Proteste gegen die IAA: Ein wankender Gigant

Die Proteste gegen die Automesse in München haben Wellen geschlagen. Es zeigte sich: das Auto ist umkämpft.

Polizisten umstellen unterhalb der Bavaria einen Zug mit Protestteilnehmern, die gegen die Automesse IAA-Mobility zu demonstrieren wollen.

Provokanter Polizeieinsatz gegen IAA-Protest Foto: dpa/Peter Kneffel

In München sind bei der IAA zwei Welten aufeinander geprallt: hier die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen, dort Polizei und Automobilindustrie. Die Münchner Polizei warnte schon vorab vor „Krawallmachern und Randalierern“ und wollte mit dem größten Polizeieinsatz seit 20 Jahren jeden Protest im Keim ersticken.

Dabei schreckte sie weder vor Angriffen auf Pres­se­ver­tre­te­r*in­nen zurück noch davor, Menschen unverhältnismäßig lang festzuhalten und Hostelzimmer und Mes­se­be­su­che­r*in­nen zu durchsuchen. Es war ein überzogener, paranoid-aggressiver Polizeieinsatz.

Es geht ja um einen Kulturkampf um das größte Heiligtum der Deutschen: das Auto. Der Kampf um die Verkehrswende ist ein schmerzhafter Prozess, der noch am Anfang steht. Für die eine Seite der Front steht die IAA für eine milliardenschwer subventionierte Industrie, die bis heute von der Bundesregierung hofiert wird und entmachtet gehört. „Die Verkehrswende kann nur gegen die Autoindustrie gelingen, nicht mit ihr“, erklärte das Bündnis „Sand im Getriebe“. Au­to­geg­ne­r*in­nen skandierten in den Straßen: „Ganz München hasst die IAA!“

Doch so ist es nicht. Denn auf der anderen Seite steht eine Gesellschaftsschicht, die in Abendgarderobe in die Freiluft-Ausstellungsflächen der Messe strömte. Ihnen gefallen die aufwändigen Bühnen, die Mercedes, BMW und Co. in die Münchener Altstadt platzierten und damit große Teile des öffentlichen Raums für Werbezwecke vereinnahmten.

Waren die Proteste gegen die von der Polizei geschützte IAA ein Erfolg? Zum Teil. Die Ak­ti­vis­t*in­nen konnten den Diskurs zwar massiv zu ihren Gunsten beeinflussen. Schlagzeilen wie „Tausende bei IAA-Demo, Polizei setzt Pfefferspray ein“ und „Schlagstöcke gegen Autogegner“ dominierten die Medienberichte.

Angesichts der Tatsache, dass sie wenige waren und München für Protest ein Alptraum ist, haben sie viel erreicht. Die Autoindustrie ist ein angeschlagener Gigant. Doch die Eingänge der Messe zu blockieren wie 2019 in Frankfurt, haben die Ak­ti­vis­t*in­nen nicht mal versucht. Sie hätten wohl keine Chance gehabt.

Gravierende gesellschaftliche Veränderungen, wie sie die Klimakatastrophe verlangt, erfordern einen gesamtgesellschaftlichen Dialog. Die Kli­mabewegung hat längst angefangen, diesen Prozess einzuleiten: auf juristischem Weg, über Bildungs- und Vernetzungsarbeit, auf dem Weg einiger Fridays-Vertreter*innen ins Parlament, durch Besetzungen und Konfrontation auf Autobahnen und Straßen. Eine Automesse ist indes kein geeigneter Ort, um über die Zukunft der Mobilität zu verhandeln.

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Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.

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