Prozess gegen Ordensschwester: Christlich handeln
In Würzburg steht eine Ordensschwester vor Gericht, weil sie Flüchtlinge versteckte. Deutschland lehnte den Asylantrag der beiden Nigerianerinnen ab.
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O bdachlosigkeit und Vergewaltigung trieben die beiden nigerianischen Frauen Mitte 20 auf die schwierige Flucht nach Europa. Doch in der Staatenunion, von der sie sich ein besseres Leben versprachen, wartete nur noch mehr Gewalt. In Italien wurden sie unter brutalen Umständen zur Prostitution gezwungen. Sie schlugen sich durch nach Deutschland, wo ihre Asylanträge abgelehnt wurden.
„Ich war hungrig, ihr gabt mir zu essen; ich war durstig, ihr gabt mir Wasser; ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, ihr habt mich gekleidet; ich war krank, ihr habt mich gepflegt; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen. … alles, was ihr für eines meiner geringsten Geschwister getan habt, habt ihr für mich getan.“
Geht es nach diesen Worten Jesu, hat Schwester Juliana Seelmann alles richtig gemacht, als sie die beiden jungen Frauen aus Nigeria in ihrem fränkischen Kloster aufnahm. Doch die Staatsanwaltschaft in Unterfranken sieht das anders. Am Mittwoch steht die 38-jährige Franziskanerin in Würzburg vor Gericht. Der Vorwurf: „Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt“.
Dabei hatte sich Seelmann an die strengen Regeln gehalten, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 2015 mit der evangelischen und katholischen Kirche in Bezug auf das Kirchenasyl aushandelte. Seelmanns Ziel: die erneute Überprüfung dieser Härtefälle, in denen eine Abschiebung ins Ankunftsland nach dem Dublin-Abkommen unzumutbar gewesen wäre. „Ich konnte nicht anders“, sagte Seelmann kürzlich dem Bayerischen Rundfunk.
In keinem anderen Bundesland werden Kirchenasyl-Fälle so restriktiv verfolgt wie in Bayern. In den letzten Monaten mussten sich auch der evangelische Pfarrer Ulrich Gampert, die Benediktinerschwester Mechthild Thürmer und der Mönch Abraham Sauer deswegen vor Gericht verantworten. Diese frommen Menschen gehen in Konflikt mit dem Gesetz, um in Einzelfällen zu helfen. Sie weisen mit ihrer Konsequenz aber auch auf den andauernden Widerspruch zwischen Werten und Wirklichkeit hin – in Bayern und Europa.
Denn was ist eine Religion wert, die nach wie vor als Identitätsmarker herhalten muss, aber in ihrer universalistischen Ethik nicht praktisch wird und werden darf? Letztlich können auch couragierte Ausnahmemenschen wie Juliana Seelmann diesen Widerspruch nicht auflösen.
Die Bayer*innen und Europäer*innen müssen Mehrheiten aktivieren und damit Regierungen wählen, die tatsächlich für die Menschenrechte eintreten und das C nicht bloß im Namen tragen. Ob in Franken, Italien oder in Nigeria: „Jede*r hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“ Das Recht auf Asyl für bedrohte Menschen gehört auch dazu.
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