Pionier des grünen Kapitalmarkts: Ökoworld feuert Firmengründer
Der 76-jährige Vorstandschef Alfred Platow hatte im Mai angekündigt, Strafen von Klimaaktivisten zu zahlen. Das dürfte ein Grund für den Rauswurf sein.
Hinter den Kulissen muss es aber zuletzt hoch hergegangen sein. Das lässt sich daraus schließen, dass der Rauswurf des Firmenchefs unvermittelt und „mit sofortiger Wirkung“ geschieht. Auch der Dank des Aufsichtsratsvorsitzenden an den geschassten Manager fällt reichlich dünn aus.
Denn der Rauswurf dürfte zu einem guten Teil mit einer verunglückten Aktion des Firmenchefs und Firmengründers von vor drei Monaten zusammenhängen, was sich dann in der unternehmerischen Floskelwelt so anhört: Es gebe „unterschiedliche Vorstellungen über die künftige Entwicklung des Unternehmens“.
Anfang Mai hatte Platow verkündet, seine Firma komme für die Strafzahlungen für Blockierer der Letzten Generation auf. Ökoworld überweise das Geld auf das jeweilige Privatkonto gegen Nachweis des Strafzettels und Überweisungsbeleges. Damit wolle die Firma „ein Signal senden, wie wichtig es ist, für den Klimaschutz aufzustehen, auch wenn man sich dafür hinsetzen und festkleben muss“.
Spenden an Besetzer von Lützerath
Sympathien für die Klimaschutz- wie auch für die Anti-AKW-Bewegung hatte der Vorstandschef wiederholt kundgetan. Den Besetzern von Lützerath zum Beispiel spendete Ökoworld zuletzt 50.000 Euro für „Dinge des täglichen Bedarfs“, damit die Aktivisten „standhaft bleiben“ können, wie es im jüngsten Geschäftsbericht heißt.
Die Zusage, nun auch Strafgelder zu übernehmen, ging dann aber nach hinten los. Zwar konnte die Letzte Generation noch kurzfristig triumphieren: „Durch diese Zusage fällt eine wichtige Hürde, um sich zukünftig an Protesten zu beteiligen“. Kritiker warnten jedoch umgehend, eine solche Praxis könne als Anstiftung zu Straftaten gewertet werden.
Sofort übernahm Platow „persönlich die alleinige Verantwortung“ und ruderte zurück: Seine Aussagen seien „in dieser Form nicht angemessen“ gewesen. Es sei nie seine Intention gewesen, „zu Straftaten anzustiften, einen Freibrief für Straftaten auszustellen oder das Gesetz zu relativieren“. Daher werde er nun „ausschließlich aus privaten Quellen“ 20.000 Euro in einen Umwelt-Treuhandfonds überweisen.
Doch offenbar war Platow seither angezählt – was umso bemerkenswerter ist,als der Mann mit seinen stets etwas verstrubbelten Haaren und seinem Vollbart seit Jahrzehnten das weithin bekannte Gesicht von Ökoworld ist. Platow gründete das Unternehmen im Jahr 1975 zusammen mit einem Kompagnon als „kollektive Versicherungsagentur“, später hieß es Versiko, dann Ökoworld. Seit 1999 ist die AG börsennotiert.
Umsatz und Gewinn schrumpften zuletzt deutlich
Vermutlich kommt bei dem Rauswurf noch hinzu, dass es zuletzt nicht so gut lief für die Firma. Die Volumina der fünf Ökoworld-Investmentfonds sanken im Laufe des vergangenen Geschäftsjahres um 22 Prozent, der Aktienkurs des Unternehmens fiel in den letzten 12 Monaten um 42 Prozent, auch Umsatz und Gewinn schrumpften im Jahr 2022 deutlich.
Ende Juni zur Hauptversammlung hatte Platow die Entwicklung noch mit der unternehmenseigenen „außerordentlichen Strenge und Konsequenz der Investmentkriterien“ begründet. Man praktiziere eben einen „strikten Nachhaltigkeitsansatz“.
Auch wenn dieser „eine zuletzt ungünstige Phase“ durchlebte, weil man zum Beispiel bei den Fonds nicht von den Entwicklungen bei Apple oder Microsoft profitieren konnte, habe sich dieser Ansatz „langfristig bewährt“. Daher werde Ökoworld auch weiterhin an der „strikten ethisch-ökologischen Ausrichtung wie auch dem erfolgreichen Management- und Investmentstil“ festhalten. Das aber wird die Firma nun ohne den bekannten Pionier des grünen Kapitalmarkts tun.
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