Schrumpfen der Wälder: Krankheiten durch Abholzung
Die Urwaldzerstörung geht weiter und ebnet neuen Infektionskrankheiten den Weg. Dabei könnte echter Waldschutz künftige Pandemien verhindern.

E s ist eine Nachricht, bei der eher das Gegenteil eine Überraschung gewesen wäre: Weltweit sind im vergangenen Jahr 4,2 Millionen Hektar Urwald zerstört worden, vor allem in Brasilien, der Demokratischen Republik Kongo und Bolivien. Die Waldzerstörung wird leider nicht durch eine Pandemie gestoppt, könnte das Fazit sein – schlecht fürs Klima.
Doch diesmal reicht dieses bittere Fazit nicht. Die Zerstörung dieser Wälder ist ein Warnzeichen und ein Signal, aktiv zu werden und diese Zerstörung zu stoppen. Dringend. Denn hier, in den Wäldern, nehmen Zoonosen – Krankheiten, die zwischen Tier und Mensch übertragbar sind – häufig ihren Anfang. Darunter sind Krankheiten, die sich durch die Globalisierung weltweit verbreiten und weltweit Lebensgefahr für die Menschheit bedeuten können. Das Coronavrus könnte hier nur die Vorhut gewesen sein.
Dabei ist es nicht so, dass Zoonosen nur im Urwald entstehen; die Lungenkrankheit Mers überträgt sich durch Dromedare. Oder dass die Interaktion Mensch – Wald automatisch zu neuen Zoonosen führt. Wäre es so, wären alle indigenen Völker und Waldnutzer*innen in den Urwäldern eine Bedrohung als potenzielle Überträger*innen neuer Zoonosen. Sie sind es offenbar nicht. Der Unterschied: Sie leben nicht primär von, sondern mit dem Wald.
Klar ist aber, dass die Zerstörung von Urwäldern neuen Infektionskrankheiten den Weg ebnet. Wer abholzt, abbrennt, Straßen in diese Wälder schlägt, heizt nicht nur das Klima auf, der setzt auch komplexe Ökosysteme unter Druck. Wildtiere, vom Insekt bis zum Säugetier, verlieren Territorien, Fressfeinde und Wirte. Sie und ihre Viren, Bakterien, Pilze finden neue – durch den Kontakt mit Menschen, der sie isst, nutzt oder einfach nur trifft.
Diese neuen Krankheiten werden sich verbreiten und wohl nicht mehr verschwinden. Längst wird angesichts ihrer wachsenden Zahl nicht mehr von einer Pandemie gesprochen, sondern von einer Ära der Pandemien. Man kann sie bekämpfen, mit Medikamenten oder Impfungen. Oder in ihrem Ursprung: mit einer Ära des Waldschutzes.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden