Portugal genehmigt riesigen Tagebau: Lithium für 500.000 E-Autos im Jahr

Verkehrswende kontra Umwelt: In der portugiesischen Region Covas do Barroso liegt die größte Lithiummine Westeuropas. Und sie ist Unesco-Welterbe.

Bagger in Steinbruch

Dass der geplante Tagebau Landschaft zerstören wird, ist klar. Wiegen die Vorteile das auf? Foto: Savannah

MADRID taz | Die vermutlich letzte Hürde ist gefallen. Ende der Woche hat die portugiesische Umweltbehörde die Umweltverträglichkeit der Pläne für die größte Lithiummine in Europa bestätigt, für die Genehmigung aber Auflagen gemacht. Wenn die potenziellen Betreiber diese akzeptieren, steht dem umstrittenen Tagebau im Norden Portugals nahe der spanischen Grenze nichts mehr im Wege.

Der Bescheid der Behörde markiere „den Beginn einer aufregenden neuen Phase für das Barroso-Lithiumprojekt, für Savannah und für Portugal“, sagte Dale Ferguson, der CEO der britischen Bergbaugesellschaft Savannah Resources, die die Lizenz für den Abbau beantragt hat, erwartungsgemäß. Es sei der „erste Schritt in Richtung einer bedeutenden Rolle in der Wertschöpfungskette für Lithiumbatterien und in der europäischen Energiewende“. Für sein Unternehmen versprach er ein „verantwortungsvolles Vorgehen“.

Lithium ist das Metall, das eine nachhaltige und klimaneutrale Zukunft garantieren soll. Es wird etwa für die Herstellung von Batterien für die E-Mobilität gebraucht. Der Bedarf ist enorm. Die Vorkommen im Norden Portugals sind es auch. 27 Millionen Tonnen lithiumhaltiges Gestein sollen um das 260 Einwohner zählenden Dorf Covas do Barroso lagern. Savannah plant, hier bald jährlich Lithium für eine halbe Million Autobatterien abzubauen. Bei der Gewinnung des begehrten Metalls aus dem abgebauten Gestein kommen allerdings hochgiftige Chemikalien zum Einsatz, viel Energie und Wasser wird gebraucht.

Zu den Auflagen der Umweltbehörde gehört deshalb neben der Wiederaufforstung der Region, dass dem nahen Fluss Covas kein Wasser entnommen werden darf. Zudem muss der Bergbaukonzern eine neue Zugangsstraße errichten und die betroffenen Gemeinden finanziell entschädigen.

Anwohner „überrascht“

Denn vor Ort stößt der Bescheid auf Widerstand. „Gemeinsam für die Verteidigung von Covas“, auf Spanisch abgekürzt UCDB, lautet der Name einer Bürgerinitiative aus dem Dorf, das im Herzen des künftigen Tagebaus liegt. Hier zeigt man sich „überrascht, nachdem die Pläne über zwei Jahre lang von Fachleuten konsequent abgelehnt wurden“, wie es in einer Erklärung heißt.

In Boticas, einem ebenfalls von dem geplanten Bergbau betroffenen Ort, prüft Bürgermeister Fernando Queiroge Schritte gegen den Beschluss. „Die Überlegung, die Entscheidung vor Gericht anzufechten, ist auf dem Tisch“, sagt er im staatlichen Rundfunk.

„Die portugiesische Regierung hat nur ein Ziel: das Projekt zu genehmigen. Das ist eine Katastrophe für die Umwelt und gegen den Willen der Bevölkerung“, erklärt die UCDB.

Regierung hofft auf Jobs

Tatsächlich steht die sozialistische Regierung unter Antonio Costa seit Jahren an der Seite von Savannah Resources. Sie verspricht sich für das arme südwesteuropäische Land, das ähnlich wie Griechenland von der Eurokrise besonders hart betroffen war, Millioneninvestitionen und Arbeitsplätze, insbesondere im Norden.

Aber der Preis ist hoch: Die Region wurde erst 2019 von der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen zum landwirtschaftlichen Weltkulturerbe erklärt. Nun soll der ganze Landstrich regelrecht umgegraben werden. Weil Lithium im Tagebau abgebaut wird, werden riesige Löcher die Zukunft der hügeligen Region sein. Dutzende 150 Meter tiefe Löcher mit einem Durchmesser von bis zu 600 Metern sollen entstehen.

Auch die portugalweit aktive Umweltorganisation Zero reagiert empört. Deren Vorsitzender Francisco Ferreira spricht von „sehr starkem politischem Druck, die Ausbeutung von Lithium voranzutreiben“. „Wir sind nicht gegen die Ausbeutung von Lithium in Portugal, aber es muss an den richtigen Orten sein, und das hier ist ein falscher Ort“, sagt er. Die Minen seien viel zu nahe an den Dörfern. Er fürchte um die Gesundheit der Menschen, um die Bäche und das Grundwasser der Region. Ein Risiko für das Ökosystem lasse sich nicht zu 100 Prozent verhindern, kritisiert Ferreira die Auflagen der Umweltbehörde.

Während die Bergbaugesellschaft nun die „Wiederaufnahme der Sondierungen zur endgültigen Feststellung der Wegbarkeit des Abbaus“ ankündigt, ruft die Bürgerinitiative UCDB vom 10. bis zum 15. August zu einem dritten Protestcamp zur Verteidigung von Barroso auf.

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