Sanktionen gegen israelische Minister: „Haben monatelang zur Gewalt aufgerufen“
Großbritannien und weitere Staaten verhängen Sanktionen gegen Finanzminister Smotrich und Sicherheitsminister Ben-Gvir. Ihnen wird Extremismus vorgeworfen.
Dies sei, so die Außenminister der beteiligten Staaten in einer gemeinsamen Erklärung, nicht akzeptabel. Das britische Außenministerium erklärte: Den beiden Ministern werde die Einreise verboten, ihre Vermögenswerte in Großbritannien eingefroren. Wie aus britischen Regierungskreisen weiter verlautete, verhängten auch Kanada und Australien Sanktionen gegen die beiden rechtsextremen Minister. Norwegen und Neuseeland untersagten den beiden demnach lediglich die Einreise.
Israels Außenminister Gideon Saar bezeichnete den Schritt als „skandalös“, Itamar Ben Gvir verurteilte die britische Entscheidung. Smotrich erklärte auf X: Er habe gerade an der Einweihung der neuen Siedlung Mitzpe Ziv in den Hügeln nahe der Stadt Hebron teilgenommen, als er von den britischen Sanktionen erfahren habe. „Großbritannien hat schon einmal versucht, uns davon abzuhalten, unser Heimatland zu besiedeln, und wir werden nicht zulassen, dass sie das wieder tun“, schrieb er.
„Diese beiden Individuen haben monatelang zur Gewalt aufgerufen, und zu ungeheuerlichen Verletzungen von Menschenrechten animiert“, so der britische Außenminister David Lammy. Man habe das zuvor privat und öffentlich gegenüber Israel angesprochen, ebenso die Vorgängerregierung. Lammy erklärte weiter: Seit Januar letzten Jahres bis April 2025 hätten extremistische Siedler:innen über 1.900 Angriffe auf palästinensische Zivilisten verübt. Das Vereinigte Königreich sei der Zwei-Staaten-Lösung und der Menschenrechte verpflichtet.
Lammy hatte in den letzten Wochen immer wieder erklärt, dass das Vereinigte Königreich vor weiteren Maßnahmen nicht zurückschrecken wolle. So verhängte London Sanktionen gegen Siedler im Westjordanland und setzte Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Israel aus. Damit reagierte die Labour-Regierung zunehmend auf Forderungen des linken Flügels der Partei, wie auch parteiloser Abgeordneter.
Nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 startete das israelische Militär eine Offensive in Gaza, 2024 folgte der Vorstoß gegen die Hisbollah im Libanon. Der Konflikt um die Region Palästina begann Anfang des 20. Jahrhunderts.
US-Außenminister Marco Rubio stellte sich hingegen schützend hinter Israel: Er verurteilte die Sanktionen und betonte, dass sie den „US-geführten Bemühungen, einen Waffenstillstand zu erreichen, alle Geiseln nach Hause zu bringen und den Krieg zu beenden“ nicht zuträglich seien. Er forderte zu einer Rücknahme der Sanktionen auf.

Smotrich will der Autonomiebehörde an den Kragen
Wie israelische und arabische Medien berichten, holt Smotrich nun zum Gegenschlag aus: Der Finanzminister hat sein Ministerium angewiesen, das sogenannte Korrespondenzbank-Abkommen aufzukündigen. Das erlaubt es israelischen Banken, mit palästinensischen Banken zu korrespondieren, seine Gültigkeit muss regelmäßig verlängert werden. Ohne das Abkommen riskieren die israelischen Banken juristische Konsequenzen für die Zusammenarbeit, etwa unter dem Vorwurf der Terrorfinanzierung.
Und da Israel für die palästinensische Autonomiebehörde Steuern und Zölle einzieht und diese Gelder dann transferiert, ist eine Zusammenarbeit von israelischen und palästinensischen Banken dringend notwendig, um die Palästinensische Autonomiebehörde am Laufen zu halten. In den palästinensischen Gebieten gibt es außerdem keine eigene Währung, Geschäfte werden meist in israelischen Schekel, teils auch in jordanischen Dinar abgewickelt.
Smotrich hatte bereits zuvor gedroht, das Abkommen nicht mehr weiter zu verlängern, etwa im vergangenen Sommer. Damals lenkte er aber ein: Denn Sicherheitskreise warnten, dass die palästinensische Wirtschaft so bargeldlastiger würde – wovon bewaffnete Gruppen profitierten, während die Palästinensische Autonomiebehörde weiter geschwächt würde.
Der palästinensische Botschafter in Deutschland, Laith Arafeh, erklärte dazu: Die israelische Regierung habe erneut deutlich gemacht, „dass das Ziel ihrer anhaltenden und eklatanten Verstöße gegen das Völkerrecht und bestehende Vereinbarungen – darunter die jüngste Entscheidung, die finanziellen Beziehungen zwischen palästinensischen und israelischen Banken zu kappen“ in der gezielten Zerschlagung der Palästinensischen Autonomiebehörde bestehe.
Das sei „Teil einer systematischen Politik, die darauf abzielt, die Besatzung zu festigen, die Grundlagen für den Aufbau eines palästinensischen Staates zu untergraben und die Möglichkeit eines gerechten und dauerhaften Friedens auszuschließen“. Er forderte die internationale Gemeinschaft, einschließlich Deutschlands, auf, „alle notwendigen und konkreten Maßnahmen zu ergreifen, um dieser eskalierenden Situation entgegenzutreten“.
Die Palästinensische Autonomiebehörde war an der gemeinsamen Entscheidung Großbritanniens, Kanadas, Australiens, Neuseelands und Norwegens zu den Sanktionen nicht beteiligt.
Hinweis: Wir haben diesen Text mit fortlaufendem Kenntnisstand aktualisiert.
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