Proteste gegen AfD-Parteitag: Friedlich wirkt besser
Es ist ein Erfolg, dass die meisten über die Zehntausende sprechen werden, die demonstriert haben. Und nicht über die Inhalte des AfD-Parteitags.

D ie Proteste gegen den Bundesparteitag der extrem rechten AfD in Essen waren stark, sie setzten ein Zeichen. Etwa 50.000 Menschen haben am Samstag friedlich gegen den Parteitag demonstriert. Der Protest reiht sich ein in viele erfolgreiche Aktionen gegen die AfD seit Beginn des Jahres. Weitere 7.000 machten mit zivilem Ungehorsam auf sich aufmerksam. In diesem Fall haben sich die Mitglieder des Bündnisses „Widersetzen“ dazu entschieden, die Zufahrtswege der Abgeordneten zu blockieren. Ein legitimes Mittel in der Demokratie.
Aber das Ziel muss immer sein: Friedlich bleiben! Wer auf den Hass einer Partei selbst mit Hass und Gewalt antwortet, macht sich bei vielen unglaubwürdig. Die Proteste gegen eine Partei, die Nazis in ihren Reihen hat, bewirken dann vielleicht sogar das Gegenteil.
Sich schon am frühen Morgen gegen die AfD zu stellen und die Abgeordneten mit Sprechchören zu begrüßen, ist eine gute Idee. Doch bei Aktionen des zivilen Ungehorsams bleibt es nicht immer komplett friedlich. Im Vorfeld der Proteste wurden Horrorszenarien an die Wand gemalt. Man sprach von brennenden Stadtteilen und plündernden Meuten.
Am Ende blieb alles größtenteils friedlich. Die allermeisten haben gezeigt, wie Widerstand gegen rechte Hetze aussehen kann. Leider gab es aber auch verletzte Aktivist:innen und Polizist:innen bei wenigen Auseinandersetzungen.
Dazu kommt, dass die Sitzblockaden Opferbilder für die AfD schaffen. Die Abgeordneten kamen teilweise verspätet zum Parteitag oder mussten mit Polizeischutz eskortiert werden. Das alles ist Wasser auf die Mühlen all jener, die die AfD unterstützen.
Mehr Aufmerksamkeit für Proteste als für die Inhalte
Die Proteste haben es trotzdem geschafft, viel Aufmerksamkeit vom Inhalt des Bundesparteitags abzuziehen. Dort war die AfD bemüht, Einigkeit nach außen zu zeigen. Das ist ihnen auch ganz gut gelungen: Die Co-Chefs Tino Chrupalla und Alice Weidel wurden deutlich wiedergewählt. Sie wissen, wie wichtig dieses Bild für die drei anstehenden Landtagswahlen im Osten Deutschlands ist und dass eine Selbstzerfleischung kontraproduktiv gewesen wäre.
Es ist also ein Erfolg, dass die meisten über die zehntausenden Menschen sprechen werden, die demonstriert haben. Und zusätzlich über den Sieg des deutschen Nationalteams, gegen das AfD-Abgeordnete auch am Wochenende wiederholt gehetzt haben. Wenn der Protest dann noch ausnahmslos friedlich gewesen wäre, dann wäre die Werbung gegen die AfD noch besser gewesen, als sie ohnehin schon war.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen