Schutz gegen das Coronavirus: Berechtigter Aufwand
Für die meisten Infizierten ist das Virus unbedenklich, aber sie können die Gefahr leicht übertragen. Deshalb sind drakonische Maßnahmen richtig.
M essen werden abgesagt, Reiseverbote verhängt, Schulen und Kitas geschlossen, ganze Volkswirtschaften stürzen ab. Gesundheitsminister sind trotzdem pausenlos dabei zu beschwichtigen: Bei einer Mehrheit der Infizierten löse das neuartige Virus bloß Schnupfen aus; Panik sei die sehr viel größere Gefahr. Entsprechend groß ist die Verwirrung: Ist Covid gefährlich oder nicht? Schon wittern einige im Netz eine Verschwörung: Wissen die Verantwortlichen etwa von Gefahren, die sie der Allgemeinheit verschweigen?
Danach sieht es überhaupt nicht aus. Vielmehr sind die drakonischen Maßnahmen, die einige Länder bereits ergriffen haben, angemessen und richtig. Angesichts der auch hierzulande rasant steigenden Infiziertenzahlen sollten sie daher auch in Deutschland kein Tabu mehr sein.
Nach derzeitigem Kenntnisstand ist eine Infektion mit diesem Virus für über 80 Prozent der Infizierten unbedenklich; etwa 15 von 100 erkranken schwer. Betroffen sind Krebskranke in Chemotherapie, Diabetiker, solche mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und alte Menschen. Vor allem für infizierte Leute ab 65 steigt die Mortalitätsrate sprunghaft an. Dem Schutz genau dieses Personenkreises dient der ganze Aufwand. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Bislang kein Impfstoff
Was Sars-Cov-2 derzeit gefährlicher macht als die alljährliche Grippe, ist, dass es für dieses neuartige Virus bislang keinen Impfstoff gibt und auch noch keine wirkenden Therapeutika. Was noch tückischer ist: Bei vielen Infizierten zeigen sich keinerlei Symptome. Trotzdem ist jeder Infizierte somit auch ungeahnt ein Überträger. Das macht die Seuchenbekämpfung so schwierig und umfassend.
Einige werden sich fragen, wozu der ganze Aufwand dienen soll, wenn für den Einzelnen die Lebensgefahr relativ gering ist. Sie unterscheiden damit nicht die individuellen Risiken von den kollektiven. Für einen an sich gesunden Menschen mag die Gefahr, an dem Virus zu sterben, gering sein. Für 10 Prozent der Infizierten ist sie es aber nicht.
Anders als im Mittelalter ist die moderne Zivilisation imstande, die Leben auch dieser 10 Prozent zu schützen. Das erfordert drastische Maßnahmen, die sind wir den Risikogruppen mit unseren modernen Mitteln aber auch schuldig.
Daher ist es angemessen, dass Italien angesichts Tausender Infizierter landesweit alle Schulen schließen lässt. Deshalb ist es auch richtig, dass China angesichts Zehntausender Infizierter 60 Millionen Menschen unter Quarantäne stellt und das Wirtschaftsleben lahmlegt. Sollten die Zahlen hierzulande ebenfalls in die Tausende gehen – und damit ist zu rechnen –, sollten auch wir solche Mittel nicht scheuen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen