lucas/afp

Villers-Cotterêts taz | Vom Denkmalsockel in seiner Geburtsstadt Villers-Cotterêts blickt Alexandre Dumas forsch nach rechts. Die Bronzestatue des Autors von „Die drei Musketiere“ und „Der Graf von Monte Christo“ schaut in die Richtung des politischen Trends, denn in dieser Kleinstadt geht es längst nur noch in eine Richtung.

Nachdem in diesem Ort im Département Aisne in der Picardie der Front National (FN) stets Spitzenergebnisse verzeichnen konnte, wurde 2014 Franck Briffaut vom FN zum Bürgermeister gewählt, 2020 gewann er die Wiederwahl gleich im ersten Durchgang, nun für seine in Rassemblement National (RN) umbenannte Partei.

Villers-Cotterêts liegt eine gute Stunde Autofahrt nordöstlich von Paris und gilt als Musterbeispiel einer von Frankreichs extremen Rechten regierten Kleinstadt. Den Wahlanalysen zufolge entspricht diese Ortschaft mit ihren 10.000 Ein­woh­ne­r*in­nen dem Profil der mehr als 20.000 Kommunen außerhalb der großen urbanen Gebiete, in denen Le Pen im ersten Wahlgang triumphiert hat.

Niemand war deshalb verwundert, dass hier die rechtsextreme Kandidatin mit 37,22 Prozent als Erste vor dem Linken Jean-Luc Mélenchon und Präsident Emmanuel Macron einen klaren Sieg verzeichnen konnte. Wer am Sonntag in der Stichwahl gewinnen wird, ist in Villers-Cotterêts keine Frage. Der öffentliche Wahlkampf scheint bereits vorbei zu sein. Am Donnerstag vergangener Woche verteilen auf dem Straßenmarkt weder Macron-Anhänger noch Fans von Le Pen Flugblätter. „Macron hatten wir schon, jetzt muss man Marine eine Chance geben“, meinen mehrere Passanten, einstimmig, aber kurz angebunden. Die meisten wollen nicht über die Wahlen sprechen. Ihr Misstrauen gegen die Medien ist spürbar.

Die 40-jährige Séverine, die ihren Nachnamen nicht nennen will, kommt dagegen wie magnetisch angezogen über den Platz. „Oh ja, die Wahlen interessieren mich! Wissen Sie, hier sind wir in einer RN-Hochburg. Und selbst ich als Wählerin von Zemmour hatte Mühe, Leute von ihm zu überzeugen. Alle sagten, sie würden Marine Le Pen wählen.“

„Marine, bereits zum dritten Mal“

Über ihre eigene Motivation befragt, spricht sie aber nicht vom Leben in Villers-Cotterêts, sondern redet von Quartieren in Paris, wo die Frauen nicht in ein Café gehen oder auf der Straße spazieren könnten, ohne von Islamisten belästigt oder attackiert zu werden. Weil Le Pen das bekämpfen und die Immigration stoppen wolle, stehe ihre Entscheidung für die Stichwahl fest.

„Aber verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin nicht einfach rassistisch. Wenn ich morgen eine Afrikanerin als Nachbarin habe, nehme ich trotzdem den Aufzug mit ihr. Ich habe Muslime unter meinen Freunden. Individuell habe ich nichts gegen sie. Ihre Masse stellt ein Problem dar.“ Was sie sagt, klingt absurd. Sie muss den etwas erstaunten Seitenblick bemerkt haben, denn sie selber sieht aus wie eine Frau aus Nordafrika.

Sie bemüht sich ungefragt um eine Erklärung: „Ich bin ein Mischling, mein Vater ist ein echter Franzose („Français de souche“), meine Mutter kommt aus Neukaledonien, das ist französisches Territorium.“ Damit auch bezüglich ihres Glaubens keine Zweifel aufkommen, trägt sie gut sichtbar ein silbernes Kreuz an ihrer Halskette.

Sie ist Mutter von zwei Kindern und sagt, ihr Haupteinkommen sei die „AAH“, die öffentliche Sozialbeihilfe für Behinderte. In ihrem Programm habe Le Pen angekündigt, sie werde diese von 900 auf 1.000 Euro monatlich erhöhen. Daran glaubt sie felsenfest. „Zemmour hat einen Fehler gemacht, er hat nicht erkannt, wie wichtig die Kaufkraft für Leute wie uns ist. Im Gegensatz zu ihm hatte Marine Le Pen das früh im Blick. Und wenn am Ende des Monats das Geld fehlt, ist es egal, ob der Nachbar Araber oder Afrikaner ist.“

Angélique Meurice, eine Frau in den Dreißigern, kommt mit ihrem Kind an der Hand am Dumas-Denkmal vorbei. „Nach den fünf Jahren, in denen wir gelitten haben und die demoralisierend waren, braucht es einen Wechsel“, sagt sie. Meurice arbeitet in der Automobilindustrie in der Produktion, an diesem Tag hat sie frei. „Wir wollen eine Frau an der Macht!“, sagt sie. Sie verspricht sich von Le Pen eine andere Gesundheitspolitik, „selbstverständlich bezüglich Covid und all dem“, denn sie ist gegen jede Form vom Impfzwang.

Besonders skandalös sei es, dass Pflegefachkräfte, die sich nicht impfen lassen wollten, von ihrem Dienst im Krankenhaus suspendiert wurden. Auch sie erhofft sich eine Verbesserung ihrer Kaufkraft durch „Marine“ und nennt sie wie die meisten ihrer An­hän­ge­r*in­nen nur beim Vornamen. Am Sonntag wird Meurice für sie stimmen. „Marine, bereits zum dritten Mal“, fügt sie mit Überzeugung an.

Auch eine dritte Frau, die Helena als Vornamen angibt, erwartet sich von Le Pen erleichterte Lebensbedingungen: „Ich bin 69 Jahre alt, und ich arbeite immer noch. Ich habe meinen Mann verloren. Voilà!“ Darum nämlich sei sie in ihrem Alter weiter auf ihr Einkommen als Friseurin angewiesen. Mit einem leichten osteuropäischen Akzent erwähnt sie ihre letzte „enorme“ Rechnung für die Heizkosten.

„Wir hatten Monsieur Macron für fünf Jahre, Madame Le Pen kann nicht schlechter sein als die anderen.“ Die Frage, ob sie denkt, dass diese als Präsidentin etwas ändern könne, beantwortet Helena mit einem überzeugten „Oui!“. Ihre Einkäufe macht sie nicht im Carrefour-Einkaufszentrum außerhalb, wo eher besser gestellte Leute mit ihrem Pkw aus der Umgebung anzutreffen sind, sondern beim kleinen Discountladen im Zentrum.

Die Entscheidung

Die Wahl

Wird die Rechtsextremistin Marine Le Pen die erste weibliche Präsidentin der französischen Republik? Oder wird Emmanuel Macron für eine zweite Amtszeit gewählt? Am Sonntag dürfen 48,7 Millionen Wahlberechtigte in einer Stichwahl abstimmen. Erste Ergebnisse werden nach Schließung der Wahllokale um 20 Uhr erwartet.

Die Umfragen

In allen aktuellen Umfragen dieser Woche liegt Emmanuel Macron vorne. Ihm werden zwischen 54 und 56 Prozent der Stimmen prognostiziert. Marine Le Pen kommt demzufolge auf 44 bis 45,5 Prozent. Bei der Stichwahl vor fünf Jahren kam Macron noch auf 66,1 Prozent der Stimmen.

Dort parkt ein Mann seinen Wagen. Er macht Deutschland verantwortlich für den „Zustand“ Frankreichs. „Das ist ja schön, Mitterrand und Kohl, die Händchen halten, aber das war auf unsere Kosten. Ich habe nichts gegen die Deutschen, aber Frankreich hat bei der Einführung des Euro einen Großteil der Wiedervereinigung bezahlt“, davon ist Sylvain überzeugt.

Er spricht mit dem typischen „Ch'ti“-Akzent der Leute aus dem ehemaligen Kohlenbecken in Nordfrankreich, wo viele Bergarbeiterfamilien aus Polen stammen. Sylvain erzählt, sein Vater habe Sikorsky geheißen, er aber trage den Namen seiner Mutter: Lagneau. Er ist mit erst 58 Jahren in Frührente, und schimpft darüber, dass Leute wie er durch die Produktionsverlagerungen der Industrie in den Osten oder den fernen Osten keine Arbeit mehr hätten.

Sein Atem riecht nach Alkohol, er hat Mühe, in der Aufregung die Worte zu finden. „Also der jetzige Präsident, Monsieur … Macron, der passt mir nicht, ich habe nichts Persönliches gegen ihn. Warum er mir nicht gefällt? Da ist schon mal die Rente. Ich habe mit fünfzehneinhalb zu arbeiten begonnen, hatte dann aber häufige Lücken, und damals zählten die Tage der Arbeitslosigkeit nicht für die Rente.“ Er hat gehört, dass Macron das Rentenalter auf 65 Jahre erhöhen will, bei Le Pen dagegen soll es bei 62 bleiben. Für Leute, die wie Lagneau früh erwerbstätig wurden, würde es dann auf 60 sinken. Damit ist die Rechnung für ihn gemacht.

Der Bürgermeister Franck Briffaut ist 64 Jahre alt. Er trägt einen grauen Anzug und eine rote Krawatte und lädt zum vereinbarten Interview in den Sitzungssaal im historischen Rathaus, auf dessen Eisentor mehrere Trikolore-Fahnen, aber auch zwei EU-Flaggen im Wind flattern. Monsieur le Maire ist stolz darauf, sich als frühes FN-Mitglied schon seit 1977 als historischen Kampfgefährten von Jean-Marie Le Pen bezeichnen zu können. Der ehemalige Fallschirmspringer-Unteroffizier hat auch die Jahre der Umwandlung in das heutige „Rassemblement“ unter der Führung der Tochter des Partei­gründers aus Überzeugung mitgemacht.

Europa? Ein Vasall der USA!

Sieht er sich vielleicht schon als zukünftiger Minister der Staatspräsidentin Marine Le Pen? „Da wollen wir doch lieber nicht vorgreifen. Aber die Frage wurde mir tatsächlich bereits gestellt.“ Briffaut ist hörbar geschmeichelt. Wer genau ihn, den Experten für Transportfragen, schon auf einem Regierungsposten sieht, will er lieber nicht verraten.

Er erklärt den Erfolg seiner Parteichefin in seinem Wahlkreis mit einer „hartnäckigen Arbeit auf dem Terrain seit 20 Jahren“, aber auch mit der erneuerten Parteilinie: „Frankreich verändert sich, Europa ebenfalls. Ich habe Marine Le Pen bei der Anpassung begleitet.“ Er ist sehr zuversichtlich für die Stichwahl am Sonntag, denn die Partei und ihre Kandidatin hätten aus den Fehlern von 2017 gelernt und seien „reif“ für die Staatsführung geworden.

„Heute ist die RN nicht mehr bloß eine Stimme des Protests, die nur dagegen ist. Wir haben uns die Regierungskultur angeeignet, um glaubwürdige Vorschläge für unser Land machen zu können. Und das hat ein guter Teil der Bevölkerung verstanden.“ Mit dem Blick auf seine eigene Kommunalpolitik beansprucht Briffaut, „mindestens ebenso gut und kompetent zu sein, wie unsere Gegner“.

