Pfefferspray-Einsatz gegen Sitzblockade: Weg frei für Thügida
Um eine linke Sitzblockade zu beenden, besprühte die Thüringer Polizei sie aus nächster Nähe mit Pfefferspray. Jetzt laufen Ermittlungen.
Die etwa 60 Thügidisten, bekannt für ihre Flüchtlings- und Demokratiefeindlichkeit, mussten zehn Minuten warten, bevor sie weiterziehen konnte. Ob die Gegendemonstranten ärztlich behandelt werden mussten, ist nicht bekannt. Mehrere von ihnen erstatteten Strafanzeige. Die Betroffenen sagten Thüringen24, die Polizisten hätten sie weder zum Verlassen der Straße aufgefordert noch vor dem Einsatz des Pfeffersprays gewarnt. Sie gaben zudem an, geschlagen worden zu sein.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), kündigte auf Twitter eine Überprüfung der Ereignisse an: “Wenn diese Bilder stimmen, der Einsatz so war, wird dem nachzugehen sein.“ Laut der Polizei Thüringen wurden die Ermittlungen bereits aufgenommen.
Polizeisprecher Marcel Ehrenreich sagte der taz, das Vorgehen des Polizeibeamten sei ungewöhnlich: “Ich habe bislang keine Erfahrungen gemacht, eine Sitzblockade mit Pfefferspray aufzulösen.“ Es müsse aber berücksichtigt werden, ob es zuvor zu Ausschreitungen gekommen sei. Dies war jedoch, wie die örtliche Polizeidienststelle bei Thüringen24 angab, nicht der Fall. Sollte die Unverhältnismäßigkeit des Einsatzes festgestellt werden, drohen dem Beamten sowohl strafrechtliche als auch interne Disziplinarmaßnahmen.
Pfefferspray-Amtshilfe
Nach Aussage Ehrenreichs verliefen die Thügida-Aufmärsche und ihre Gegendemos der letzten zwei Jahre in der Regel gewaltfrei. Die Thüringer Polizei testete am Freitag in Sonneberg erstmals Bodycams, die vor Gewalt gegen Einsatzkräfte abschrecken und ihre Ahndung verbessern sollen. Die Kameras werden nur eingeschaltet, wenn sich der Polizeibeamte bedroht sieht – nicht umgekehrt. Ob die Pfefferspray-Attacke von Bodycams aufgenommen wurde, war der Landeseinsatzzentrale noch nicht bekannt.
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