Steuerrefrom: SPD will Normalverdiener entlasten
Nach SPD-Plänen sollen Spitzenverdiener mehr Steuern zahlen. Diese Forderung ist keineswegs neu, umgesetzt hat die Partei sie nur noch nie.
Doch die Forderung nach einer Einkommensteuerreform ist weder neu – noch ist klar, was die SPD genau plant. Schon im Juni 2021, also mitten im Bundestagswahlkampf, schlug der damalige SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz in der Bild am Sonntag vor: „Reiche wie ich sollten mehr Steuern zahlen.“ Scholz, damaliges Jahresbrutto gut 200.000 Euro, kündigte an: 96 Prozent der Steuerzahler:innen würden entlastet. Für die obersten 4 Prozent der Topverdiener:innen werde es dafür etwas teurer.
Seit Dezember 2021 ist Scholz Kanzler. Passiert ist seitdem nichts. Was zugegebenermaßen auch daran liegt, dass die FDP jegliche Art von Steuererhöhungen ablehnt. Nun, da das Ende der Ampel in Sicht ist und der Wahlkampf anläuft, holt die SPD den Evergreen erneut aus der Schublade.
Die Reaktionen sind verhalten. FDP-Chef Christian Lindner wäre sogar bereit, die Entlastungen für 95 Prozent der Steuerzahler:innen mitzutragen. Finanzieren könnte man das „durch eine weitere Bürgergeldreform“, schreibt Lindner auf der Plattform X. Esken erteilte diesem Vorschlag am Montag eine Absage: Die „Gegenfinanzierung über das Bürgergeld lehnen wir ab“.
Klares „Nein“ von Merz
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zeigte sich sogar „schockiert“ über die Pläne. Wenn die SPD dies durch eine höhere Besteuerung des obersten Prozents der Verdienenden gegenfinanziere, müsse deren Steuersatz auf 60 Prozent steigen, sagte Merz am Sonntagabend in der ARD. „Dann ist unsere Antwort klar und deutlich: Nein.“
Weder mit einem aktuellen noch mit einem potenziellen künftigen Koalitionspartner könnte die SPD ihre Steuerreformpläne also umsetzen. Eine Erfahrung schon der letzten 20 Jahre, wie der 2021 aus dem Bundestag ausgeschiedene SPD-Politiker Lothar Binding erläutert. Seit 20 Jahren plane die SPD, den Spitzensteuersatz erst für höhere Einkommen zu erheben und dies durch eine Erhöhung der Spitzensteuer wettzumachen. Gescheitert sei das immer an der Union.
Im Jahre 2023 wurde ein Spitzensteuersatz von 42 Prozent bei der Einkommensteuer ab einem Jahresbruttoeinkommen von 62.810 Euro für Singles und 125.620 für Paare fällig, das heißt nur für das Einkommen oberhalb dieser Grenzen. Ab 277.825 Euro für Singles und 555.650 Euro für ein Paar greift der Reichensteuersatz von 45 Prozent.
Seeheimer: Höchststeuersatz von 48 Prozent
Ihre aktuellen Reformpläne hat die SPD noch nicht weiter ausformuliert. Der konservative Seeheimer Kreis in der SPD hat aber schon mal einen Aufschlag gemacht: In einem im Oktober veröffentlichten Strategiepapier schlagen die Seeheimer vor, den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent anzuheben. Dafür soll dieser erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 80.000 Euro für Singles beziehungsweise 175.000 für Verheiratete erhoben werden. Der Höchststeuersatz soll auf 48 Prozent steigen und wie bisher ab 278.000 Euro gelten.
Scholz hatte vor drei Jahren vorgeschlagen, dass der erhöhte Spitzensteuersatz erst ab einem Jahresbruttoeinkommen oberhalb von 100.000 Euro für Singles und für Verheiratete oberhalb von 200.000 Euro greift. Mal sehen, ob er sich diesmal durchsetzen kann, zumindest parteiintern. Die Steuerpläne der SPD sollen bis zum Frühjahr konkretisiert und im Juni im Regierungsprogramm verabschiedet werden.
Dort werde auch eine Reform der Erbschaftsteuer enthalten sein, wie sie auf dem Parteitag im Dezember beschlossen worden sei, kündigte Esken an. Die SPD will die Erbschaft- und Schenkungsteuer so reformieren, „dass Multimillionäre und Milliardäre mehr zum Gemeinwohl beitragen“. Zumindest auf dem Papier.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe