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Politikwissenschaftler über 10 Jahre AfD„Die AfD verrottet von unten“

Auch in der Opposition richtet die AfD Schaden an, sagt Rechtsextremismusforscher Gideon Botsch. Er glaubt aber, dass die Brandmauer hält.

Am 3. Oktober 2022 in Gera ließ Höcke kaum ein faschistisches Stichwort der Neuen Rechten aus Foto: Bodo Schackow/dpa
Gareth Joswig
Interview von Gareth Joswig

taz: Herr Botsch, Sie haben 2012 unmittelbar vor der AfD-Gründung das Standardwerk „Die extreme Rechte in der Bundesrepublik Deutschland – 1949 bis heute“ geschrieben. Haben Sie damals noch damit gerechnet, dass sich in Deutschland eine rechtsradikale Partei dauerhaft parlamentarisch festigen kann?

Gideon Botsch: Ich rechnete schon damals relativ fest mit einer Zäsur: Eine Trendwende zur extremen Rechten war schon damals absehbar und wurde in Fachkreisen diskutiert. Aber es gab auch gute Gründe, anfangs an der Etablierung der AfD zu zweifeln: ihre Strukturprobleme oder die politische Kultur der Bundesrepublik etwa. Demgegenüber hofften bestimmte Kreise aus der extremen Rechten genau darauf: Dieter Stein von der Jungen Freiheit schrieb schon 2009: „Diesmal habe ich wirklich Hoffnung, dass etwas Neues entstehen kann.“

Bild: privat
Im Interview: Gideon Botsch

Der Politikwissenschaftler hat sich vor allem als Rechtsextremismus-Forscher verdient gemacht und ist außerplanmäßiger Professor. Er leitet im Moses Mendelssohn Zentrum die Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus (EJGF) an der Uni Potsdam, arbeitete zuvor unter anderem in der Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannseekonferenz“. In einem Gutachten zu Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ kam er 2010 zu dem Schluss, dass Teile von Sarrazins Äußerungen „rassistisch, elitär und herabwürdigend“ seien.

In voller gesellschaftlicher Breite wurden damals eher die rassistischen Thesen von Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ diskutiert. Ist Sarrazin mitverantwortlich für den Rechtsruck, der die AfD ermöglichte?

Die These von der Sarrazin-Partei, in der er selbst nie Mitglied war, hat für die frühe AfD einen wahren Kern. Sie war anfangs noch keine klar rechtsextreme Partei, aber man kann sehr deutlich sagen, dass die Ressentiments und Vorurteile, die Sarrazin bedient hat, vollumfänglich die frühe Programmatik der AfD bestimmten.

Welche konkret?

Ein spezifischer Elitenrassismus, der sich sehr stark aus einem sozialen Rassismus speist. Ebenso EU-Skepsis sowie die Warnung vor einer „Tugendpolizei“ und einer finanziellen Katastrophe. Ähnlich wie Sarrazin distanzierte sich die frühe AfD von offenem Rechtsextremismus und tarnte ihn. Mittlerweile wissen wir genauer, wie rechtsextrem schon diese Gründergeneration der AfD durchsetzt war, aber es war eben nicht die Charakterisierung der ganzen Partei. Vor allem nicht derjenigen, die damals in den vorderen Reihen standen – obwohl sie ihn bedienten und froh waren, dass er dazukam.

Inwiefern war die Partei damals schon rechtsextrem durchsetzt?

Es gab schnell ein Angebot der Integration an Rechtsextreme, insofern sie nicht allzu öffentlich aufgetreten sind. In der zweiten und dritten Reihe waren damals bereits eine Reihe von Leuten aus rechtsextremem Milieus mit einer aktivistischen Vergangenheit: Personen wie Andreas Kalbitz, der die Doppelstrategie fuhr, bürgerlich akzeptabel zu sein und gleichzeitig im völkischen Milieu verankert blieb. Oder nehmen Sie Arnulf Fröhlich, der 1990 mit Anfang 20 an einer Holocaust-Leugner-Konferenz mit dem Titel „Wahrheit macht frei“ beteiligt war und versuchte, sich in der AfD Schleswig-Holstein zu etablieren. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Woran liegt es, dass die AfD sich etablierte? Liegt es an einem „Linksruck“ der CDU, an der Medienrevolution durch das Internet oder am internationalen Aufwind für rechte Strömungen und Verschwörungsideologien?

Es ist natürlich alles multikausal. Es gab damals eine große Enttäuschung über die FDP, die damals in der Regierung stark versagte. Es drohten verschiedene Szenarien: Eine Mitte-links-Regierung war nicht mehr ausgeschlossen, auch Rot-Grün oder Schwarz-Grün waren realistische Sondierungsoptionen – ebenso wie eine weitere Große Koalition. Durch das Versagen der FDP, die in sozialpolitischen Fragen eher rechts von der CDU einzuordnen war, gab es dort eine Repräsentationslücke. Hier stieß die „Professoren-Partei“ von Bernd Lucke hinein.

Welche Rolle spielen Medien beim Erfolg der AfD?

Die AfD hat von einem wahnsinnigen medialen Zuspruch profitiert – denken Sie an die ganze Bereitschaft, die AfD in Talkshows zu lassen. Hinzu kommt, dass die AfD mit echten Medienprofis arbeitet. Viele, die mit der AfD und ihrem Umfeld zu tun haben, haben Meinungsmache von der Pike auf gelernt: Gauland hat lange Zeit Pressearbeit für die Union gemacht und bei der Märkischen Allgemeinen gearbeitet.

Er ist damit nicht allein: Gründer Konrad Adam war Welt-Kolumnist und davor Redakteur im FAZ-Feuilleton, es gab viele weitere mit ähnlichen Erfahrungen

Auch bestimmende Gestalten im Umfeld sind Medienprofis: Götz Kubitschek vom neurechten Institut für Staatspolitik hat bei der Bundeswehr gelernt, wie man Propagandaprozesse steuert. Jürgen Elsässer vom Compact-Magazin ist seit den Siebzigern politischer und meinungsbeeinflussender Journalist. Durch geschicktes Auftreten konnte die AfD von Beginn an Mediendiskurse sehr stark bestimmen. Wenn mal ein Thema entglitt, hielt man mit einer gezielten Provokation anderswo das Stöckchen hin.

Die Flüchtlingsdebatte 2015 erinnerte stark an die Asyldebatte Anfang der Neunziger.

Für die AfD war das eine wahnsinnig günstige Gelegenheitsstruktur: Man war im Pegida-Rausch und profitierte von der medialen Skandalisierung einer vermeintlichen Flüchtlingskrise. Der AfD-Einzug in den Bundestag 2017 war nicht gesetzt – und gelang auch, weil Medien durch Neu-Aufwärmung einer vergangenen Nachrichtenlage der AfD Stimmen verschafften. Erinnern Sie sich an das Kanzler-Duell? Eine Dreiviertelstunde lang wurde nur über Flüchtlinge geredet – mit negativem Framing: Das sind zu viele, wie schließen wir Grenzen? Man verstand sich als Stimme des Volkszorns. Das war ein Tiefpunkt der öffentlich-rechtlichen Medien.

Blicken wir auf die AfD im internationalen Vergleich: Wenn man nach Schweden, Italien, Brasilien, Frankreich, in die USA, nach Ungarn und Polen schaut, sieht man überall erfolgreiche rechtspopulistische bis rechtsextreme Parteien, die es in Regierungen schaffen oder mutmaßlich kurz davor sind. Was ist in Deutschland anders?

Es gibt verschiedene Faktoren: Das deutsche Wahlrechtssystem benachteiligt glücklicherweise bestimmte Polarisierungsstrategien. Der entscheidende Unterschied ist aber: Die AfD hat sich aus bestimmten intrinsischen Gründen selbst für eine Radikalisierung entschieden – man hat extrem rechten Kräften in der Partei früh eine große Macht eingeräumt. Das hätte die AfD bei aller Fremdausgrenzung nicht tun müssen, aber sie ging konsequent und sehr deutlich den Weg der Radikalisierung.

Die Partei hat mit Lucke, Petry und Meuthen bereits drei Vorstände zerschlissen. Aus Sicht der meisten Be­ob­ach­te­r*in­nen stand jeder neue Vorstand für einen weiteren Rechtsruck. Wie würden Sie die verschiedenen Phasen charakterisieren?

Die Lucke-AfD ist eine Abspaltung der Union unter Beteiligung von Teilen der FDP und versprengten Kräften aus der politischen und extremen Rechten. Sie ist ein Versuch, eine rechtspopulistische Wahl- und Koalitionsalternative ins Leben zu rufen. Anfangs hat sich die AfD als gemäßigte rechtspopulistische Kraft präsentiert, die bestimmte Tendenzen vermeidet. Sie bekam ein großes mediales Echo und große Zustimmungswerte im neoliberalen und konservativen Bürgertum.

Lucke ging jedoch 2015 auf dem Essener Parteitag unter, rassistische Migrationspolitik ersetzte die EU als das entscheidende AfD-Thema. Petry hatte wie später Meuthen, Weidel und Chrupalla mit Höcke paktiert.

Unter Petry wird die AfD zu einer rechtspopulistischen Sammlungspartei, die ganz klar populistische Züge trägt. Nachdem Petry gegangen war, wurde sie unter dem Duo Meuthen/Weidel zu einer rechtsextrem dominierten Partei, die weiter Sammlungspartei bleibt.

Meuthen trat wiederum vor einem Jahr erneut mit einem Verweis auf den Rechtsruck aus. Was wäre die nächste Häutung, wenn die AfD sich unter Weidel/Chrupalla weiter radikalisiert?

Höcke versucht aus der AfD eine rechtsextreme Bewegungs- und Weltanschauungspartei zu machen. Wenn Sie sich die Radikalität seiner Rede in Gera am 3. Oktober nochmal vor Augen führen, sieht man eine deutliche Tendenz zur neonationalsozialistischen Positionierung. Ob das der Endpunkt der AfD ist, kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen.

Inwiefern hat sich die Wählerschaft der AfD seit der Gründung verändert?

Das ist tatsächlich ein radikaler Wandel: Die Wähler der AfD heute sind nicht mehr Wähler der Gründungsphase: Am Anfang war die AfD eine Eliten- und Wohlstandspartei. Mittlerweile wird sie hauptsächlich vom unteren Mittelstand und unteren Sozialschichten gewählt.

Trotz oder gerade wegen ihrer anhaltenden Radikalisierung hat die AfD eine stabile und treue Wählerbasis.

Ja, und die kann nicht ohne Weiteres demokratisch zurückgewonnen werden. In den ostdeutschen Ländern hat sie 25 Prozent plus, in den westdeutschen Ländern bleibt sie deutlich darunter, kann aber bis an die 15 Prozent herankommen – und stößt dann jeweils an eine gläserne Decke.

Warum kommt sie da nicht durch?

Die AfD kommt aus der Falle, die sie sich selbst gebaut hat, nicht raus. Sie ist aufgrund ihrer eigenen Inkompetenz und ihres Desinteresses an funktionierender Politik für alle anderen politischen Kräfte kein bündnisfähiger Akteur. Deswegen bleibt sie eingemauert auf diesem relativ stabilen Niveau.

Auf der anderen Seite spielen AfD und CDU in Thüringen gemeinsam Sprachpolizei und lassen geschlechtsneutrale Sprache verbieten. Im sächsischen Bautzen streichen AfD und CDU gemeinsam Mittel für Geflüchtete. Erodiert die Brandmauer nicht zusehends unter der CDU von Friedrich Merz, der selbst in Talkshows vor allem durch Rassismus auffällt?

Klar, gerade in der Union, auch in der FDP, gibt es immer wieder Kräfte, die meinen, man solle lieber mit der AfD koalieren, man sei ihr ja näher. Aber ich bin dennoch skeptisch, ob es dazu kommt.

Alice Weidel hat eine Koalition kürzlich als Ziel benannt. Sie will nach den Landtagswahlen in den Ostbundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg 2024 mitregieren. Dort könnte die AfD je nach Umfrage sogar stärkste Kraft werden.

Aber um in Regierungsverantwortung zu kommen, hätte die AfD sich sehr viel deutlicher als koalitionsfähig profilieren müssen. Gucken Sie doch mal auf die Fakten: Die AfD ist eine sehr unbeliebte Partei in Deutschland. Selbst in den östlichen Bundesländern sagen mehr als 60 Prozent, dass sie die AfD niemals wählen würden.

Allerdings gibt es derzeit eine Krise, die AfD fährt Angstkampagnen und hat seitdem in den Umfragen zugelegt.

Wir werden die AfD mit großer Wahrscheinlichkeit auch in einigen ostdeutschen Ländern als stärkste Kraft sehen. Zumal die zentrale Wählergruppe der AfD in Ostdeutschland demografisch ihren Anteil erhöht – die mittelalten Männer im unteren und mittleren Mittelstand. Aber: In allen Wahlkämpfen haben die Wähler jeweils den aussichtsreichsten Demokraten gewählt. Die Angst vor der AfD als stärkste Kraft ist in den ostdeutschen Ländern hoch und wahlentscheidend.

Viel Hoffnung hat die AfD zuletzt auf Kommunalwahlen gesetzt. Aber weder in Sachsen noch bei Bürgermeisterwahlen in rechten Hochburgen wie Cottbus konnte die AfD ein Amt erringen. Traut man der AfD vor der eigenen Haustür am Ende doch keine Kompetenz zu?

Die Ergebnisse bei der Kommunalwahl waren ja gar nicht schlecht. Aber schauen Sie mal mal, was danach passierte: Die Partei verrottet von unten. Sie interessiert sich gar nicht für all die Dinge, die der Front National gemacht hat – nämlich Milieubildung, Graswurzelpolitik, sich lokal verankern, angreifen im Bund, aber in der Kommune Verantwortung übernehmen und Vertrauen schaffen, sich mit realen ökonomischen und politischen Interessen verbinden, in Gewerkschaften und Fachverbände gehen, in die Universitäten gehen.

Woran machen Sie das fest?

Für Kommunalpolitik setzt sie wenig Ressourcen ein. Es gibt keine anständigen kommunalpolitischen Schulungen oder gute Strategien. Jeder wurschtelt vor sich hin, die Fraktionen zerstreiten sich heillos. Will ich, dass solche Leute verantwortlich dafür sind, dass das Schwimmbad beheizt ist und der Sportplatz renoviert wird?

Auf der anderen Seite wirkt die AfD, ohne an der Macht zu sein, rechte Diskursverschiebungen sind ja nicht wegzudiskutieren. Man denke nur mal an die rassistische Silvester-Debatte, die von der CDU losgetreten wurde.

Es stimmt, dass die AfD zur ungeheuren Radikalisierung der Sprache und des Umgangs beigetragen hat. Wir hören mittlerweile auch von Unionspolitikern leider immer öfter Ausfälle, die nach AfD klingen. Ebenso gibt es eine Verschärfung des Wortlauts in anderen demokratischer Parteien – auch gegenüber der AfD. Die AfD vergiftet die politische Atmosphäre mit Wirkung auf die gesamte demokratische Kultur.

Und ich kann Ihnen nicht sagen, ob wir in zehn Jahren nicht doch einen radikalen Wandel haben werden, der die Erfolgsaussichten der AfD verändert. Wer hätte den Republikanern, der Grand Old Party in den USA, einen solchen Niedergang vorhergesagt? Oder wer hätte in Israel prognostiziert, dass vorbestrafte Rechtsextremisten das Innenamt übernehmen? Wir müssen uns alle um eine streitbare, Alternativen bietende Politik bemühen.

Öffentliche rassistische Diskurse legitimieren rechte Gewalt indirekt und befördern Alltagsrassismus. Der Aufstieg der AfD fällt in ein Jahrzehnt exzessiver rechter Gewalt. Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und Moscheen, Angriffe und Attacken auf Politiker bis hin zum Lübcke-Mord 2016, rechtsterroristische Anschläge in München, Halle und Hanau. Inwiefern hängt das zusammen?

Verantwortungslose Propaganda befördert selbstverständlich die Gewalt. Sie beeinflusst etwa die Zielauswahl der Gewalttäter. Als die AfD und ihr Umfeld gegen „unbegleitete minderjährige Geflüchtete“ agitierten und diese pauschal verdächtigten, ihr Alter zu fälschen, konstatierte die Opferperspektive Brandenburg eine Zunahme der Gewalt gegen Minderjährige. Wir können den kausalen Zusammenhang nicht beweisen, aber die zeitliche Koinzidenz halte ich für keinen Zufall.

Haben Sie noch mehr Beispiele?

Vor dem Mordanschlag in Hanau sprach dort Andreas Kalbitz. Wir wissen nicht, was er vor Ort genau sagte, aber nur ganz kurz vorher hatte er sich an anderem Ort die Hetze gegen Schischa-Bars zu eigen gemacht. Leider muss man sagen, dass Polizeisprecher*innen, liberale Medien und demokratische Po­li­ti­ke­r*in­nen – und ich denke dabei nicht nur an Union und FDP! – diese Rede, Schischa-Bars pauschal zu „gefährlichen Orten“ zu erklären, zuerst verbreiteten. Für den Täter schien es irgendwie in Ordnung, seine Ziele nach diesem Raster auszuwählen.

Für die Zukunft muss man angesichts neuer Feindbild-Zuschreibungen mit einer größeren Gefährdung von Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen rechnen – wegen des zugrundeliegenden Sexismus wird sich dies, fürchte ich, besonders gegen junge Frauen richten. Während eine „Klima-RAF“ weithin eine Angstfantasie ist, steigt das Aggressionspotenzial gegen Um­welt­ak­ti­vis­t*in­nen gerade erheblich.

Der Lübcke-Mörder demonstrierte auf AfD-Kundgebungen, hängte Wahlplakate auf und spendete an die AfD. Zuletzt war eine ehemalige AfD-Abgeordnete an einem geplanten gewaltsamen Staatsstreich beteiligt. Waren Sie davon überrascht?

Nein, überhaupt nicht. Das ist das Milieu, das zur AfD gehört. Es verwundert nicht, wenn Sie sich noch mal vor Augen führen, was schon 2016 auf AfD-Kanälen in den Kommentarspalten öffentlich für Mord- und Vergewaltigungslust in die Welt geblasen wurde, ohne dass man widersprochen hätte.

Nach dem aufgeflogenen geplanten Reichsbürgerputsch gab es erneut AfD-Verbotsforderungen.

Ich denke, jetzt ist die AfD nicht an einem Punkt, wo man sie verbieten kann. Aber sie bewegt sich in eine Richtung, wo wir fragen müssen: Ab welchem Moment beginnt sie aggressiv-kämpferisch die Verfassungsordnung beseitigen zu wollen und wann könnte ein Verbot gemäß Grundgesetz greifen? Die Diskussion müssen wir führen, bevor sich die AfD in den verbotsreifen Bereich begibt. Weil auch die Anhänger wissen müssen, wann ein Verhalten ein Verbot gemäß unseres Grundgesetzes ermöglicht.

Die NPD wurde 2017 vom Bundesverfassungsgericht zwar als verfassungsfeindlich anerkannt, aber wegen mangelnder Erfolgsaussichten nicht verboten. Hat sich das Bundesverfassungsgericht mit dem NPD-Urteil selbst ein Ei gelegt: Man darf eine Partei erst verbieten, wenn sie relevant ist. Aber wenn eine Partei relevant ist, ist es total problematisch, sie zu verbieten, oder?

Das ist der Widerspruch dieses absurden Urteils. Vor allem hat mich sehr geärgert, dass das Bundesverfassungsgericht die Rechtsauffassungen ohne viel Begründungen abgegeben hat. Das Urteil stellt fest, dass NPD verfassungsfeindlich ist, zeigt aber nicht auf, was die Kriterien wären, die einer anderen Partei zeigen, ab wann das Verbot greifen würde.

Das Gericht hat uns in der seit den 80er Jahren schwelenden Debatte um Parteiverbote rechtsextremer und neonazistischer Parteien keine Guidelines an die Hand gegeben. Dass die AfD Chancen und Aussichten hat, gemäß der Definition des Bundesverfassungsgerichts, ihren Willen in Zukunft mal durchzusetzen, wenn man sie gewähren lässt, halte ich für gegeben.

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24 Kommentare

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  • Im Geiste sehe ich Höcke immer in schwarzer Uniform vor mir. Das würde ihm wahrscheinlich sogar gefallen!



    Demokratie ohne Grenzen funktioniert nicht! Stellt ihn kalt!

  • Jedes mal wenn ich ein Bild von Höcke sehe, denke ich sofort: "Ein Fisch stinkt vom Kopf her".



    Nach 10 Jahren hat die AfD immer noch nicht verstanden, dass sie mit dem rechten Höcke-Flügel niemals Koalitionsfähig werden kann.

  • Hiher noch ein relevanter Kommentar aus aktuellem Anlass von Sebastian Huld: www.n-tv.de/politi...ticle23895599.html

    Das Hauptproblem ist nicht die AfD, sondern dass diese angebliche "Brandmauer" von Anfang an eine Fiktion war. Bzw dass die CDU sehr wohl eine solche hat - aber gegen links.

    Oder ganz schlicht: dass die deutschen Konservativen wieder einmal als demokratische Kraft versagen, ganz genau wie sie schon vor 90 Jahren versagten.

    Gut ist eine 20%-Faschopareei niemals. Aber gemeingefährlich wird sie dann, wenn sie Teil eines machttheoretischen "50% + x"-Kalküls wird, als wäre sie eine x-beliebige Kraft des demokratischen Spektrums.

    Denn eine parlamentarische Mehrheit ist nur eine conditio sine qua non einer parlamentarischen Demokratie; sie ist nicht die Demokratie an sich. Und eine andere conditio sine qua non der Damokratie ist es, den innergesellschaftlichen Interessenausgleich nicht nach der Befindlichkeit und dem Mimimi eines enthemmten Hasspöbels auszurichten und auf dem Nacken wehrloser Minderheiten und Randgruppen auszutragen, wie es Markenkern und Identität der AfD ist.

    • @Ajuga:

      "Brandmauer gegen links"

      Das ist doch faktisch falsch. In allen Bundesländern in denen die CDU regiert ist sie in einer Koalition mit einer linken Partei. Über Jahre gab es eine Koalition mit einer linken Partei im Bund.

      Was Sie vermissen ist eine Koalition der CDU mit der Linkspartei. Das es die nicht gibt hat weniger mit "links" zu tun sondern wohl vor allem mit der Geschichte der Linkspartei als Nachfolgerin der SED.

      Wo die Brandmauern beider Parteien verlaufen kann dort beobachtet werden, wo Koalitionen mit der AFD möglich sind aber nicht existieren. Wie z.B. in Thüringen, wo die CDU eine Linkspartei-geführte Minderheitsregierung inkl. Ministerpräsidenten mit wählte.

      Diese Brandmauer beider demokratischen Parteien steht also offensichtlich.

      Und es wäre gut, wenn die Linkspartei ihren Linkspopulismus sein lassen würde, der nur dau beiträgt, die Menschen besonders in Ostdeutschland populistisch für die AfD vorzuglühen. Dann hätte sie auch wieder mehr Wähler.

  • @Q&A "Woran liegt es, dass die AfD sich etablierte? [...] Es ist natürlich alles multikausal. Es gab damals eine große Enttäuschung über die FDP, die damals in der Regierung stark versagte. "

    Ich bin irritiert die FDP hier als die zuerst benannte Ursache zu finden. Es mag ja sein das die blauen Handels über die Politik der FDP (und der CDU) enttäuscht waren (über wen waren die nicht enttäuscht!), aber 2013, dem Gründungsjahr der AfD landete die FDP in der Opposition wo sie bis zur Bundestagswahl 2021 auch drin fest steckte.

    Mir sind vor allem die Flüchlingskrise 2015 und das "Merkel muss weg" Geplärre sowie das Jammern über die Sozialdemokratisierung der CDU in Erinnerung als Aufhänger für die Etablierung der AfD.

  • Nachdem der Staat seine Mitarbeiter in der NPD abgeschaltet bzw abgezogen hat, hat sie heute keinerlei Relevanz. Man könnte vermuten Sie war das Produkt von eifrigen Mitarbeitern von Geheimdiensten. Ähnlich wie der "Mutterorganisation" des NSU, dem Thüringischen heimatschutzes, wo 30 von 118 Mitgliedern laut Spiegel auf der Gehaltsliste von verschiedenen Geheimdiensten waren.

    • @Carsten1250:

      Bis zum Beweis des Gegenteils halte ich das für eine selbstgefällige Verschwörungstheorie.

      Ja in der extremen Rechten gab und gibt es viele V-Leute. Das ist jedoch ein Menschenschlag, der sich kaum von gewöhnlichen (Banden)kriminellen unterscheidet - es gibt große personelle Schnittmengen zu Bikergangs ("Rocker"). Im besten Fall verdienen die ihr Geld im Security-Geschäft, häufig jedoch in Verbindung Hehlerei, Drogenhandel, Prostitution/Menschenhandel, Schutzgelderpressung etc.

