Olympia-Bewerbung abgeschickt: Der Norden greift wieder nach den Ringen
Hamburg hat seine Olympiabewerbung eingereicht. Zusammen mit Schleswig-Holstein will man grünere, nachhaltigere Spiele. Linke und „Nolympia“ zweifeln.

Gekommen war auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Kiel freilich ist in allen vier Bewerbungskonzepten als Nebenstandort beteiligt. Wie weit möchte man da Günthers nun bekundeter „Sympathie“ für norddeutsche Spiele glauben?
Die Frist endete am 31. Mai – auf den letzten Drücker wurde also eine norddeutsche „Kick-off-Veranstaltung“ ausgerichtet, um wenigstens die Eckpunkte unter die Leute zu bringen. Die Presse war geladen, aber auch der Sport. Denn dass von Olympischen Spielen gerade auch der Breitensport profitieren werde, der ja so wichtige sozial kittende, auch inkludierende Aufgaben stemmt: Das war den Verantwortlichen erkennbar wichtig.
Überhaupt sollten aber alle Menschen in der Stadt „etwas von den Spielen haben“, so Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin (Grüne). Kein Elitenprojekt wollte man betrommeln, hoch oben im Bunker gleich neben dem Millerntor-Stadion, in dem die Hockey-Wettbewerbe ausgetragen würden, sollte man sich durchsetzen bei DOSB und Internationalem Olympischen Komitee.
Spiele sollen sich der Stadt anpassen
Der erklärte Clou: „Die Spiele sollen sich Hamburg anpassen, nicht umgekehrt.“ Was Fegebank wörtlich sagte, unterstrich auch SPD-Sportsenator Andy Grote. Und Tschentscher sagte: „Die Bewerbungen früherer Jahrzehnte bestanden darin, dass eine Stadt umgebaut wurde, um Olympische Spiele zu ermöglichen. Und dieses Prinzip haben wir umgedreht.“
Das Konzept verspricht kurze Wege, ÖPNV-Anbindung und Barrierefreiheit, aber vor allem die Nutzung bestehender Infrastruktur, also von Stadien und Arenen in Hamburg und Kiel. In Hamburg sieht es die Austragung von 38 Disziplinen vor, drei in Kiel (Segeln, Handball und Rugby). Ganz woanders würden Kanuslalom, Schießen und Vielseitigkeitsreiten abgehalten.
Im Volkspark indes soll groß investiert werden in ein neues Stadion, das künftig Heimat des HSV werden, aber längst nicht nur dem Sport offen stehen soll: „Wenn große Popstars nur wenige Konzerte in Deutschland geben“, so Grote, „dann werden sie das künftig in Hamburg tun.“ Freilich: Das muss auch ohne Olympia-Zusage passieren, denn das bestehende HSV-Stadion wird sich laut Grote nicht ewig ertüchtigen lassen, zumindest nicht bei angemessenem Aufwand: Spätestens Mitte des Jahrhunderts sei da Schluss.
Auch was da nun als etwaiges Olympisches Dorf gehandelt wird, trägt in Teilen seit Jahren einen anderen Namen: Die „Science City“ ist ein längst angegangenes Entwicklungsprojekt im Stadtteil Bahrenfeld. Wo irgendwann geballte Spitzenforschung Platz finden soll, könnten das vorher und auf Zeit die internationalen Athlet:innen tun. Wenn Grote nun auch noch darüber sprach, dass Hamburger Kinder absehbar fünf verlässliche Schulstunden Sport pro Woche haben, weil das ja gut sei für sie und für uns alle: Dann erhärtete das den Verdacht, dass manches eh in irgendwelchen Schubladen Liegende da Eingang gefunden hat.
Heike Sudmann, Linksfraktion
Unterbelichtet: die Geldfrage
Nicht beeindruckt zeigte sich am Sonnabend die Hamburger Linke und erinnerte ganz uneuphorisch ans schnöde Geld: „Wer glaubt, dass die Olympischen Spiele keine Schulden in Milliardenhöhe für Hamburg bringen, glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten“, erklärte etwa die Vize-Fraktionsvorsitzende Heike Sudmann.
Parallel zum „Kick-off“ mit Funktionären und Fahnenträgerinnen richtete die Initiative „Nolympia“ draußen vor dem Bunker eine „Mahnwache“ aus. Und Teilnehmende eines antirassistischen Fußballturniers beim benachbarten FC St. Pauli bildeten als Menschenkette das Wort „NOLYMPIA“. Es bleibt spannend: Auch Hamburg muss bis Ende Juni 2026 per Referendum klären, wie es um die Akzeptanz steht – 2015 war das erst mal das Aus für Hamburgs Olympische Pläne.
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