Sächsisches Gericht und Propaganda: „Z“-Symbol bleibt straffrei
Eine Frau trug auf einem „Spaziergang“ das „Z“-Symbol und solidarisierte sich mit Russland. Nun hat das Amtsgericht Bautzen sie freigesprochen.
Denn genau so ist es gekommen, ausgerechnet noch in einem Verfahren, in dem der Szene-Anwalt Martin Kohlmann, einer der Anführer der rechtsextremen „Freien Sachsen“ als Verteidiger auftrat: Das Amtsgericht Bautzen lehnte jetzt in einem Beschluss (Aktenzeichen: 41 Ds 220 Js 10638/22) die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Die Angeschuldigte habe sich nicht strafbar gemacht, insbesondere nicht der Billigung von Straftaten laut Strafgesetzbuch.
Paragraf 140 des deutschen Strafgesetzbuches verbietet die „Belohnung und Billigung“ von Straftaten. Diese Vorschrift dient dem Schutz des öffentlichen Friedens und soll die Entstehung „eines Klimas verhindern, in dem gleichartige Untaten gedeihen können“.
Nach dem Völkerstrafgesetzbuch (Paragraf 13) ist ein Angriffskrieg als Straftat zu betrachten. In der polizeilichen Vernehmung hatte die Frau sogar erklärt, dass sie bewusst Russland unterstütze. Es handele sich nicht um einen Angriffskrieg, sagte sie, sondern um einen „Verteidigungskrieg gegen die Nato“. Und: „Da die Nato der eigentliche Angreifer und Verbrecher ist, sind Putins Aktionen völlig legitim.“
Vielleicht wollte sie nur Aufmerksamkeit?
Der Bautzener Amtsrichter Ralph Nimphius argumentiert, die „bloße Verwendung des Buchstabens Z auf Kleidungsstücken einer Person“ führe noch nicht zu einer Störung des öffentlichen Friedens. Wer sich mit Russland solidarisiere, billige nicht gleich den Angriffskrieg. Und: „Bei dem Z handelt es sich nicht um ein verbotenes Symbol.“ Es sei nicht zweifelsfrei belegt, dass „hier die Angeschuldigte das russische Kriegstreiben und die begangenen Verbrechen gutheißt“.
Besonders absurd erscheint eine Passage in der Begründung, in der das Amtsgericht feststellt, möglich sei auch, dass mit dem „Z“ nur provoziert werden solle, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Zeichen seien auch schon vorher „aus ihrem bisherigen Kontext gelöst und in einen neuen Kontext eingefügt“ worden, wie sich „zuletzt bei der Verwendung des gelben Davidsterns bei den Impfgegnern gezeigt“ habe. Dass die Justiz in vielen Bundesländern die „Ungeimpft“-Sterne wegen einer vermuteten Verharmlosung des Holocausts verfolgt, erwähnt Nimphius an dieser Stelle nicht.
An dieser Stelle setzt Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main, mit seiner Kritik an. Er sagt der taz: „Die Begründung des Amtsgerichts ist irritierend. Denn die Verwendung des gelben Davidsterns durch Querdenker und Rechtsextreme darf nicht legitimiert werden.“ Das Amtsgericht ignoriere die Tatsache, dass die Verwendung des Symbols im neuen Kontext „eine Verharmlosung der Shoah und eine Verhöhnung der Opfer bedeutet“.
„Freie Sachsen“ jubeln
Ursprünglich hatte die sächsische Polizei in dem Fall ein beschleunigtes Verfahren angestrebt, das Dezernat Staatsschutz ermittelte. Doch nicht einmal mit diesem Vorhaben konnte sie sich beim Amtsgericht Bautzen durchsetzen. Dort gilt als Pointe: „Die Demokratie lebt von der Meinungsvielfalt und dem freien Diskurs“, auch wenn dabei „sicher viel Unsinn, Dummheit und Provokation“ zu ertragen seien. „Das Strafrecht aber darf nicht missdeutet und missbraucht werden, Unliebsames und Unliebsame in die Schranken zu verweisen.“
Die rechtsextremen „Freien Sachsen“ jubilierten auf Telegram über den Bautzener Gerichtsbeschluss: Anwalt Kohlmann habe das Alphabet gerettet, die Bürgerin „vorbildlich“ gehandelt.
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