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Reform der katholischen KircheVeto aus Rom

Trotz Absage aus Rom gibt sich der Synodale Weg kämpferisch. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz kritisiert die Kommunikation des Papstes.

Franziskus: „Wenn die Ideologie an Kirchenprozessen beteiligt ist, geht der Heilige Geist nach Hause“ Foto: Domenico Stinellis/dpa

Berlin taz | „Der Synodale Ausschuss kommt“, sagt Thomas Söding, Vizepräsident des Synodalen Wegs. Eine Mehrheit der katholischen Ent­schei­dungs­trä­ge­r*in­nen in Deutschland gibt sich in den vergangenen Tagen kämpferisch. Denn ihre mühsame Reformbewegung erhält Gegenwind von oberster Stelle.

Die kirchlichen Entscheidungsträger aus Rom haben sich Anfang der Woche gegen ein Kernelement der in Deutschland angestrebten Reformen ausgesprochen: Die Einrichtung eines Synodalen Rats. Dieser sollte nach der fünften und letzten Synodalversammlung im März 2023 durch einen Synodalen Ausschuss vorbereitet und ein permanentes Leitungsgremium werden, in dem Kle­ri­ke­r*in­nen und Lai*­in­nen gemeinsam entscheiden.

Am 16. Januar jedoch erhielt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, ein Schreiben aus Rom. In diesem formulierten ranghohe Vatikanvertreter, „dass weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz die Kompetenz haben, den Synodalen Rat auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten“.

Zuvor hatten konservative deutsche Bischöfe, darunter der umstrittene Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sowie die Bischöfe von Eichstätt, Augsburg, Passau und Regensburg, einen Brief nach Rom geschrieben. Darin lehnten sie die Bemühungen des Synodalen Wegs ab und fragten an, ob sie bei den Vorbereitungen für den Synodalen Rat mitmachen müssten.

Rom sieht Gefahr von „Ideologie“

Es ist nicht das erste Mal, dass der Vatikan sich kritisch und ablehnend über die katholische Reformbewegung des Synodalen Wegs in Deutschland äußert. So erklärte Papst Franziskus im Sommer 2022, es gebe bereits eine „gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei davon.“ Erst vergangene Woche warnte er in einem Interview, der Synodale Weg werde „von der Elite geleitet“ und an dem Prozess seien nicht „alle Menschen Gottes“ beteiligt.

Das deutsche Verfahren sei in seinen Augen weder hilfreich noch seriös. „Wenn die Ideologie an Kirchenprozessen beteiligt ist, geht der Heilige Geist nach Hause“, so Franziskus. Im gleichen Gespräch erneuerte der Papst seine Aussage, dass Homosexualität „kein Verbrechen“ sei, sehr wohl aber eine Sünde.

Neben rasant sinkenden Mitgliederzahlen und Gutachten zu sexualisierter Gewalt in der Kirche sind es auch Diskussionen über die katholische Sexualmoral, die der Reformbewegung Auftrieb gegeben haben. Gerade erst wurde etwa die Initiative OutinChurch ein Jahr alt, in der sich inzwischen mehr als 500 Menschen als katholisch und queer outeten.

Anstoß gab die MHG-Studie

Die Mehrheit der Deutschen Bischofskonferenz trägt den Synodalen Weg mit. Das Gesprächsformat zwischen katholischen Ent­schei­dungs­trä­ge­r*in­nen und Kirchenmitgliedern wurde 2018 beschlossen, um die Veröffentlichung der sogenannten MHG-Studie (steht für „Mannheim, Heidelberg, Gießen“) aufzuarbeiten. Diese legte das Ausmaß der sexualisierten Gewalt innerhalb der Kirche offen.

Den reformbewegten Ka­tho­li­k*in­nen geht es darum, Macht und Gewaltenteilung in der Kirche zu hinterfragen, die heutige priesterliche Existenz und die katholische Sexualmoral zu diskutieren sowie Frauen in kirchlichen Diensten und Ämtern zu stärken. Im Fokus des Prozesses steht die Mitbestimmung von Lai*­in­nen in der katholischen Kirche. Allerdings haben Beschlüsse der Synodalversammlung keine Rechtswirkung.

In der Welt kritisierte Bätzing die Form, in welcher die Kritik aus Rom an die deutsche Reformbewegung herangetragen wurde: „Diese Art, Kirchenführung durch Interviews wahrzunehmen, halte ich für äußerst fragwürdig.“ Bei einem Besuch der Bischöfe in Rom im vergangenen November wäre seiner Meinung nach Gelegenheit für einen Austausch gewesen. Diese habe Papst Franziskus nicht genutzt. Er selbst habe auch keinen direkten Gesprächskanal zum Papst, so Bätzing.

Der Bischof wehrte sich in einer Stellungnahme gegen das Veto aus Rom. Der Synodale Rat werde sich „innerhalb des geltenden Kirchenrechts bewegen“, für den Vatikan gebe es keinen Grund zur Sorge: „Der Heilige Stuhl sieht die Gefahr einer Schwächung des bischöflichen Amtes – ich erlebe synodale Beratung geradezu als eine Stärkung dieses Amtes“, so Bätzing. Das Präsidium des Synodalen Weges wolle zeitnah die im Brief ebenfalls ausgesprochene Einladung nach Rom annehmen, um über den deutschen Reformprozess zu sprechen.

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17 Kommentare

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  • Ein so mächtig aufgestelltes Gremium kann dem Bischof doch Vorschriften machen. Selbst wenn die Funktionäre des Synodalen Weg noch so sehr beteuern, ihn zu respektieren.



    Es geht in Rom um Jesus Christus und nicht um den Zeitgeist oder Relativismus. Zeitgeist und Heiliger Geist sind zwei verschiedene Wesenheiten.

    • @Christoph Strebel:

      Ja, das Klagen über den Zeitgeist und das Beschwören des Auftrags Jesu sind beliebte Totschlagargumente. Sie unterstellen den weltlichen ethischen Standards Beliebigkeit und der kirchlichen Lehre Beständigkeit. Beide Unterstellungen sind ahistorisch. Sie verkennen die gemeinsame Geschichte von Kirche und Welt. Die damit verbundenen Totschlagargumente sind zudem inhaltsleer. Sie geben keine Antworten auf Fragen, die heutige Menschen bewegen. Stattdessen wälzen sie pauschal den Widerspruch zwischen Lehre und Lebenswelt auf die Gläubigen ab.



      Das ist viel zu wenig. Unsere Ansprüche an das, was als Wahrheit gelten will, sind nun mal gestiegen.

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Nichts verwundert am Ablau des Geschehens.



    Fast nichts.



    Dass die reaktionären und erzreaktionären "Kirchenfürsten" aus Bayern im Verbund mit dem ebenso notorisch reaktionären wie umstrittenen Herrn Woelki (über den der "Heilige Vater" Franz noch immer schützend alle verfügbaren Hände hält und halten lässt) gegen auch die allerkleinste Beteiligung von Laien und den allerkleinsten eigenen Machtverzicht intrigieren - nichts Neues.



    Dass Papa Franz und die ebenso reaktionäre Vatikan-Kurie dabei gern unterstützend mitmacht - nichts Neues.



    Dass der Heilige Geist angesichts des synodalen Weges die Koffer packt -falsch.



    Der hat - so es ihn denn "gibt" - spätestens vor der katholischen Kurie Reißaus genommen, als der Heilige Papa Wojtyla den Anwalt der Armen Leonardo Boff, der aud dem Flughafengelände vor ihm kniete, ebenso arrogant wie autoritär abkanzelte.



    Und neu ist (deshaln das "fast" im zweiten Satz), dass der Vorsitzende der deutschen Bischfskonferenz (aktuell Herr Bätzig) den Mut hat, dem Papst zu sagen: Als wir bei euch waren, hast du die Diskussion sabotiert, hast dich verdrückt. Jetzt lässt du deine Vatikan-Bürokraten in einem Brief widersprechen.



    Und machst selbst (Kirchen)Politik via Presse-Interview. Egal. Wir machen weiter. Auch wenn dir und ein paar bayerischen Reaktionären das nicht passt.

