Panzerlieferungen an die Ukraine: Lieferstatus unbekannt

Deutschland hat Ja gesagt – aber die Zusagen vieler Nato-Länder, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, stehen noch aus. Woran liegt's? Ein Überblick.

Ein Leopard-2-Panzer auf der Ladeklappe eines Flugzeugs

Polen am Sonntag: Der erste kanadische Leopard-2-Panzer für die Ukraine ist da Foto: Kanadisches Verteidigungsministerium/reuters

WARSCHAU/STOCKHOLM/BERLIN taz | Deutschland, Land der Zauderer und Bremser? Rund elf Tage nach der deutschen Entscheidung, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, fehlen etliche Lieferzusagen anderer Nato-Partner.

„Wir haben angesichts der drohenden russischen Großoffensive keine Zeit zu verlieren, um in einem großen europäischen Kraftakt alle Panzersysteme an die Ukraine zu geben“, sagte Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger dem Berliner Tagesspiegel. „Gerade die Staaten, die in den letzten Wochen lautstark Beiträge gefordert und angekündigt haben, müssen jetzt im wahrsten Sinne des Wortes liefern.“

Auch SPD-Außenpolitiker Michael Roth hob nach Berichten über ein Stocken bei den Panzerlieferungen Deutschland, Polen, Großbritannien, die USA und Kanada lobend hervor. Aber zur europäischen Allianz für den Leo­pard-2-Kampfpanzer gehörten noch andere. „Da müssen jetzt auch die anderen Staaten liefern“, verlangte er im ZDF.

Polen will bis März 14 Leopard-2A4-Panzer liefern, wie Premier Mateusz Morawiecki Ende Januar gegenüber dem kanadischen Fernsehen CTV versicherte. Zusätzlich will Polen der Ukraine noch 30 Panzer des Typs PT-91 zur Verfügung stellen, also modernisierte Panzer sowjetischer Bauart. Insgesamt hätte Polen damit seit Beginn des Kriegs rund 280 Kampfpanzer sowjetischer Bauart, die von ukrainischen Soldaten leicht zu bedienen sind, geliefert, sowie 14 von insgesamt 247 vorhandenen Leopard-2-Panzern.

Dudas Leopard-Connection

„Wir haben schon damit begonnen, ukrainische Soldaten an den Leopard-2-Panzern auszubilden“, sagte Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak am vergangenen Freitag bei einem Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen in Kyjiw und berichtete ihm, wie weit die diplomatischen Bemühungen Polens gediehen seien, eine Koalition von Unterstützern für die Ukraine zu gewinnen. Vier Leopard-2-Panzer aus Kanada seien bereits auf polnischem Boden angekommen und würden demnächst in die Ukrai­ne weitertransportiert.

Die Idee zu dieser Leopard-Koalition hatte Polens Präsident Andrzej Duda bei einem Treffen mit dem Präsidenten der Ukraine Wolodimir Selenski im Januar in Lviv bekanntgegeben. „Wir warten bis Mitte Februar auf die endgültigen Leo­pard-Lieferzusagen der anderen Koalitionäre“, so Blaszczak in Kyjiw. Ob Polen dann auch die Schulung der ukrainischen Soldaten im Namen dieser Partner übernehmen wird oder sich die Aufgabe mit Deutschland teilen wird, ließ Blaszczak offen.

Spanien hatte lange keinen Leopard-Panzer liefern wollen, weil der sozialdemokratische Ministerpräsident, Pedro Sánchez, Olaf Scholz unterstützen wollte. Erst nach der deutschen Zustimmung Ende Januar gab Madrid seine Zusage. Allerdings wären laut spanischen Medien und unter Berufung von Regierungskreisen nur „zwischen vier oder sechs gut erhaltene“ Leopard-2A4-Panzer lieferbar. Gut die Hälfte der 108 deutschen Panzer sind seit Jahren außer Betrieb und erfordern „umfangreiche“ Arbeiten; die meisten der restlichen 53 sollten laut spanischen Berichten repariert werden.

Wie in Spanien hängen nun auch die Zusagen anderer Verbündeter davon ab, wie viele alte Panzer in den jeweiligen Lagern repariert werden können. Das ist der Fall von Portugal, dessen sozialdemokratische Ministerpräsident Antonio Costa am Wochenende die Lieferung von Panzern des Typs A6 zugesagt hat.

Skandinavien hält sich bedeckt

Ende Januar hatte die niederländische Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren offiziell angekündigt, dass die Niederlande in Erwägung ziehen, sich durch die Aus- und Weiterbildung ukrainischer Panzerbesatzungen einen Beitrag zu leisten. Zu einer möglichen Panzerlieferung hat sich Amsterdam noch nicht konkret festgelegt.

Von den skandinavischen Ländern gibt es ebenfalls keine konkreten Zusagen. Norwegens Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram kündigte an, man plane, „so bald als möglich“ Fahrzeuge zu senden, wollte sich aber noch nicht auf eine Anzahl festlegen. Medien nennen die Zahl von bis zu 8 Leopard-Panzern.

Gegenwärtig besitzt die norwegische Armee 36 Leo­pard-2-Panzer des älteren Modells A4. Erste Lieferungen aus einer in der vergangenen Woche von der Regierung in Oslo angekündigten Neubestellung von 54 Leopard 2 bei Kraus-Maffei Wegmann dürften nicht vor 2026 erfolgen.

Schweden plant bislang, keine seiner 120 Leopard-2-Panzer in die Ukraine zu schicken. Stattdessen umfasst das kürzlich beschlossene Hilfspaket des Landes für die Ukraine die Lieferung von 50 Schützenpanzern des Modells CV 90. Eine mögliche Lieferung von Leopard-Panzern schloss Verteidigungsminister Pål Jonson in Zukunft nicht aus.

Baltikum ohne Bestände

Finnland werde „schwere Bewaffnung und Munition“ an die Ukraine liefern, erklärte Verteidigungsminister Mikko Savola, ließ aber die Frage von Leopard-2-Lieferungen – das Land besitzt 100 einsatzbereite des Modells 2A6 – bislang offen. Bei dieser Frage müsse man Rücksicht auf die eigene lange Grenze zu Russland nehmen, hatte Staatspräsident Sauli Niinistö schon im Januar geäußert.

Dänemark wiederum könne vom eigenen Bestand von 44 Leo­pard-Panzern momentan keine entbehren, lautete die letzte Stellungnahme aus Kopenhagen, zumal einige davon im Rahmen der Nato-Battle­group in Estland im Einsatz seien. Es soll aber Überlegungen geben, ob man vor Jahren ausgemusterte Leopard-1-Panzer wieder kampfbereit machen und an die Ukraine liefern könnte.

Die Armeen der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen besitzen keine Leopard-Panzer.

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