Söder bei Heizungsdemo in Erding: Aufgeheizt

Markus Söder setzt im beginnenden Wahlkampf hemmungslos auf Populismus. Sein ärgster Konkurrent auf dem Feld: sein Vize Hubert Aiwanger.

Markus Söder hält eine Rede

Söder auf Anti-Wärmepumpen-Demo in Erding Foto: Matthias Balk/dpa

So hatte sich Markus Söder seinen Auftritt bei einer Demo gegen das Heizungsgesetz der Bundesregierung vermutlich nicht vorgestellt. „Hau ab!“, skandierte die Menge in Erding und meinte damit niemand anderen als den bayerischen Ministerpräsidenten. Anders als er selbst sahen sie in ihm offensichtlich nicht den Rebellen gegen die da oben in Berlin, der die schützende Hand über seine Bayern hält und sie vor Wärmepumpen, Genderzwang und veganen Bratwürsten bewahrt, sondern vor allem einen Vertreter des ihnen verhassten Partei­establishments.

Schließlich musste sogar Mitorganisatorin und Kabarettistin Monika Gruber dem CSU-Chef zu Hilfe eilen. Sie bat die Demonstrierenden, den Redner reden zu lassen, und erinnerte: „Entschuldigung, wir leben in einer Demokratie, Freunde!“ Eine Feststellung freilich, die längst nicht mehr auf die Zustimmung aller stößt – wie kurz darauf Hubert Aiwanger auf derselben Veranstaltung klarmachte: Die schweigende große Mehrheit dieses Landes müsse sich die Demokratie wieder zurückholen, forderte er allen Ernstes.

Zur Erinnerung und Verdeutlichung, auf welchem Niveau der Wahlkampf in Bayern bereits angelangt ist: Aiwanger ist Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident.

Dass ausgerechnet er sich von seinem Vize zeigen lassen muss, wie echter Populismus geht, dürfte Söder gar nicht gefallen. Zum einen, weil Aiwanger mit seinem dreisten Kurs Erfolg zu haben scheint: Seine Freien Wähler, den sonst handzahmen Juniorpartner der CSU, hat er zuletzt schon auf 12 Prozent in den Umfragen gehievt. Zum anderen befindet sich Söder in einem Zwiespalt: Vor der Bayernwahl 2018 hatte er versucht, die AfD mit rechten Parolen auszustechen – und in der Folge eine historische Wahlniederlage eingefahren.

Das Trauma von damals sitzt noch tief. Doch zugleich ist die Versuchung groß, in den besonders seichten Gewässern zu fischen und die dicksten Karpfen nicht seinem Duzfreund Hubert zu überlassen. Versehentlich wird er sich nicht auf die Demo in Erding verirrt haben.

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Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.

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