Spionage-Affäre der AfD: Die Märchenstunde ist vorbei
Zuerst die Enthüllungen über die „Remigration“, nun die Spionageaffären. Vor allem Konservativen muss spätestens jetzt klar werden, wie groß die Bedrohung durch die AfD ist.
D ie Märchen der AfD fallen mehr und mehr in sich zusammen. „Deutschland zuerst“ plakatiert die extrem rechte Partei, will aber nun nicht mal mehr ihren eigenen Spitzenkandidaten Maximilian Krah auf den Wahlplakaten zeigen – geschweige denn, dass er an Wahlkampfveranstaltungen teilnimmt. Sein Mitarbeiter Jian G. wurde am Montag als mutmaßlicher chinesischer Spion enttarnt und sitzt in Untersuchungshaft.
Ebenso dürfte es selbst AfD-Wählern schwer zu erklären sein, warum es Aufnahmen geben soll, die belegen, wie Petr Bystron bei einem Treffen mit einem prorussischen Einflussagenten Geld zählt und sich darüber beschwert, dass er 200-Euro-Scheine in deutschen Geschäften nicht ausgeben kann. Beide AfD-Politiker, Nummer 1 und 2 der Europaliste, werden beim Wahlkampfauftakt der AfD fehlen wegen Korruptionsvorwürfen und des Spionageskandals.
Damit zerbröselt innerhalb weniger Monate bereits die zweite AfD-Erzählung. Denn die Legende, dass die extrem rechte Partei angeblich eine „schweigende Mehrheit“ vertrete, dürfte mit den Massenprotesten nach dem breiteren Bekanntwerden der rassistischen „Remigrationspläne“ der Partei passé gewesen sein.
Die AfD-Führung ist um Schadensbegrenzung bemüht. Die Ambivalenz im Umgang mit den Skandalen ist bei der AfD mittlerweile typisch: Mit möglichst wenig schmerzhaften Zugeständnissen nach außen, wie dem Auftrittsverbot für Krah, sollen neue Anhänger*innen beschwichtigt werden. Mit der gewohnten Opfer-Inszenierung soll die Kernklientel bei der Stange gehalten werden („Alles nur Kampagne/Verschwörung“).
Vor allem schwankenden Konservativen, die mit AfD-Positionen liebäugeln, muss spätestens jetzt klar werden, wie groß die innere und äußere Bedrohung durch die AfD ist. Die Skrupellosigkeit der AfD-Politiker, sich auch ideologisch autoritären Regimen anzudienen, spricht Bände darüber, was droht, wenn die extrem rechte Partei Machtmittel in die Hand bekommt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands