Polizeieinsätze in Frankfurt und Hamburg: Noch mehr Gewalt
Zwei Videos von brutalen Polizeiaktionen sorgen für Aufregung. Am Wochenende war ein ähnlicher Fall aus Düsseldorf bekannt geworden.
Ein Kollege immerhin geht dazwischen und stellt sich zum Schutz vor den Mann am Boden, ein älterer Kollege drängt den jungen Beamten schließlich ab. Zu hören sind die Schmerzensschreie des Fixierten. Außerdem Proteste von den rund zwanzig Personen, mit denen der Festgenommene offenbar unterwegs gewesen war. Die werden von Polizeibeamten mit Pfefferspray vom Schauplatz abgedrängt. Mindestens einem von ihnen sprühen die Beamten Pfefferspray in die Augen.
Dieses Video ist echt. Es zeigt einen Polizeieinsatz im Kneipenviertel von Frankfurt-Sachsenhausen vom frühen Sonntagmorgen. Das hat die Frankfurter Polizei inzwischen bestätigt. „Der Festnahme vorausgegangen war ein Platzverweis gegen eine alkoholisierte Gruppe, in der sich auch der spätere Tatverdächtige befand. Aus der Gruppe heraus kam es zu diversen Beleidigungen gegen die eingesetzten Polizeibeamten.
Der 29-Jährige soll darüber hinaus Beamte zum Teil ins Gesicht gespuckt haben“, heißt es in einer ersten Presseerklärung des Polizeipräsidiums. Der Mann habe sich seiner Festnahme „widersetzt, sodass er zu Boden gebracht wurde und sein Widerstand gebrochen werden musste“, so die Polizei: „Hierbei soll es zu unzulässiger Gewaltanwendung seitens der Polizeibeamten gegen den am Boden liegenden Tatverdächtigen gekommen sein. In dieser Phase schaltete sich der Einsatzleiter ein, nahm einen Polizeibeamten zur Seite und meldete später den Vorfall intern. Es wurden Ermittlungen wegen der Körperverletzung im Amt und wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet. Gegen einen Beamten wurden bereits dienstrechtliche Maßnahmen ergriffen“, so die Lesart der Polizei.
Acht Polizist*innen gegen einen 15-Jährigen
Am Mittwoch war ein weiteres Video öffentlich geworden. Die Aufnahmen zeigen Polizeibeamte, die den gefesselten Mann auch noch im Einsatzfahrzeug mit Tritten und Schlägen misshandeln. Am Abend teilte die Frankfurter Polizei schließlich mit, dass mittlerweile gegen drei Polizeibeamte ermittelt wird; alle drei seien inzwischen vom Dienst suspendiert worden. In einer ersten Reaktion nannte Landesinnenminister Peter Beuth, CDU, die Übergriffe unakzeptabel und versprach Aufklärung.
In Hamburg sorgen derweil mehrere Aufnahmen eines Polizeieinsatzes von vorigem Montag, die auf Twitter und Facebook veröffentlicht wurden, für heftige Diskussionen. Auf ihnen ist zu sehen, wie ein Jugendlicher von acht Polizeibeamten eingekreist und nach einer Schubserei von diesen zu Boden gebracht wird. Dabei wird gegen den 15-jährigen Pfefferspray eingesetzt.
Nach übereinstimmenden Aussagen von Zeug*innen und der Polizei hatte der Jugendliche mit einem Elektroroller den Gehweg benutzt. Nach Darstellung der Polizei sei der Einsatz „einfacher körperlicher Gewalt“ erforderlich gewesen, um eine Personalienfeststellung durchzusetzen. Trotzdem werde „das Einschreiten der Polizeibeamten vom Dezernat Interne Ermittlungen überprüft“, teilte die Polizei mit.
Die Zeug*innen, die sich zu diesem Vorfall öffentlich geäußert haben, beschreiben den Polizeieinsatz als übergriffig. „Er hat einen Schlag auf den Kopf bekommen, nur weil er sich nicht ausweisen konnte“, berichtet ein Passant.
Während die Linkspartei eine unabhängige Beschwerdestelle für Polizeiübergriffe forderte, kann die Gewerkschaft der Polizei „sogenannte Polizeigewalt“ nicht erkennen“ und warnt vor „einer Schwächung des Rechtsstaates“ durch die losgetretene Diskussion.
Schon am Montag hatte ein Video von einem Polizeieinsatz aus Düsseldorf für Entsetzen gesorgt. Die Aufnahmen zeigen einen Jugendlichen, der von zwei Polizisten fixiert wird. Ein Polizist biegt ihm einen Arm auf den Rücken, ein anderer drückt ihm sein Knie auf Kopf und Nacken – ähnlich wie im Fall des schwarzen US-Amerikaners George Floyd, der durch eine solche Polizeiaktion am 25. Mai getötet wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin