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Öffentlich-Rechtliche im WahlkampfHabeck ruft zum Voting auf

Leider noch immer kein Foto für ihn: Obwohl die Grünen in Umfragen steigen, wollen ARD und ZDF Robert Habeck nicht ins große TV-Duell laden.

Beliebtester aller Spit­zen­kan­di­da­t*in­nen: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) Foto: Marcus Brandt/dpa

Berlin taz | Jetzt sollen es also Robert Habecks Fol­lo­wer*­in­nen richten. In einem neuen Web-Video hat der Grünen-Kandidat am Donnerstagabend dazu aufgerufen, in Umfragen für ihn und seine Partei zu stimmen – damit aus dem geplanten TV-Duell der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender doch noch ein Triell wird.

„Ich finde es unverständlich, dass ARD und ZDF kein Triell zulassen wollen“, sagte Habeck in dem Video, das er unter anderem auf Instagram und der AfD-nahen Plattform X veröffentlichte. Die „Wahlmöglichkeiten in Deutschland“ müssten breiter aufgestellt werden. Seine Zu­schaue­r*in­nen könnten einen Beitrag dazu leisten, indem sie in ihrem Umfeld „dafür werben, dass die Grünen in den Umfragen steigen und die Sender ihre Entscheidung revidieren müssen“.

Etwas verzweifelt wirkte dieser Aufruf im ersten Moment: Könnten die Grünen nach mehr als drei Wochen nicht langsam akzeptieren, dass sie keine Einladung für die Fernsehsendung mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) bekommen haben? Über Nacht bekam Habeck dann aber gewichtige neue Argumente geliefert – ausgerechnet in Form von Umfragen, die ARD und ZDF selbst in Auftrag gegeben hatten.

Bei Infratest Dimap wird Habeck seit Donnerstag als beliebtester aller Spit­zen­kan­di­da­t*in­nen ausgewiesen. Sein Zustimmungswert von 28 Prozent ist zwar nicht überragend, aber ausreichend, um vor Friedrich Merz (25 Prozent) auf Platz 1 zu stehen. Und in der Sonntagsfrage des Politbarometers haben die Grünen (15 Prozent) die SPD (14 Prozent) überholt. Nach zwei Jahren liegen sie erstmals wieder knapp vor den Sozialdemokraten.

In Habecks Umfeld sieht man das als Bestätigung. „Die Umfragen sind klar: Deutschland will Robert Habeck als Kanzler. Und die Grüne sind nun vor der SPD. ARD/ZDF müssen umplanen“, heißt es dort. Man habe die Sender erneut darum gebeten, ihre Entscheidung zu überdenken.

Das man nicht locker lässt, habe auch mit den Einschätzungen von Po­li­tik­wis­sen­schaft­le­r*in­nen zu tun, wonach TV-Duelle einen deutlichen Einfluss auf die Wahlentscheidungen der Bür­ge­r*in­nen hätten. Mit der Festlegung auf ein Duell zwischen Scholz und Merz erzeugten die Sender das falsche Bild, es gehe um eine Richtungswahl nur zwischen den beiden.

ARD und ZDF bleiben hart

Die Fernsehsender rücken allerdings trotz der Kritik und der neuen Umfragewerte nicht von ihrer Planung ab. „ARD und ZDF halten an ihren geplanten Formaten in der Wahlberichterstattung fest und haben die Entscheidung über die Duelle nach redaktioneller Abwägung getroffen“, sagte ein ZDF-Sprecher am Freitag auf taz-Anfrage.

Den Grünen habe man bekanntlich ein separates Duell mit AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel angeboten. Deren Partei liegt in Umfragen hinter der Union auf dem zweiten Platz. In zwei Duellen, so der ZDF-Sprecher weiter, hätte man umfassender und detaillierter diskutieren können als in einer gemeinsamen Sendung mit vier Kandidat*innen. Man bedauere, das Habeck eine entsprechende Einladung ausgeschlagen habe. Auf die Option einer Dreier-Debatte ohne Beteiligung der AfD ging der ZDF-Sprecher nicht ein.

ARD und ZDF hatten im Dezember bekanntgegeben, anders als vor der Wahl 2021 statt einem Triell ein Duell auszurichten und schon damals von einer möglichen zweiten Debatte zwischen Habeck und Weidel gesprochen. Die Grünen hatten nach eigenen Angaben aber schon vor diesem öffentlichen Vorschlag ein entsprechendes Angebot abgelehnt. Man habe „irritiert zur Kenntnis genommen, dass Sie dennoch oben genannte Einladung öffentlichkeitswirksam bekanntgegeben haben“, schrieb Habecks Pressesprecher daraufhin an die Chefredaktionen von ARD und ZDF.

Der private Fernsehsender RTL plant im Februar ebenfalls ein TV-Duell zwischen Scholz und Merz, bisher hat Habeck auch für diese Sendung keine Einladung erhalten. In ihrer öffentlichen Kritik konzentrieren sich die Grünen aber auf die Öffentlich-Rechtlichen. Diese sind rechtlich dazu verpflichtet, ihre Einladungspolitik am Konzept der sogenannten „abgestuften Chancengleichheit“ auszurichten. Was das in konkreten Einzelfällen bedeutet, war schon in der Vergangenheit immer wieder umstritten.

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18 Kommentare

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  • Richtige Entscheidung von ARD und ZDF



    1) Es ist ein Duell, somit passt da kein Dritter. Es gibt noch genügend Auftritte im Fernsehen wo er dabei ist. Die Forderung Triell statt Duell halte ich für eine Einmischung in das öffentlich rechtliche Fernsehen.



    2) Mit Habeck wäre es eine "allein gegen 2" Veranstaltung.



    3) Ich freue mich auf den direkten Vergleich Merz versus Scholz.

    Ich hoffe ohnehin, dass sich die Wähler nun schon entschieden haben und nicht an die Wahlversprechen der Parteien glauben.



    Hauptsache die Putin-Parteien schneiden möglichst schlecht ab!

  • Eine Diskussionsrunde, in der sich die Demokraten vereint gegen die Feinde der Demokratie in Stellung bringen, erscheint auf den ersten Blick sinnvoll. Die Gefahr, die diese Konfiguration birgt, ist jedoch nicht zu unterschätzen, denn die Einheit der Demokraten ist brüchig und der zur Schau gestellter Wille fragwürdig, die Demokratie unter Hintanstellung eigener Machtinteressen zu verteidigen. So könnte die Nähe von Union u. AfD überdeutlich hervortreten und der völkisch-nationalen Rechten weiteren Zulauf vom rechten Unionsrand verschaffen. Zudem könnte sich Merz, den Söder lauernden in seinem Nacken wissend, durch die Anwesenheit von Harbeck dazu verleiten lassen, der AfD offene Avancen zu machen, um seinen Anspruch auf das Kanzleramt abzusichern. In der 2er-Konfiguration Merz-Scholz könnte dagegen letzterer tranquilierend und depolarisierend wirken, Tendenzen der Union in Richtung AfD dämpfen und Merz die Zuversicht geben, auch ohne die AfD sein Ziel zu erreichen zu können - trotz Harbeck und zum Ärger von Söder.

  • Ich würde mir ein Duell zwischen der Volt-Partei und der Links Partei wünschen.



    Bekomme ich auch eine Extra-Wurst, so wie Habeck sie sich wünscht?

  • Die Grünen sollen mal bloß aufpassen, sich nicht noch weitrer zu verrennen.

    Dass sie einen Kanzlerkandidaten aufstellen, dagegen habe ich nichts. Sollen sie halt. Habeck ist *relativ* beliebt, keine Frage. (*Absolut* beliebt ist höchstens Pistorius, und der wird einen Teufel tun, sich jetzt zu verheizen. Ich halte ihn eh für überschätzt. Nicht unfähig, aber auch nicht bemerkenswert. Solides Mittelmaß, auf das man sich verlassen kann. "Gut genug" - nicht gerade eben so, sondern voll und ganz -, aber mehr nicht.)

    Aber dass die Grünen bei all dem verdrängen, welchen immer offener profaschistisch-antidemokratischen Kräften sie da den Mehrheitsbeschaffer machen müssten - DAS ist für mich ein ganz klares Zeichen, dass MEINE Stimme nicht an sie gehen darf.

    Schade, denn ich hätte sie gern gewählt. Sie waren die einzigen in der Ampel, die an einem demokratischen Konsens stets interessiert waren. Und das ist die Art Politik, die dieses Land dringendst braucht.

    Aber zum Glück sind Putins Nationalbolschis ja raus aus der Linken. Da hat Wagenknecht - gegen ihren Willen - doch mal etwas Gutes getan: ihre Ex-Partei ist für linke Demokrat*innen wieder wählbar.

  • ARD und ZDF versagen schon seit längerem als unparteiische Organe und ich sehe mittlerweile wenig Grund ihnen jeden Monat Geld in den Rachen zu werfen, welches dann genutzt wird um üppige Pensionen zu bezahlen.

    Die Frage hier ist nicht, ob noch ein weiterer Ampel-Versager bei einem TV Duell teilnimmt, sondern warum der öffentliche Rundfunk nicht alle 20 oder so Parteien auf dem Wahlzettel gleich behandelt? Und wenn nur nach Umfragewerten gegangen wird, warum wird die SPD aber nicht die AfD eingeladen?

    Die einfachste und beste Lösung wäre es gar keiner Poliker:in eine Bühne zu bieten, dann läuft man auch nicht Gefahr als Staatspropaganda jegliche Glaubhaftigkeit zu verlieren 🤷‍♂️

  • Könnte es sein, dass es den beiden Platzhirschlein Merz und Scholz am Ende gar nichts nutzt, allein zu streiten. Weil es eine Fraktion im Wahlvolk gibt, die groß genug für entscheidende Verschiebungen ist, und die -natürlich- vermutet, dass da ein gefährlicher Konkurrent aufgrund des Einflusses von beiden vor dem Tor gelassen wird.



    Und das deshalb die Wirkung der beiden von diesem Verdacht überschattet wird - und anderen Stimmen zutreibt.

  • ..."In ihrer öffentlichen Kritik konzentrieren sich die Grünen aber auf die Öffentlich-Rechtlichen. Diese sind rechtlich dazu verpflichtet, ihre Einladungspolitik am Konzept der sogenannten „abgestuften Chancengleichheit“ auszurichten. "...

    Dann müßte als zweitstärkste Partei die AfD eingeladen werden . nähme man die Wahlergebnisse der letzten Bundestagswahl wären die Grünen mit 14,8% sogar erst auf Platz 4.



    Die Zustimmung zu ALLEN Kanzlerkandidat*innen sind verheerend, denn zu allen Kandidat*innen sagen jeweils mehr als 60% nein.

    Durchweg kritische Bewertungen für alle Spitzenkandidaten

    Der Unions-Vorsprung in der Sonntagsfrage findet weiter keine Entsprechung in der Politikerbewertung der Bürger. 25 Prozent sind zufrieden mit Friedrich Merz. Allerdings ist auch die Popularität der übrigen Spitzenkandidaten begrenzt. 28 Prozent äußern sich aktuell wohlwollend zu Robert Habeck. Circa jeder Fünfte ist zufrieden mit Alice Weidel, Christian Lindner, Sahra Wagenknecht und Olaf Scholz. Dass kein einziger Spitzenkandidat mehr positive als negative Stimmen auf sich zieht, ist ein Novum bei den seit 1998 von infratest dimap begleiteten Bundestagswahlen.



    Quelle:ARD-Deutschlandtrend

  • Eigentlich bräuchte es dieses Jahr wenn dann ein Triell zwischen Scholz, Habeck und Weidel um Platz 2 - die CDU läuft außer Konkurrenz...



    Merz gegen Scholz ist doch kein Duell - 32% gegen 15% - das ist wie ein Wettrennen zwischen Fiat und Porsche - wer will sowas sehen🤷‍♂️

  • Die AfD steht in den Umfragen besser da als die Grünen, und zwar nicht knapp. sondern deutlich.



    Entsprechend abwegig ist die Forderung nach einem Triell unter Beteiligung der Grünen und Ausschluß der AfD.

  • "Konzept der sogenannten „abgestuften Chancengleichheit“ und woran macht sich das fest?

    Gibt es bereits einen Petitionaaufruf?

  • Tja, so beeinflussen selbst die Öffis die Wahlen. Da reihen sie sich ein in Strategien von Musk, bis Bezos.

  • Habeck steckt irgendwie in der Rolle des um Gunst buhlenden Dritten.



    Nicht überzeugend für die, die nicht nach emotionalen Werten wie Beliebtheit wählen.

  • Es gibt eine Partei, die etwas voraus ist und drei Parteien, die dicht zusammen liegen. Alle haben Kandidaten fürs Kanzleramt aufgestellt. In so einer Situation gibt es keinerlei logischen Grund, zwei getrennte Duelle anzusetzen. Das einzig Sinnvolle ist, alle Vier zusammen einzuladen.

    Ja. Da ist Frau Weidel dann auch dabei. Aber als intellektuelle Höhlenforscherin ist sie den anderen Drei so und so nicht gewachsen. