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Rede an die NationPutins übliche Verdrehungen

In seiner Rede an die Nation droht der russische Präsident dem Westen mit einem Atomkrieg. Seinem Land verspricht der Kremlchef eine rosige Zukunft.

Putin bei seiner Ansprache Foto: Gavriil Grigorov/Sputnik/reuters

Moskau taz | Er tut es wieder: Wladimir Putin droht, diesmal mit Atomwaffen. „Alles, was sie sich derzeit einfallen lassen, womit sie die Welt erschrecken, schafft die reale Gefahr eines Konflikts mit dem Einsatz von Atomwaffen, was die Zerstörung der Zivilisation bedeutet“, sagt der russische Präsident am Donnerstag in seiner Rede zur Lage der Nation in Moskau. Der Kremlchef antwortet damit auf die jüngst von Frankreichs Präsident Macron losgetretene Debatte über den möglichen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine, die von Kanzler Scholz rasch abmoderiert wurde.

Mehr als 1.000 Ver­tre­te­r*in­nen aus den beiden Parlamentskammern, Jugendorganisationen, auch Teil­neh­me­r*in­nen an Russlands „militärischer Spezialoperation“, wie der Krieg gegen die Ukraine hier offiziell genannt wird, haben sich in der Ausstellungshalle Gostiny Dwor versammelt und klatschen nach solchen Sätzen, fast schon in Sowjetmanier, ihrem Präsidenten zu. Mehr als zwei Stunden lang malt dieser ihnen in teils markigen Worten das Bild eines blühenden Russlands der Zukunft aus. Eines Landes, das unter dem Atomschild immer mehr Kinder zeuge, so seine Vorstellung, die – vom Militär aufgeklärt – für ein „starkes, souveränes Russland“ voller „Selbstständigkeit und Selbstgenügsamkeit“ sorgen sollten.

Putin will Zuversicht verbreiten, in einer Zeit, in der selbst die von ihm für seinen Kriegskurs als unterstützend gelobte Mehrheit im Land kaum Zuversicht spürt. Die russische Mehrheit unterstütze zwar, wie Putin sagt, die „Spezialoperation“, doch sie ist ermüdet von den Entbehrungen, die diese mit sich bringt, und wendet sich in ihrer Gleichgültigkeit von der Realität ab.

Wahlkampfmodus ohne Kampf

Es ist eine zweigeteilte Rede, die der Kreml im Vorfeld bereits eine Wahlkampfrede nannte. In zwei Wochen lässt sich Putin zum fünften Mal als Präsident bestätigen, deshalb sein „bis 2030“, das er ein Dutzend Mal vorträgt. Bis dahin werde Russland die Armut gesenkt und neue Kindergärten, Schulen sowie Sportkomplexe gebaut haben, in „vaterländischen Fabriken“ alles produzieren, was das Land brauche, in der Wissenschaft „vaterländische Infrastruktur“ aufgebaut haben. „Wir werden uns in überholendem Tempo entwickeln“, sagt Putin großspurig. Woher die Ressourcen für all die Fabriken, Dorfklubs und Co. kommen sollen, sagt er nicht. Wie er auch nicht erklärt, wie das Land zu mehr Kindern kommen will, während die Männer an der Front umkommen.

Zunächst einmal aber teilt er, wie gewohnt, gegen den Westen aus: Dieser versuche, „uns in ein Wettrüsten hineinzuziehen“, sagt er, bezeichnet diesen und allen voran die USA als „verlogen“. Worüber sie reden, sei unverständlich. „Sie haben wohl vergessen, was ein Krieg ist. Wir aber sind durch solche Herausforderungen hindurchgegangen. Sie scheinen das alles für Zeichentrickfilme zu halten.“

Russland, dieses „zuversichtlich in die Zukunft blickende Land“, wähle das Leben, sei barmherzig und solidarisch. Es sind die üblichen Verdrehungsfloskeln eines Mannes, der alles dem militärischen Kampf unterordnet – und damit der Vernichtung der Ukraine. „Soviel, wie die Front braucht“, sagt er einmal. Es werde „alles für den Sieg“ getan: Die Rüstungsbetriebe arbeiteten in drei Schichten, die Bildungsarbeit entwickele sich in „dieser Richtung“. „Jeder muss in den Sieg investieren. Wir sind eine kolossale, alles besiegende Kraft, zusammen verteidigen wir die Freiheit“ ist seine Losung für den aufgezwungenen Zusammenhalt.

Putin wähnt sich im Wahlkampfmodus, auch wenn er gar nicht kämpfen muss. Kein oppositioneller Kandidat ist zugelassen am 17. März. Der Jubel muss aber her. Deshalb verteilt er bereits im Vorfeld Wahlgeschenke, erläutert sein „Nationalprojekt: Familie“, spricht von Steuererleichterungen für jene mit mehreren Kindern, erhöht das sogenannte „Mutterkapital“, Geld, das Frauen für die Geburt ihrer Kinder vom Staat erhalten. „Wir sind eine große Familie, ich glaube an unsere Siege, an unsere Zukunft“, sagt er vor sechs russischen Flaggen. Die Hymne ertönt.

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16 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die größte Gefahr geht für Russland von einem Wegfall der Erdölkunden aus, wenn diese zu erneuerbaren Energien wechseln oder von einem Preisverfall auf dem Ölmarkt.

    Öl ist das Schmiermittel seiner Kriegswirtschaft. Fallen die Gelder dafür weg aus dem Öl- und Gasverkauf, dann bricht das System zusammen.

    • @Rudolf Fissner:

      Deswegen ist die EU ein viel größerer Feind als die NATO wenn die EU wirklich schafft von Öl wegzukommen und andere Länder dabei unterstützt wird Russland vollends zu einer großen Version von Nordkorea.

  • Die eigentliche Sackgasse ist überbordender Technologie-Missbrauch, aus dem Krieg zwangsläufig hervorgeht.

  • Und der Kanzler hat doch Recht!

    Putin hat sich in eine Sackgasse manövriert. Per Blitzkrieg in der Ukraine eine Marionette Regierung zu installieren, schlug fehl. Mag er die eine und andere Stadt erobert, als großen Sieg feiern, per se verbluted seine Truppe an den technisch überlegenen Waffen des Westens.



    Wie sehr die Nerven des Diktators blank liegen, zeigt die unverholene Drohung mit Atomwaffen, die peinlich ja schon erbärmlichen Drohungen und Kontrollen zur Beerdigung seines von ihm schleichend gemeuchelten

    • @Thomas Rausch:

      Interessiert wird, wie der Westen reagiert, wenn Putin weiterhin in NATO Lufträume einfliegen lässt, um zu schauen, wie der Westen denn nun reagiert. Wenn da mal jemand die Nerven verliert, geht es richtig los

  • Das Gelaber vom Einsatz von Atomwaffen ist krankhafte Wichtigtuerei eines Landes, was abgesehen von nuklearen Waffen so bedeutungslos ist ein ein kleiner Ort in der Wüste.



    Wenn wir uns dadurch einschüchtern lassen ist uns nicht zu helfen. Wir müssen die roten Linien ziehen und uns schützen, in und mit der Ukraine ubd mächtigen Waffen . Machen wir das nicht, haben wir alle bald einen russischen Pass. Ob das besser ist als eine Auseinandersetzung, auch mit der nuklearen Gefahr, wage ich zu vezweifeln.

  • Wenn es nicht so schlimm wäre, könnte man über diese Witzfigur und einer Karikatur von Land einfach nur lachen oder den Kopf schütteln.



    „Obervolta mit Atomwaffen“.



    Ein hochgerüstetes Schwellenland mit einem großen Atomwaffenarsenal.

    So oft wie der Vogel schon mit seinen A-Waffen gedroht hat. Bereits am Tag 1 des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.



    Ein kleiner armer Wicht mit Konplexen.

    • @DocSnyder:

      Nur hat der arme kleine Wicht mit Komplexen eben tatsächlich die Möglichkeit, Atomwaffen zu benutzen. Das sollte man - bei aller Notwendigkeit, ihn schon aus Eigeninteresse in die Schranken zu weisen - eben nicht außer Acht lassen.

  • Wenn der Irre mit Atomkrieg droht...

    ...helfen dann alle diejenigen aktiv bei der Vorbereitung zum Dritten Weltkrieg mit, die jetzt die Rüstungsindustrie stärken und mehr / bessere / weitere Waffen verteilen wollen?

    Ich denke, das ist ein Irrweg. Waffen haben noch nie den Leuten geholfen.

    • @realnessuno:

      Waffen sind ein Werkzeug, werden sie genutzt die Horden der Tyrannen und Diktatoren zu vernichten sind sie gut werden sie zur Unterdrückung genutzt sind sie schlecht. Europa hat seit 1990 abgerüstet es hat Russland nicht davon abgehalten die Ukraine mit Krieg zu überziehen. Schwäche zieht Diktatoren an und Europa ist schwach.

    • @realnessuno:

      -nur mal so, als (nach) Denkhilfe:

      An Waffensystemen erhielt die Sowjetunion ab 1942 NUR von den USA u.a. :

      14.795 Flugzeuge



      7.056 Panzer



      8.218 Flakgeschütze



      131.633 Maschinengewehre



      105 U-Boot-Jäger



      197 Torpedoboote



      15.417 Millionen Paar Stiefel



      77.900 Geländewagen Willys MB („Jeep“)



      151.000 leichte Transportfahrzeuge



      200.000 Studebaker US6-Lastkraftwagen



      1,5 Millionen Kilometer Telefonkabel



      35.000 Funkstationen



      380.000 Feldtelefone



      30% aller Reifen



      56% aller Schienen



      1/3 aller Sprengstoffe

    • @realnessuno:

      Da dürfte man ihnen im Warschauer Ghetto wohl widersprochen haben.

      Aber seis drum, es ist doch wohl offenkundig, dass Putin auch drohen würde, wenn keine Waffen geliefert würden (vorausgesetzt, es gäbe dann noch eine Ukraine und Russlands Krieg wäre nicht bereits zugunsten der Angreifer beendet). Welchen Grund er da vorschiebt mag sich dann ändern, aber an den Drohungen selbst würde sich nix ändern.

    • @realnessuno:

      Welche Lösung haben Sie parat für einen Diktator wie Putin, der Schwäche und Diplomatie als weiteren Ansporn sieht nach mehr zu gieren?

  • Wer wird diesen gefährlichen Megalomanen mal ausknipsen?



    Und wer oder was folgt dann?

  • Der übliche und bekannte Propagandamist aus Moskau! Trotzdem sollte man die nuklearen Drohungen nicht auf die leichten Schulter nehmen.



    Das "Problem", wie ja teilweise auch schon in russischen Talkshows angemerkt wurde ist, dass die Drohungen in weiten Teilen des Westens nicht mehr Ernst genommen werden, weshalb ja teilweise oberirdische Test gefordert werden (diese sind jedoch durch LTBT untersagt).



    Die bisherige Politik der westlichen Spitzenpolitiker gibt zum Glück kaum Anlass zu befürchten, dass Russland aus seinen Drohungen Ernst machen wird.