  • Da stimme ich ausnahmsweise mal mit dem Papst überein, wenn er sagt es gebe bereits eine „gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei davon.“ Es gibt doch Alternativen zur katholischen Kirche. Wenn man unbedingt Christ sein will, aber die katholische Kirche einem nicht passt, findet man doch leicht was anderes. Je weniger sich die katholische Kirche reformiert, desto kürzer wird sie existieren.

    • @Peter Mueller:

      „eine gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei davon.“



      Ja, der Satz ist beachtlich. Begründet er doch letztlich die Einzigartigkeit der katholischen Konfession mit ihrem Ausschluss von Frauen von geistlichen Ämtern sowie ihrer Dämonisierung von queeren Menschen. Katholische Theologie? Offenbar nicht der Rede wert. Na, er muss es ja wissen.

  • Irgendwann kommt ein Punkt, an dem man erkennt, dass diese römisch katholische Kirche von hunderten Jahren stehen geblieben ist und man selbst nicht mehr Willens ist diese Kirche mit seiner Kirchensteuer zu finanzieren.



    Dieser Punkt kam bei mir schon vor Jahrzehnten und seither hat sich rein gar nichts an der Kirche geändert.

  • 6G
    666757 (Profil gelöscht)

    „Sehet katholische Sexualmoral, und der Papst samt Wölki und Co. können bleiben wo der Pfeffer wächst“. (Zitat aus meinem Tagebuch ;-))

  • Verbappter Haufen - bin froh dass ich draußen bin und die von mir keine Kohle mehr kriegen.

    • @dator:

      Wer bekommt die Kohle nun gespendet?

      • 6G
        666757 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Ganz einfach!



        Die geht angesichts politischer Krisen jetzt ins eigene Portemonnaie!

        Als ob der Vatikan noch Spenden bräuchte…;-)

        • @666757 (Profil gelöscht):

          Das hab ich mir gedacht. Es verhungert ja auch niemand mehr auf der Welt.

          • @Rudolf Fissner:

            Als ob das ausgerechnet die Kirche bekämpfen würde........

          • 6G
            666757 (Profil gelöscht)
            @Rudolf Fissner:

            Da kann der Vatikan sich mal drum kümmern…

          • 6G
            666757 (Profil gelöscht)
            @Rudolf Fissner:

            Dann spenden Sie doch!

          • @Rudolf Fissner:

            Dieses Argument in Bezug auf die Kirche ist ein Witz.



            Die r.k. Kirche hat genug Eigentum, damit kein Mensch mehr auf der Welt hungern müsste.



            Und was macht die Kirche? Sie predigt "seid fruchtbar und mehret euch", welch ein Hohn. Und ruft uns zu Spenden auf, sitzt aber selbst auf hunderten Milliarden Eigentum.



            Und dann sind da ja noch die kirchlichen "sozialen" Einrichtungen, z.B. Kindergärten, Krankenhäuser. Diese werden zu 90% vom Staat bezahlt und teilweise verdient die Kirche sogar noch, weil sie sich die Odernsschwestern vom Staat viel teurer bezahlen lässt, als die ihnen gibt. (Link erforderlich oder selbst googeln?)



            Nein, diese Kirche sollte man nicht mehr sponsern.



            O.K. vom Ersparten was anderes gutes tun, macht Sinn, ist aber jedes einzelne Sache, und keiner muss sich rechtfertigen, wenn er das Geld selbst braucht.

            • @Rudi Hamm:

              Das ist kein Argument in Bezug auf Kirchen, dass ist ein Argument gegen "jetzt ins eigene Portemonnaie!", gegen Egoisten. Mir ist es wurst wo Menschen sich engagieren, hauptsache sie bekommen ihren Allerwertesten hoch.

              • @Rudolf Fissner:

                Es hat sich aber sehr so gelesen, als ob es sich auf den Beitrag mit Kirchensteuer bezog. Und nur in diesem Kontext fand ich deine Antwort falsch.



                Sich sozial engagieren sollte jeder und geht auch unabhängig des Einkommens. Z.B. in einem Verein die Jugendarbeit unterstützen. Und wer genug Einkommen hat sollte auch eine Organisation seiner Wahl unterstützen.



                Wobei gezieltes Einkaufen (z.B. fairtrade, kein 4€ T-Shirt,..) oft genau so hilfreich sein kann wie spenden.