      Die Kohle vom Verfassungsschutz nimmt das NPD-Fußvolk gerne mit und verpfeift sich gegenseitig (Pack schlägt sich...).

  • Es wäre ein Fehler, die Tatsache, dass die bürgerlichen Kräfte beim Thema "Migranten & Muslime" zunehmend radikaler & ungeduldiger werden, als eine Wirkung der AfD zu betrachten, so als speise erst diese solche Impulse in das politische System & die Mentalität der Akteure ein. Es bedeutet letztlich, die die Henne mit dem Ei zu verwechseln. Ursprünglich & bestimmend in diesem historischen Moment ist die unverminderte Neigung weiter Teile der deutschen Bevölkerung zum nationalsozialistischen Rassedenken & dem Ideal der "Volksgemeinschaft". Die AfD profitiert von diesem Bedürfnis, aber sie hat es nicht gemacht. Es ist übrigens auffallend, dass sich hier genau das unwahre Narrativ wiederholt, das auch in der "Erinnerungskultur" gepflegt wird: Die Nationalsozialisten hätten eine Rasselehre verbreitet oder propagiert. In Wahrheit haben sie vor 100 Jahren eine Bevölkerung vorgefunden, die genau so breitflächig besessen von "Rasselehre" & "Volkstum" war & die "Verjudung" Deutschlands fürchtete, wie sie heute eine Bevölkerung vorfinden, die den zeitgenössischen Kulturrassismus internalisiert hat & die "Islamisierung" Deutschlands fürchtet. Die Nazis brauchen diese Grundstimmungen, um an die Macht zu kommen. Erschaffen können sie sie nicht. Sie finden sie vor.

    • @JulianM:

      "Die Nazis brauchen diese Grundstimmungen, um an die Macht zu kommen. Erschaffen können sie sie nicht. Sie finden sie vor."

      Wie faschistische Ideologien generell durch eine kreative Sterilität ausgezeichnet sind: ob Autobahnen, Blitzkriege oder Konzentrationslager, die Nazis haben objektiv betrachtet kaum etwas von dem, was ihre Herrschaft kennzeichnete, selbst erfunden, sondern vielmehr externe Ideen aufgegriffen und - in der Regel mit menschenverachtendem Zynismus - ad extremis weitergeführt. Selbst die dem Faschismus zugrundeliegende Gesellschaftskonstruktion ist im Endeffekt nichts weiter als ein fordistisches Update des mittelalterlichen Ständestaats.

    • @JulianM:

      Ja, dass Fremdenfeindlichkeit ohne den Erfolg der AfD nicht existieren würde, ist eine ziemlich schräge Annahme - genauso schräg wie Ihre Annahme, dass Rassismus von "bürgerlichen Kräften" ausginge.

      Der große Selbstbetrug in der Linken, dass die Arbeiterschaft per se nicht rassistisch sei, weil Rassismus sich aus dem Kapitalismus entwickelt hat - da kann man als ehemaliger DDR-Bürger nur mitleidig lächeln.

      Übrigens ist auch Ihre Meinung, dass Fremdenfeindlichkeit keine anthropologische Konstante, sondern aus dem deutschen geistig-kulturellen Umfeld entstanden sei, rechter als Sie selber glauben (Essenzialismus).

  • Gideon Botschs Analyse ist zutreffend, dennoch nicht beruhigend: es stimmt ja, dass die AfD nichts, aber auch so gar nichts zu bieten hat, wenn es um Konkretes geht wie etwa in der Kommunalpolitik. Mal mit „anzupacken“, Probleme vor Ort lösen - damit meine ich konstruktive Lösungen und nicht den Lynchmob zu mobilisieren, um da nicht missverstanden zu werden - ist nicht die Sache der AfD-Funktionäre und ihres geifernden Anhangs.



    Und dennoch dominieren und manipulieren sie permanent den öffentlichen Diskurs, bestimmen das Agenda-Setting … und es wird ihnen von der “großen” Politik noch durchgelassen.



    Allen, die sich redlich (und zuweilen nur mit mäßigem Erfolg) kommunalpolitisch abrackern und sich um die realen Probleme der Menschen kümmern, treibt das die Zornesröte ins Gesicht, wenn diese “verrottete” Partei (danke, Gideon Botsch) dann trotzdem bei Wahlen absahnt.

  • Beim Thema inhaltliche Abgrenzung zur AfD kein Wort zur großen (außenpolitischen) Schnittmenge mit der Linkspartei? - Gerade für die ältere ostdeutsche Wählerschaft, sowie den Spätaussiedlern, sind AfD und Linke naheliegende Alternativen zueinander. Es gibt linke Politiker, die halten nicht die AfD, sondern die Grünen für die gefährlichste Partei Deutschlands.

    Eine unbequeme Meinung hinterher:



    Das Interview scheint eher auf westdeutsche Befindlichkeiten zu zielen. Im Osten hat die AfD ziemlich erfolgreich die NPD verdrängt. Das macht die Partei nicht gut, man kann die AfD deshalb sogar für noch gefährlicher halten. Aber (anders als viele unterstellen) macht das tatsächlich einen großen Unterschied: In der AfD leugnen (die Extremen) den Holocaust, in der NPD feiern sie den Holocaust und wollen ihn wiederholen/vollenden...um es mal auf den Punkt zu bringen.

  • Auch wenn die AfD "von unten verrottet", so gewinnt sie leider doch immer mehr und mehr Wähler. Und so lange dies so ist, ist die AfD meines Erachtens eine Gefahr für die Demokratie.



    Dass sie immer mehr Wähler gewinnt liegt aber leider auch an der Politik der "etablierten" Parteien.

    • @Rudi Hamm:

      Na ja, Gideon Botsch spricht aber auch - mit Verweis auf deren zuletzt nur durchwachsenen kommunalpolitischen Erfolge - von der “gläsernen Decke”, an die die AfD stößt. Bei 25% und mehr in Thüringen und Sachsen bleibt es trotzdem, da mache ich mir keine Illusionen.



      Und es muss sich noch zeigen, ob sich dieser Trend zur “Verrottung” verstetigt … auf die “große” Politik der etablierten Berliner Parteien hoffe ich dabei wenig. Die Auseinandersetzungen mit der AfD muss konkret vor Ort, in den Städten und Gemeinden geführt werden.



      Dort können die Wähler auch des “Kaisers Nacktheit” erkennen.

      • @Abdurchdiemitte:

        In einem interessant zu vergleichenden Beitrag der RP zum selben Thema weist Hajo Funke darauf hin, dass alles, was die AfD zum Triumph bracht, eine Sperrminorität ist:

        "Wir beobachten [in Thüringen und Sachsen], was wir auch beim Verschwinden der Weimarer Republik beobachten konnten - dass Demokraten keine mehrheitsfähigen Optionen mehr haben."

        Und bringt es in Folge auf den Punkt, um den sich Gideon Botsch erfolgreich herumdrückt:

        Die CDU wird sich entscheiden müssen, ob sie zusammen mit der Linkspartei die demokratische Grundordnung rettet, oder sie zusammen mit der AfD vernichtet. Ein Dazwischen ist nicht möglich - egal wie sehr Merz es versucht.

        • @Ajuga:

          Kein Widerspruch.

      • @Abdurchdiemitte:

        Das mit der "gläsernen Decke" habe ich anders formuliert schon mal bei 10%, dann bei 15%, dann bei 20% gelesen. Jetzt soll sie bei 25% sein, in 2 Jahren vielleicht schon bei 30%. Das ist mir alles schon viel zu viel für eine Partei, die hoffentlich niemals regieren wird.

        • @Rudi Hamm:

          Wenn die AfD die Decke weiter durchstößt, müssen wir beide wohl sowieso unsere Koffer packen. Oder meinen Sie nicht?



          Ach übrigens, wissen Sie noch ein gutes Auswanderungsziel?

        • @Rudi Hamm:

          Bei uns im Wahlkreis hat die AfD inzwischen fast 40%. Bei der nächsten Kommunalwahl gibt es dann wahrscheinlich einen Bürgermeister aus dem Lager. Diese ominöse Decke gibt es nicht und gab es auch noch nie. Dem zu Grunde liegt ja die Annahme alle Wähler der AfD seien zwingend ideologische Nazis. Das ist aber nur bei einem kleinen Teil der Fall. Der übergroße Rest zumindest in unserem Wahlkreis sind seit Frau Dr. Merkel heimatlos gewordene CDU Wähler und die stellen hier traditionell absolute Mehrheiten. Wenn 80% der Wähler einer Region AfD oder CDU wählen spricht das doch Bände. Die Übergänge zwischen AfD und CDU sind in der sächsischen Provinz sowieso eher fließend.

          • @Šarru-kīnu:

            “Wenn 80% der Wähler einer Region AfD oder CDU wählen spricht das doch Bände.”



            Echt jetzt, das tut mir leid. Andererseits könnten wir uns auch gegenseitig beglückwünschen: in meiner Nachbarregion - tief im Westen übrigens - wählen 70% (!) CDU. Und das nicht wegen der schieren Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit der Kandidat*innen, oh nein.



            Sind halt Katholiken, die wollen das nicht anders.😇

            • @Abdurchdiemitte:

              Die CDU konnte bei uns früher auch einfach einen Besenstiel aufstellen um eine absolute Mehrheit zu bekommen. Das hat dann aber unter Frau Dr. Merkel ganz schnell aufgehört. Der aktuelle sächsische MP hat ja sogar seinen Wahlkreis hier verloren was eigentlich eine besondere politische Leistung darstellt. Die CDU lässt sich halt von den Medien in Berlin darin antreiben, den Menschen hier so schnell es geht vor den Kopf zu stoßen. Zuletzt wieder zu besichtigen als die Tagesschau schnell mehrere Minuten Sendezeit freiräumte um einem Bautzner Lokalpolitiker nach einem Youtube-Video mit 130 Aufrufen zu zeigen wo eigentlich der Hammer hängt. Die Leute hier haben bis heute nichtmal verstanden was eigentlich das Problem an den dort getätigten Aussagen war. Da wird inzwischen nur noch übereinander und nicht mehr miteinander gesprochen.



              Wenn wir der CDU geradezu verbieten hier die konservativen Milieus auf dem Land anzusprechen, stößt zwangsläufig eine populistische Alternative in diese Lücke.



              Wir hätten eine stabile linke Mehrheit in Deutschland wenn wir die CDU nicht komplett enteiert hätten. Die Merkelzeit war echtes Gift für die politische Kultur in diesem Land. Wir brauchen keine 5 Parteien die auf die gleichen Wählergruppen schielen. Das ist auch genau das was die AfD hier den Wählern sagt. Die da in Berlin sind doch alle gleich und hören euch sowieso nicht zu. Dazu ein Plakat mit einem Foto und der Bildunterschrift Einer von uns und fertig ist ein Wahlergebnis von 40%. Wir könnten diese Wahlen locker auch selbst gewinnen. Wenn wir denn wirklich wöllten. Ich stelle aber bei allen Besuchen von Parteiprominenz aus Berlin immer ganz schnell fest wie groß die innere Ablehnung da inzwischen ist. Es wurde im Westen nie verstanden wieviel proletarischer die ostdeutsche Gesellschaft ausgelegt ist. Es tut mir dann richtig weh mit welchen Standesdünkeln inzwischen selbst vorgeblich linke Politiker hier auflaufen.

              • @Šarru-kīnu:

                “Die Merkelzeit war echtes Gift für die politische Kultur in diesem Land.”



                Na, die Merkel(-CDU) jetzt für die ganzen Widersprüche, Fehlentwicklungen, Unglaubwürdigkeiten etc. des linken Spektrums - und damit meine ich SPD, Linkspartei und, ja, tatsächlich auch noch die Grünen - verantwortlich machen zu wollen, ist wohl doch ein wenig zu einfach, oder?



                Ich kann andere gut kritisieren, auf den “eigenen Laden” muss ich immer noch selbst Obacht geben.

                • @Abdurchdiemitte:

                  Wir zwingen aber die CDU dazu einen Teil ihrer Stammwählerschaft der AfD zu überlassen. Wo kommt denn sofort der Druck her wenn ein CDU-Lokalpolitiker hier mal den Wählern sagt, was hier sowieso jeder denkt?



                  Es gibt inzwischen offizielle Sprachregelungen die hier flächendeckend abgelehnt werden. Es wäre für unsere Region aber wichtig die CDU einfach etwas weiter am konservativen Rand fischen zu lassen ohne gleich den Untergang des Abendlandes zu proklamieren. Wir Linken würden von einer rechteren CDU doch sogar profitieren, weil so die Wähler in den urbanen Milieus abgeschreckt werden. Wäre da nur nicht dieser Drang political correctness noch bis in die letzte Niederung der Provinz mit Gewalt gegen den erklärten Willen der absoluten Mehrheit vor Ort zu erzwingen. Der Stadtrat in Bautzen letztens war doch das beste Beispiel. Der hat einfach nur gesagt was hier jeder denkt. Sofort kam aber ganz massiver Druck aus Berlin und eine konzertierte Aktion der Medien bis die CDU wieder den Schwanz eingezogen hat. Das kostet dann wieder ein Prozent Wähler an die AfD. Die Meinungen vor Ort verschwinden ja nicht nur weil Berlin das per ordre du mufti anordnet. Sogar ganz im Gegenteil. Wie das gallische Dorf hier funktioniert hat die SED damals deutlich besser verstanden und gleich den zentralen Stasiknast mitten in Bautzen gebaut.

                  • @Šarru-kīnu:

                    Ich antworte mal etwas verspätet, aber das Thema treibt mich auch um: ja, sicher, aus Ihrer “Ost”-Perspektive lässt sich gut nachvollziehen, weshalb eine konservativere Ausrichtung der CDU wünschenswert wäre, wenn damit die AfD “gedeckelt” (oder sogar zurückgedrängt?) werden könnte.



                    Aus meiner NRW-Perspektive ist es mir persönlich, ehrlich gesagt, ziemlich wumpe, ob die CDU sich konservativ oder liberal ausrichtet, als Regierungspartei bietet sie aus linker Sicht so oder so genügend Angriffsfläche … und noch mehr natürlich ihr grüner Koalitionspartner.



                    Dass die Linkspartei in meinem “gallischen”NRW-Dorf dennoch bei mittlerweile unter 3% herumkrepelt, ist m.E. in erster Linie selbstverschuldet … es liegt an der ideologischen Borniertheit bzw. der Dominanz des Wagenknecht-Flügels (bei Ihnen möglicherweise ein großes Pfund für die Linken, hier eher ein Bremsklotz).



                    Aber natürlich spielt auch die lebensweltliche Orientierung des überwiegend konservativ-katholischen Millieus in meiner Gegend eine Rolle: die würden immer noch den CDU-Besenstiel wählen, komme, was da wolle. Linke wie AfD sind für dieses Milieu gleichermaßen vom Teufel. Das ist bei Ihnen auch anders.