taz am Wochenende

Wird Marine Le Pen die nächste französische Präsidentin? In der taz am wochenende vom 23./24. April 2022 schauen wir auf Frankreich vor der Stichwahl, auf die Wäh­le­r:in­nen von Le Pen und auf die, die ihren Wahlsieg am meisten fürchten. Außerdem: Die Linkspartei in der Krise. Und: Wie das „Missoir“ für Geschlechtergerechtigkeit beim Pinkeln sorgt. Ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Zu den „Anpassungen“ zählt er die Korrektur des europapolitischen Programms: „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die EU total umgestaltet werden muss.“ Aber nicht mehr, oder wenigstens nicht sofort, mit einem „Frexit“, einem Austritt aus der EU, sondern durch den Druck zur Veränderung von innen. Le Pen zählt dabei auf die Mitgliedsländer im Osten – Briffaut erwähnt Ungarn, Polen und die baltischen Staaten –, die „aus diversen Gründen innerhalb der Gemeinschaft sagen, so könne es nicht weitergehen“. Seine Partei und EU-Fraktion stehe mit der Kritik nicht mehr isoliert da.

„Heute erscheint es uns möglich, die EU von innen zu reformieren, weil sich die EU selber verändert hat.“ Er wünscht sich, dass jedes Land seine Identität und Interessen wahren könne, also „ein lockeres Europa, das nicht stur um jeden Preis alles regulieren will“. Doch es gebe auch einen Plan B: „Wir schließen ein Referendum über einen Austritt nicht aus, wenn es uns nicht gelingt.“ Europa dürfe nicht länger ein „Vasall der USA“ bleiben.

Die Vereinigten Staaten hätten „alles getan, um Europa von Russland zu trennen. Seit dem Fall der Mauer wurde Russland in die Position gedrängt, in der es sich heute befindet. Das heißt nicht, dass Putin nicht am Krieg schuld wäre. Aber der Westen hat auch seine Verantwortung, namentlich die USA, die alles tun, damit wir schwach und von ihnen abhängig bleiben. Das ist ihnen in meisterlicher Art gelungen: Sie haben Putin zu seinem Fehler verleitet, und er ist in die Falle gegangen.“

Die Erweiterung der Nato sei eine Provokation gewesen, die Putin nicht habe hinnehmen können. Das erkläre seinen unglaublichen „Fehler“ – von Krieg spricht Briffaut nicht. Im Übrigen habe es Marine Le Pen begrüßt, dass Präsident Macron den Kontakt zu Putin nie abgebrochen hat. Ein Grund für die Wählersympathien sei es, dass sie nicht einfach eine „Anti-Ma­cron-Kampagne“ gemacht habe.

Der Bürgermeister redet gern über die Geschichte seiner Stadt. Nicht so gern aber über ein bestimmtes Kapitel: Briffaut dementiert, dass er hier eine schon angekündigte Gedenkfeier zur Abschaffung der Sklaverei verhindert habe. Ausgerechnet in der Stadt, in der Alexandre Dumas’ Vater, Frankreichs erster afrokaribischer und dunkelhäutiger General, 1806 in Napoleons Ungnade gefallen, starb. Er habe sich bloß geweigert, an einem von „Vereinen aus Paris“ als „Provokation“ organisierten Event von politischen Gegnern teilzunehmen.

Ein anderes Kapitel der Geschichte liegt ihm dagegen am Herzen. In Villers-Cotterêts hatte nämlich 1539 König François I. ein Dekret unterzeichnet, das Französisch zur Amtssprache erklärte. Briffaut freut sich, dass Präsident Macron das Schloss in seiner Stadt renovieren ließ, in dem in Erinnerung daran ein zukünftiges Centre International de la Langue française (CLIF) entstehen soll, zur „Grandeur“ der französischen Sprache und Kultur. Einweihen wird es, so hofft Briffaut, dann aber eine andere Präsidentin: Marine Le Pen. „Wir haben gute Chancen“, sagt Briffaut und lacht.

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17 Kommentare

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  • "Alle sagten, sie würden Marine Le Pen wählen.“



    37,22 Prozent der Wähler*innen sind also "alle".

  • Frankreich ist hat ein durchnittliches Einkommen wie die Niederlande, also nicht wirklich nennenswert weniger als die Deutschen. Zudem hat Deutschland einen deutlich größeren Niedriglohnsektor als Frankreich. Will sagen, die sozialen Probleme allein taugen nicht als Erklärungsansatz für die Bereitschaft eine rechtsradikale Putin-Marionette ins Amt zu wählen.

