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Öffentlichkeitsarbeit der ARDGehirnwäsche und Selbstlob

Auf Kritik reagiert die ARD mit einem cleveren Trick: Sie lenkt ab und redet über ihre Erfolge. Um den einen großen Öffi-Erfolg bleibt es aber still.

Könnte eine Etaterhöhung gebrauchen: Funk von ARD und ZDF Foto: Markus Mainka/imago

D ie ARD hat es im Moment echt schwer. Da werden idyllische Sommerinterviews mit Alice Weidel gestört. Die Medienpolitik nölt, dass es mit den Reformen nicht schnell genug gehe. Und dazu kommen dann immer noch doofe Fragen nach dem Ruhegeld für ehemalige Führungskräfte.

Immerhin, der MDR hat das jetzt lustig in den Griff bekommen und seinen 2020 rauskomplimentierten ehemaligen Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi wieder angestellt. Jacobi ist jetzt Geschäftsführer der MDR-Werbetochter MDR Media. „Und da bekommt er das Ruhegeld nicht mehr?“, fragt die Mitbewohnerin. „Ist doch ein anderer Verein und eine andere Tätigkeit.“

Um die normalen Mitarbeitenden ohne Aussicht auf Ruhegeld bei Laune zu halten, muss also etwas passieren – denkt sich die ARD und setzt auf Gehirnwäsche und Selbstlob.

„Auf Instagram hat sich ­@team.­re­cherche längst als zentrale Adresse für investigativen Journalismus etabliert. Seit Februar versucht das Team, den Erfolg auf TikTok zu wiederholen. Und auch da läuft es“, melden alle Intranets im ARD-Verbund dann zum Beispiel. „Diese Zahlen zeigen: Das Interesse an politischen Inhalten ist auch auf Instagram groß – wenn sie gut erzählt und visuell ansprechend aufbereitet sind. Fazit: Moderner Journalismus, der wirkt.“ Das muss doch endlich mal gesagt werden. „Nee! Und schon gar nicht mit sinnlos dekadenten Doppelpunkten, um sich in der ARD aufzupuscheln“, sagt die Mitbewohnerin.

Erfolg, der sich selbst groß erklären muss, ist wie ein Medienpreis, der das Wörtchen renommiert braucht.

Wenn es um die eigentlich beabsichtigte Motivation der Mit­ar­bei­te­r*in­nen geht, ist das so wirksam wie die früher an die allgemeine Öffentlichkeit gerichteten Slogans à la „Wir sind eins“. Das hat auch niemand geglaubt, weder draußen noch in der ARD selbst. Sollte ja in Wahrheit angesichts der zu jener Zeit noch viel milderen Kritik auch „Habt uns endlich wieder lieb“ bedeuten. Auch der Coolsprech vom letzten Jahr, die „ARD kann auch Wow!“ hatte dasselbe Kaliber. Jetzt, wo die Kritik immer schärfer wird, gibt’s zur Kommunikation nach außen auch noch Werbesprech nach innen. Erfolg, der sich selbst groß erklären muss, ist wie ein Medienpreis, der das Wörtchen „renommiert“ braucht.

„Wenn starke Inhalte mit schlagkräftiger Distribution verknüpft werden und die Power aus der ganzen ARD greift, gewinnen alle“, geht der Spaß weiter. Wenn die An­stalts­in­sas­s*in­nen mit solch mäßigem Geluller in den hauseigenen Intranets belästigt werden, sinkt die Laune exponentiell.

Das Intranet ist aber nicht dazu da, Neusprech-Botschaften gebetsmühlenhaft und bevormundend ins Mit­ar­bei­te­r*in­nen­hirn rieseln zu lassen. Vielmehr macht es sich die ARD damit nur selbst schwer. Dabei kann sie ja tatsächlich ein bisschen Wow und jüngere Menschen erreichen. Dazu braucht es aber keinen schlechten Werbesprech, sondern ganz andere Strategien, zum Beispiel vielleicht mal ’ne Etaterhöhung bei einer Erfolgsgeschichte wie Funk.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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11 Kommentare

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  • Also wenn man die Menge der Reaktionsvideos und Kommentare nimmt kann man Funk sicher als Erfolg verbuchen.

  • Nichts für ungut, aber wieviel purer Meinungsjournalismus steckt denn auch in der taz? Ich lese sie zwar auch, weil sich – im Vergleich zu den meisten der sonstigen Medienangebote – meine "Meinungen" dort bestätigen, aber wenn ich wissen will, was außerhalb meiner Bubble los ist, muss ich anderswo gucken, z.B. bei "The Pioneer" oder sowas.



    Wie gesagt: Geht klar, aber das musste ich bei dieser Schlaumeierei mal loswerden ...

  • Ein guter Texter m/w/d hat Geist und Inhalt begriffen vor dem Loslegen. Dann kommen auch keine 08/15-Klopper heraus.

  • ... und es geht nichts über den Flurfunk...

  • ARD und ZDF sind doch schon längst zum Werbefernsehen im Schafspelz verkommen. Und das immer mehr in eigener Sache. Viele Programminhalte von Information, Unterhaltung, Sport bis Dokus sollen vor allem Lust auf mehr machen: mehr Fernsehen, mehr Medien, mehr Konsum überhaupt. Wer nicht Dauerläufer, Herrenhausretter, Auswanderer, Supergärtner, Weltenbummler, Spitzenhobbykoch, Influencer oder Fan usw. ist, das alles und noch viel mehr am besten gleichzeitig, der, so die Botschaft, lebt irgendwie verkehrt. Transparenz in eigener Sacht ist dabei selbstverständlich ein Fremdwort. Über die eigenen Unternehmensgründungen und Verflechtungsstrukturen, die andere in den Verdacht der Geldwäsche bringen würden, wird beharrlich verschwiegen.

    Bestes Beispiel die „Finals“, die gerade wieder in Dresden stattgefunden haben. Dahinter steckt ein „Konsortium“ aus Medien (ARD und ZDF), Sportverbänden (zu viele), werbende Wirtschaft und der ehemalige ARD-Mitarbeiter Hagen Boßdorf (Finals GmbH) im Zentrum. Ach waren die Finals wieder schön, mit so vielen Emotionen.

  • Was ist Funk?

    • @Offebacher:

      In der Mediathek zu finden - ein Sendeformat, das "junge" Sehgewohnheiten und Vorkenntnisse stärker versucht einzubauen als klassische Fernsehsendungen.

    • @Offebacher:

      Vom Gebührenzahler finanziertes gün-, queer-, und linkes Aktivistenradio ohne jeden qualitativ-journalistischen Aspruch.

    • @Offebacher:

      Ein erbärmlicher Versuch, hipp und modern zu sein mit Social Media, vielen Jugendwörtern, zielgruppenorientiert und junge, sowie liberale Moderatoren sollen nicht fehlen.

      Aber wie andere Nutzer schon schrieben, eher ein Wettlauf mit der Bildzeitung, anstatt Arte 2 zu werden.

      Arte ist seriös. Kurzgesagt mit Pikachus und Marios im Hintergrund ist es nicht.

  • Wenn uch mir das journalistische Niveau bei Funk ansehe, dann kann man nicht von einer Erfolgsgeschichte sondern eher von einem "race to the bottom" mit dem Boulevard sprechen.

  • Ob man Funk jetzt als Erfolgsgeschichte begreift oder nicht hängt wohl sehr davon ab welchen politischen Standpunkt man vertritt. Ist der progressiv so mag man davon begeistert sein, dass ständig im eigenen Sinne agitiert wird, unabhängig davon kann man aber klar sagen das der ÖRR mit Funk seinen eigentlichen Auftrag klar verfehlt, da definitiv nicht unabhängig berichtet wird.

    Dazu kommen klare, fachliche Verfehlungen, die ausgerechnet das populärste Format von Funk betreffen, nämlich STRG_F, hier hat man zigfach offensichtlich eine fürchterliche, journalistische Arbeit gemacht. Um die Ohren geflogen ist das den Betroffenen aber erst als man auch Rezo über den Tisch ziehen wollte, dessen Gegendarstellung für Funk ein echtes Armutszeugnis ist, dass natürlich ohne Konsequenzen blieb.