„Spiegel“ über Problemeinhörner: Die armen Väter aus Prenzlauer Berg
Mütter, die Väter nicht an die Kinderbetreuung ranlassen – ach, wenn es keine anderen Probleme gibt, dann ist ja gut. Schauen wir's uns halt mal an.
V äter würden schon machen, wenn Mütter sie nur ließen. Das ist die These der Titelgeschichte des aktuellen Spiegel, und während es ja so ziemlich alles gibt unter dieser Sonne, wäre es hier besser gewesen, die Kirche in Prenzlauer Berg zu lassen, wo die Geschichte selbstredend ihren Einstieg findet. Es geht um „Maternal Gatekeeping“, also um Mütter, die Väter nicht an die Kinderbetreuung ranlassen. Das frauenfeindlich konnotierte Einhorn unter den aktuellen Problemen von Eltern in Deutschland. Aber gut, sei’s drum.
In dem Text erzählen die Autor:innen von Männern, die mehr oder weniger gekränkt sind, weil sie von Frauen korrigiert und belehrt werden. Es geht darum, dass Mütter die Stirn runzeln, wenn die falsche Windelmarke gekauft wird, oder dass die Mütter beim Babyschwimmen keinen Salto machen, weil sich da ein Vater blicken lässt. Das alles unter „Maternal Gatekeeping“ zu verorten ist gewagt, aber dient eben der These.
An einer Stelle steht, dass Mütter sich großer Weisheit rühmten „in ihrer Domäne“. Ein Vater namens Michael erzählt an einer anderen Stelle davon, dass er sich bei der Kinderbetreuung oft allein auf weiter Flur gefühlt habe. Allein unter Müttern, die das taten, „was für sie selbstverständlich war: Zeit mit ihren Kindern verbringen“.
Die Autor:innen zeichnen insgesamt ein eigenartiges Bild von Müttern. An einer Stelle heißt es, Frauen seien zu wertend. Und Mütter könnten zu anderen Müttern noch „giftiger“ sein als zu ihren Partnern. Es klingt außerdem, als würden Gebärende mit einer Art Mutterhirn auf die Welt kommen. Doch die meisten wissen nicht mal, wie man ein Baby hält, bevor sie eins aus sich rausgepresst haben. Also, lieber Michael: Mit deinem Gefühl, ganz alleine zu sein, bist du sehr viel näher am Muttersein dran als du denkst.
Ohne Erinnerung
Unter „Maternal Gatekeeping“ versammeln sich vermutlich vor allem jene Männer, die grundsätzlich ein Problem damit haben, von Frauen korrigiert zu werden. Männer, die an einer väterlichen Dominanz festhalten. Der „Familienernährer“ wird also zum „modernen Familienvater“. Und dann: alle Augen mit Bewunderung auf ihn – darunter scheint es für diesen Typ Mann nicht machbar. Absoluter Alpha-Alarm. Denn, wo ist das Problem, wenn eine Frau einem Mann sagt, dass der Filter von der Spülmaschine gereinigt werden muss oder welche Windelmarke gekauft werden muss? Eigentlich ist da keines, außer vielleicht für die arme Frau. Gleichberechtigung ist es erst, wenn das alles ohne Erinnerung geschieht.
Kinder zu betreuen, einen Haushalt zu führen ist gehobenes Management. Wenn nicht vier Großeltern nebenan wohnen oder Geld für Personal da ist, dann ist das ein durchorganisiertes System, ein Kartenhaus. Etwas Banales wie die Windelmarke – und die damit verbundene Nachtruhe – kann die dünne Schicht Saugmaterial sein, die Ordnung von Chaos trennt.
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