Schiffbau in Schleswig-Holstein: Windhorst gefährdet Werften
Die Werften des Investors Lars Windhorst stehen still. Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) fordert Windhorsts Rückzug.
Die beiden Werften, die zu Windhorsts Tennor-Gruppe gehören, haben seit Monaten Probleme. Sie bekommen keine Aufträge, halbfertige Schiffe können nicht fertig gebaut werden, Gehälter wurden verspätet bezahlt. Nach Angaben der IG Metall Rendsburg warten an beiden Standorten 120 der 500 Beschäftigten noch auf ihren Lohn für September.
Auch aus Sicht des Betriebsrates liegen die Probleme bei Windhorst. Seit Jahren bleibe er die Bürgschaften schuldig, die Kunden die Sicherheit gewähren, dass sie angezahltes Geld zurückbekommen, sollte ihr Schiff nicht fertig gebaut werden. Das Geld sei so knapp, dass der Tüv der Kräne nicht bezahlt, Werkzeuge nicht geprüft und Arbeitsmaterialien nicht beschafft werden könnten, sagt Jan Brandt, Betriebsrat bei der Flensburger Schiffbau Gesellschaft (FSG).
Für die Kapitalknappheit spricht auch, dass die Bundesregierung Ende Juli 62 Millionen Euro Fördermittel für die FSG widerrief. Das Geld war für den Bau von Flüssiggas (LNG)-Bunkerschiffen vorgesehen. „Leider wurde das mehrfach zugesicherte Eigenkapital zur Besicherung der Aufträge nicht zur Verfügung gestellt“, bedauerte damals der Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft, Dieter Janecek (Die Grünen).
Windhorst galt als unternehmerisches Vorbild
Windhorst galt als unternehmerisches Vorbild, weil er als Teenager im Computergeschäft Millionen verdiente. Später machte er Schlagzeilen als er Anteile am Fußballverein Hertha BSC Berlin kaufte. Neben den Werften hat er Ärger mit dem Ihme-Zentrum, einem Beton-Komplex aus Wohnungen, Geschäften und Büros in Hannover. Windhorst versprach 2019, den Koloss zu sanieren. Jetzt läuft ein Insolvenzverfahren zu der entsprechenden Tochterfirma, bei dem sich Windhorst im Juni einen Haftbefehl einhandelte, weil er Auskünfte verweigerte.
In Flensburg werde regelrecht Geld verbrannt, sagt Betriebsrat Brandt: „Es gibt Kollegen, die haben seit sechs Monaten nichts mehr gemacht.“ Lohn gäbe es trotzdem, wenn auch oft mit Verspätung. Dass die Arbeiter bei Nobiskrug in Rendsburg und FSG in Flensburg die Füße stillhalten müssen, ist aus Sicht des Betriebsrats umso unverständlicher als es reichlich Aufträge an Land zu ziehen gäbe.
Die Flensburger Werft könne bis zu einer Größe von 220 mal 32 Metern „fast alles bauen“, sagt Betriebsrat Peter Böker. Die Werft könne im Offshore-Geschäft nachgefragte Schiffstypen anbieten und sich auch an Konverterplattformen für Offshore-Windparks mitbauen. „Fähren, Spezialschiffbau, Marine, oft hochspezifische Lösungen für anspruchsvolle Kunden, haben wir alles gekonnt und würden wir auch wieder hinbekommen“, sagt Böker. Dafür sei ein Gesellschafter nötig, der das Vertrauen der Banken, der Politik und der Kunden gewinnen könne.
„Wir sind als Betriebsrat mit anderen Firmen vernetzt“, sagt sein Betriebsratskollege Brandt. „Es gibt Firmen, die würden gerne mit uns kooperieren.“ Aber man höre immer wieder: nicht mit Windhorst. Dass Windhorst sich verabschiede, sei „der einzig gangbare Weg“, sagt auch Betriebsrat Peter Böker. Dass dieser irgendwann die Wende schaffe, sei nach 20 Ankündigungen ohne Taten folgen zu lassen abwegig.
„Wir haben jetzt das große Problem, dass vermutlich auch niemand mehr bereit ist, einen Auftrag dort zu platzieren, weil das Vertrauen einfach weg ist“, sagte Minister Madsen. Das betreffe nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch die Politik.
Claus Ruhe Madsen, Wirtschaftsminister Schleswig-Holstein
Schleswig-Holsteins Grünen-Landtagsfraktionschef Lasse Petersdotter sprach laut Deutscher Presse-Agentur von einem Skandal, dass die Beschäftigten bei FSG und Nobiskrug erneut auf ihr Gehalt warten müssten. Windhorst komme seiner Verantwortung als Unternehmer mal wieder nicht nach. „Mit Windhorst an der Spitze haben die Werften keine Zukunft. Es ist dringend Zeit, dass der Weg für eine neue Zukunft frei gemacht wird.“
Betriebsrat Brandt warnt vor einem Braindrain, sollte sich die unsichere Situation noch lange hinziehen. 100 Mitarbeiter hätten die Schwesterwerften in den vergangenen zwölf Monaten verloren, sagt er. Die meisten hätten von sich aus gekündigt.
„Das sind Ingenieure, Planer, Schweißer – Fachkräfte in allerlei Bereichen, die man für den Schiffsbau braucht – und wer erst mal weg ist, kommt sicherlich so schnell nicht mehr wieder“, sagte Madsen dem NDR. Selbst wenn die Leute sehr gerne Schiffe bauten – eine Unsicherheit wolle man nicht haben.
Ein Sprecher der FSG-Nobiskrug Holding teilte auf Anfrage mit: „Derzeit gibt es keine öffentliche Stellungnahme.“
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