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Reinigung des Brandenburger TorsLasst das Tor doch farbig!

Uwe Rada
Kommentar von Uwe Rada

Im September hat die Letzte Generation das Brandenburger Tor mit Farbe beschmiert. Nun steht fest, was die Reinigung kosten würde. Aber muss das sein?

Beige, Rot und Orange harmonieren: Restfarbe auf dem Brandenburger Tor Foto: Uwe Rada

E s gibt Auftritte vor dem Brandenburger Tor, die mögen angenehmer sein. Als Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) und Berlins oberste Immobilienverwalterin Birgit Möhring am Montag vor die Kameras taten, ging es ums Geld. Voraussichtlich 115.000 Euro wird es kosten, das Tor nach den Farbattacken der Letzten Generation am 17. September zu reinigen.

Man habe nun in Zusammenarbeit mit Denkmalschutz und Restauratoren eine geeignete Methode gefunden, um das Brandenburger Tor von der restlichen Farbe befreien zu können, teilte Möhring, Chefin der BIM Berliner Immobilienmanagment GmbH mit. Dafür werde zunächst eine Paste auf die Sandsteinsäulen aufgetragen, die einwirkt und dann abgespült wird. „Gegebenenfalls muss dieser Vorgang mehrfach wiederholt werden“, sagte Möhring.

Sollten trotzdem Farbrückstände zurückbleiben, müssten weitere Maßnahmen überlegt werden. Einfach mit dem Sandstrahler kann die restliche Farbe nicht entfernt werden. Dafür ist der Sandstein zu porös.

Aber gerade dieses Poröse hat etwas Verlockendes. Wer dieser Tage das Glück hat, das restbunte Tor im Sonnenschein zu erleben, denkt unweigerlich an Indian Summer. Wunderbar harmoniert der beige Sandstein mit den mattroten und orangen Tönen der Farbattacke. Kein Stylist hätte diese Kombination besser hinbekommen. Torfarbe und Protestfarbe sitzen wie angegossen. Bestimmt werden Zitate davon auch bei der nächsten Fashion Week auf dem Laufsteg zu entdecken sein.

Dokumentation der Protestgeschichte

Warum muss das weg? Warum kann das nicht bleiben? Nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auch, weil es ein bisschen wie ein Mahnmal wirkt. Der Pariser Platz ist schließlich nicht nur der Ort, an dem Menschen Selfies schießen, hier finden auch zahlreiche Demonstrationen statt. Warum nicht mit der Farbe die Protestgeschichte dieses Ortes dokumentieren und den nachfolgenden Generationen in Erinnerung rufen?

Um nicht missverstanden zu werden. Ganz ohne soll die Letzte Generation nicht davonkommen. Evers und Möhring haben Recht, wenn sie die Gruppe für ihre Aktion zur Kasse bitten wollen. Aber das ließe sich ja auch anders buchen. Nicht als Reinigungskosten, sondern als Kulturförderung.

Wäre das nicht eine hübsche Pointe? Diejenigen, die sonst allerlei Kunstwerke beschmieren, stehen plötzlich als Mäzene da?

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Uwe Rada
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.
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25 Kommentare

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  • @LORD JIM

    Sagen Sie das den Trotteln, die darauf bestehen, mit SUVs durch die Innenstadt zu fahren.

    Die richten nämlich echten Schaden an.

  • @DIMA

    Braun ist das neue Bunt?

    Naja. De gustibus...

  • Offenbar sind bei der Sanierung der Säulen Dilettanten am Werk.



    Es gibt viele historische Gebäude, bei denen man sich versucht hat. Oft sind auch Experten gescheitert.

    Sandstein hat die Eigenschaft, porös zu sein. Das heißt Flüssigkeiten dringen in die Poren ein und lassen sich auch mit gutem Zureden nicht wieder hervorlocken.



    Bei Wasser sieht die Sache etwas anders aus. Das verdunstet schlicht, meist ohne größere Spuren zu hinterlassen.

    Möglicherweise muss man die Säulen komplett erneuern.

    Warum nicht so lassen? Weil nicht jeder Trottel hier im Land machen kann was er will!

  • Ich würde die Verursacher so lange schrubben lassen bis das Tor wieder sauber ist!!!

    • @Dirk Sommer:

      Glücklicherweise ist diese Straflager-Methode ja nicht im Gesetz vorgesehen....

      • @blutorange:

        Aber das Verursacherprinzip.

        Und nur darum geht es bei dem Kommentar von Dirk Sommer.

  • Weil LG Mist gebaut hat, muss man ja nicht so tun, als wäre das schön.

    Es gibt in Berlin definitiv mehr als genug Beschmierungen und Vermüllung.

    Auf Wahrzeichen hat das die Aussage:"Willkommen auf der Müllhalde Berlin."

    Der Haken ist, dass in solchen Lebensräumen auch die Menschen verwahrlosen.

    Wenn Kinder in einer verwahrlosten Wohnung aufwachsen, macht das was mit den Kindern.

    Deshalb sollte man schon um der Menschen willen das Tore reinigen.

    • @rero:

      Das Brandenburger Tor ist nur nicht wirklich ein Lebensraum. Niemand wohnt in der Gegend. Ihr Vergleich mit der verwahrlosten Wohnung hinkt also. Davon abgesehen gibt es in Berlin weit größere und wichtigere Aufgaben zu bewältigen als die Entfernung von Flecken an einem Denkmal. Z.B. die Bekämpfung echter Verwahrlosung in echten Wohngebieten und der Verdrängung von Menschen in die Verwahrlosung.

    • @rero:

      Nur Narrenhände beschmieren Wände!

  • Seit der "Erfindung der Kindheit" lassen bürgerliche Eltern ihren Kinder so einiges durchgehen: Etwa, dass sie in den biedermeierlichen Repräsentationsräumen die Tapeten beschmieren. Das lässt man tatsächlich erst mal so und sieht darin freudig einen Entwicklungsschub des Nachwuchses. Weggemacht wird das später im Zuge sonstiger Renovierungen, wenn die Kinder größer sind.



    Und zumindest Kinder werden alle einmal groß.

  • Meinetwegen sollen sie es bepinseln, womit und so oft sie wollen.



    Aber meine Weltzeituhr bleibt in Zukunft sauber! Damit das mal klar ist, LG! :)

  • "Ganz ohne soll die Letzte Generation nicht davonkommen."



    Soll sie nicht. Sie soll jeden Euro bezahlen und die gleiche Summe nochmals als Bußgeld.



    Das Brandburger Tor ist deutsche Geschichte, und nicht ein beliebiges Objekt einer völlig durchgeknallten, angeblichen Umwelttruppe.

  • Die "Sahe" hatnur leider einen kleinen Haken:

    Was machen wir mit den danach folgenden Farbattacken?

    Kunstwerke müssen ja auch erhalten werden.

    Und:



    Ein Kunstwerk ist dieses Ding ja auch vorher schon gewesen......

    • @Friderike Graebert:

      Dann wird die AfD das Tor blau färben, um gegen Flüchtlinge zu protestieren? Oder Hamas-Fans grün-schwarz, um gegen die Haltung der Deutschen Bundesregierung zu Israel zu protestieren?



      Da hilft nur hart durchgreifen, viel mehr Bekannte der vor Ort ausführenden Täter als Mittäter und Mitglieder einer gemeinsamen GbR mit zu Kasse bitten.

      • @Christoph Strebel:

        das ist doch genau das was ich ausdrücken wollte.

  • Also. Ich mag ja Berlin. Das Brandenburger Tor, naja. Ein Schmuckstück ist's nicht gerade.

    In bunt gefällt es mir entschieden besser.

    • @tomás zerolo:

      Ich bin gespannt, ob Sie bei dieser Einschätzung bleiben, wenn und soweit irgendelche Rechtsradikale das Tor braun einfärben.

  • Der Autor wählt den falschen Ansatz. Die Demokratie sollte sich nicht erpressen lassen.

    Daher sollte bereits jetzt klar gestellt werden, dass die Säulen notfalls ausgetauscht und neu errichtet werden. Das kostet dann zwar etwas mehr und setzt sicherlich die eine oder andere Diskusssion mit der Denkmalschutzbehörde voraus, ist im Ergebnis jodoch vollkommen unbeachtlich.

    • @DiMa:

      Wenn das ein probates Mittel ist, um einen Austausch und etwas Neues hinzubekommen, male ich gerne Bundespolitiker:innen bunte Nasen. ;O)

      Wo, um alles in der Welt, soll denn hier "die Demokratie" erpresst werden?

      • @HanM:

        "Wo, um alles in der Welt, soll denn hier "die Demokratie" erpresst werden?"

        Die Aktivisten begehen Straftaten, damit Abgeordnete ihre Forderungen umsetzen. Liegt doch auf der Hand.

        • @DiMa:

          "Die Aktivisten begehen Straftaten, damit Abgeordnete ihre Forderungen umsetzen."



          So etwas nennt man Erpressung. Soll die Politik sich ernsthaft erpressen lassen?

    • @DiMa:

      Und damit das nie wieder vorkommt, bauen wir eine Mauer um das Ding... ach nee, Moment...

      • @Der dreckich Katz:

        Nein, wir machen einfach jedem klar, dass falls das nochmal vorkommt, die Säulen wieder gereinigt oder ggf. ersetzt werden. Whatever it takes.

  • Sachbeschädigung ist es nun mal und der Schuldige muss für den Schaden aufkommen. Wird zwar in diesem Fall nicht ganz billig, aber die letzte Generation wird es doch schaffen die erforderlichen Spenden zu generieren.



    Der Sache nützen solche pubertären Aktionen nicht.

  • Warum muss das weg? Warum kann das nicht bleiben …

    Gute Idee: Warum soll nicht jede Gruppe mit einem wichtigen Anliegen öffentliche Gebäude nach ihrem Geschmack einfärben. Das ist dann gelebte Demokratie. Die „Dokumentation der Protestgeschichte“ kann dann an den einzelnen Farbschichten nachvollzogen werden.



    In den Berliner U-Bahnhöfen lässt sich das schon in Ansätzen beobachten.