    Es gibt in Deutschland eine Romantisierung Frankreichs , die schon seit Jahrzehnten nicht der Realität entspricht.



    Die Verweigerung englisch zu sprechen ist zum Beispiel keine liebenswerte französische Marotte, sondern arroganter Chauvinismus und Großmachtanspruch.

    Im Prinzip lese ich als Argument der befragten Personen auch nur "ich, ich und nochmal ich".



    Ich hege keinerlei Sympathien für einen Macron aber eine Le Pen zu wählen, weil das Rentenalter nach nicht um zwei Jahre angehoben wird-das ist schon maximal egoistisch und kurzsichtig. Wenn die Le Pen mit Atomwaffenarsenal sich nämlich auf die russische Seite schlägt, dann ist das eine Einladung an Putin EU-Staaten einzunehmen. Dann heißt es gute Nacht, hallo dritter Weltkrieg und die Rente können sich dann allesamt in die Haare schmieren, denn Rente gibt es dann nicht mehr.

    Sind die Leute wirklich so blöde?

    • @Alfonso Albertus:

      Die EU einnehmen? NATO-Territorium? Wo er kaum die Ukraine schafft?

    • @Alfonso Albertus:

      Man kann es auch anders herum formulieren:



      Die Interessen der "einfachen Leute" zu vergessen zu Gunsten der Eliten ist egoistisch und kurzsichtig.



      Für die erste Gruppe Anhebung des Rentenalters ohne jede sinnvolle Ergänzung wie Altersteilzeit. Für die zweite Gruppe Abschaffung der Vermögenssteuer.



      Und die Franzosen sind sensibler und aufmüpfiger als Deutsche. Wir haben imho eine Art von "Masochistischen" Zug. "Das Leben muss hart sein. Länger arbeiten, härter Arbeiten. Weniger Geld. Spar halt mehr. Sei dankbar, dass Du überhaupt einen Job hast."

    • @Alfonso Albertus:

      Deutschland ist ein Sonderfall.



      Hätte es das 3te Reich nicht gegeben und wäre Nationalstolz, nicht für viele Bundesbürger, mit einer gewissen Scham behaftet, wären Populismus und Nationalismus deutlich erfolgreicher.

      Anstelle des Durchschnittslohns würde ich den Gini Koefizienten zum Vergleich nehmen.

      Und da ist Frankreich DEUTLICH besser gestellt als Deutschland.



      Die Soziale ungrechtigkeit ist in DE tatsächlich deutlich größer.

      "Sind die Leute wirklich so blöde?"

      Naja ... siehe Brexit? Da haben sogar Menschen, die vom Ausenhandel mit der EU leben, für den Austritt aus der EU gestimmt.

      Aber ich glaube nicht das Le Pen sich militärisch verbünden würde mit Putin. Politsch zu gewissen Teilen sicher.

      Da überteiben Sie ein wenig.

      • @Obscuritas:

        Le Pen muss sich zunächst nicht militärisch mit Putin verbünden. Es reicht fürs erste wenn das Bündnis mit den Gegnern Putins gelöst wird. Der Rest kann später kommen.

        Seit acht Jahren warne ich vor einem Angriffskrieg Russlands, seit acht Jahren warne ich vor der Propaganda und dem Ziel der Zerschlagung Russlands. Auch due Trump-Wahl und der Brexit wären ohne Putins zutun anders ausgegangen.

        ....und seit acht Jahren erzählen mir Menschen das ich übertriebe!

        • @Alfonso Albertus:

          Sollte heißen: dem Ziel der Zerschlagung der EU durch Russland...

      • @Obscuritas:

        Die Analysen von Ihnen beiden sind zutreffend.

    • @Alfonso Albertus:

      Ja, sind sie.



      MLP hat es den kurzssichtigen Egoisten leicht gemacht, sich auf Versprechungen und Slogans zu konzentrieren.



      Für die kritische Sicht muss man genauer hinsehen und denken - offenbar nichts für viele, viele Leute.



      Das ist in D aber genauso...

    • @Alfonso Albertus:

      Seit Januar 2021, als Leute Öffnungen diskutierten, während 1000 pro Tag starben, kann ich auf die Frage im letzten Satz nicht mehr sicher optimistisch antworten.

      Das macht mir ein bisschen Angst, vor allem frustriert es mich aber.

      Ist es das, was die Propaganda der letzten Jahre erreichen wollte und will?

    • @Alfonso Albertus:

      Haben Sie das schon Ihren französischen Freunden erzählt, v.a. den Melenchon-Wählern? Mich brauchen Sie nicht zu überzeugen.

    • @Alfonso Albertus:

      "dann ist das eine Einladung an Putin EU-Staaten einzunehmen. Dann heißt es gute Nacht, hallo dritter Weltkrieg und die Rente können sich dann allesamt in die Haare schmieren, denn Rente gibt es dann nicht mehr."

      Warum sollte Russland das tun?

      • @albert992:

        Weil Putin das will. Ein Russland in den Grenzen der Sowjetunion-mindestens..

    • @Alfonso Albertus:

      Ja, die Leute sind so blöde. Die populistische Politik, die Ressentiments aktiviert (ob nun rassistisch, gegen "die da oben", Arme o.ä.) richtet sich an diejenigen kleingeistigen unteren Mittelschichtler, die jeden Verlust von Bequemlichkeit ihres gewohnten, aber ökologisch und ökonomisch eigentlich nicht haltbaren Lebensstils, als absolute Zumutung empfinden. Genauso wie in Deutschland sind sie natürlich auch dort erfolgreich, wo dieser Lebensstil überhaupt möglich ist, auf dem Land und in Kleinstädten.

      • @LesMankov:

        Welchen Lebensstil pflegt denn die Stammwählerklientel von Macron? Schlafen Macrons Anhänger freiwillig auf dem nackten Boden, verzichten aufs Auto und duschen kalt? Und geht es z. B. bei der Rentenpolitik Macrons nicht ebenso um schnöde materielle Interessen, nämlich derjenigen, die von Sozialabbau profitieren und es als Zumutung empfinden, Sozialleistungen mitzufinanzieren?

        Und dass es in Großstädten nicht möglich wäre, ein bequemes Leben zu führen, das in den Augen mancher taz-Foristen ökonomisch und ökologisch "nicht haltbar" ist, halte ich für eine wenig fundierte Annahme.

  • Es scheint, als würden dieselben Leute die Faschistin Le Pen wählen, wie hierzulande die faschistische "Alternative". Frustrierte, sich abgehängt fühlende, wenig gebildete, die glauben National (sozial) ismus wäre die Lösung.

    Ein Problem sehe ich in mangelnder politisch-demokratischer Bildung, ein anderes in einem neoliberalen System, welches Menschen als Humankapital verbrennt und am Ende, im schlimmsten Fall, sich selbst überlässt, während sog. Eliten und Leistungsträger sich in der Sonne stehend den Arsch vergolden lassen - auf Kosten jener, die sich selbigen ein Leben lang aufgerissen haben.

    Hm, ...

  • Die (Neo)liberalen haben in den letzten Jahrzehnten den egalitären Charakter der westlichen Demokratien zerstört. Der individualistische, neoliberale Gedanke ist absolut hegemonial. Gleichzeitig kommen aus dieser politischen Richtung aber keinerlei Lösungsansätze für die drängenden Probleme unserer Zeit. Politiker wie Macron oder Scholz sind reine Verwalter ohne Ideen und Vision, die Unterschiede zwischen Ihnen sind marginal. Die Bevölkerung der westeuropäischen Staaten möchte offensichtlich ihre Entscheidungssouveränität zurückerlangen und diesen postdemokratischen Zustand beenden. Das wird entweder auf eine inklusive, linkspopulistsiche Art und Weise oder eben auf eine exklusive Rechtspopulistische Art und Weise passieren. So oder so es wird in den nächsten Jahren passieren.