SPD-Parteitag: Nur Friedrich Merz kann die SPD noch retten
Dass es der SPD gelingt, das Wunder von 2021 zu wiederholen, ist unwahrscheinlich. Die Stimmung ist konservativer als damals – und Scholz angeschlagen.
O laf Scholz ist eisern überzeugt, dass die Sozialdemokraten den Trend noch umkehren werden. Wie 2021. Und es stimmt: Vor drei Jahren hat ein paar Wochen vor der Wahl fast niemand auf die Sozialdemokratie gewettet. Der Abstand zur Union schien zu groß. Die Leitmedien waren sich unisono sicher, dass Schwarz-Grün bald die Republik regieren würde. Es kam anders.
Kann das wieder so laufen? Oder ist Scholz' Parole nur die unvermeidliche Selbstermunterung, die jede Partei vor Wahlen braucht, um die Basis, die ja schwungvoll in den Wahlkampf ziehen soll, nicht vollends zu deprimieren?
Die SPD hat immerhin ein brauchbares Programm. 15 Euro Mindestlohn zu fordern, ist richtig, um die Inflation auszugleichen, die Niedrigverdiener härter als Reiche getroffen hat. Die Sozialdemokratie gibt aber nicht nur den Betriebsrat der Nation, sondern verknüpft damit recht austariert eine Wirtschaftspolitik, die per Steuerprämien gezielt Investitionen fördern will. Das ist zielgenauer als die pauschalen Steuersenkungen, die die Union verspricht. Die SPD will die Schuldenbremse reformieren, um die marode Infrastruktur in Schuss zu bringen.
Das ist alles richtig – und typisch sozialdemokratisch moderat gehalten. Die Gefahr, dass die SPD mit diesem Programm von konservativen Medien wirkungsvoll als verantwortungslose Umstürzler diffamiert werden kann, ist jedenfalls gering. Scholz, Verkörperung eines eher überzeugungsarmen Pragmatismus, wirkt sowieso wie imprägniert gegen solche Anwürfe.
Viele sind veränderungsmüde
Aber die Lage ist anders als 2021. Die gesellschaftliche Stimmung ist konservativer, grundskeptisch gegen Veränderungen und Fortschrittsideen. Viele sind nach Corona und [Link auf Beitrag 7448502]Inflation sowie angesichts der Wirtschaftskrise veränderungsmüde und sehnen sich eher nach einer rosafarben gemalten Vergangenheit als nach Reformen. Die SPD hat ein paar gute, vernünftige Ideen. Aber ihr fehlt – wie der Linken in Europa überall – eine funkensprühende Erzählung, die die trübsinnige Stimmung aufhellen könnte. Die Zeiten für linke Zukunftsszenarien waren schon mal besser.
Noch wichtiger ist: Vor drei Jahren war Scholz eine ziemlich perfekte Verkörperung des Versprechens, Merkel fortzusetzen, ohne die Mattheit der durch 16 Regierungsjahre schläfrig gewordenen Union mit kaufen zu müssen. Jetzt ist Scholz Kanzler einer extrem unbeliebten und mit viel Krach zerborstenen Koalition. Kurzum: Scholz' Strahlkraft ist geringer und die Stimmung insgesamt rechter als vor drei Jahren. Deshalb sind die Chancen der SPD, das Wunder von 2021 zu wiederholen, geringer.
Der Einzige, der die Sozialdemokratie retten kann, ist kein Genosse. Sondern Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union mit Neigung zu Unbeherrschtheiten. Wahrscheinlich kann nur ein impulsiver Fehltritt von Merz Scholz' Stärke, die abwägende Professionalität, zum Glänzen bringen. Die SPD ist von Fehlern ihrer Konkurrenz abhängig. Sie wird die Trendwende nicht aus eigener Kraft schaffen. Das ist keine komfortable Lage.
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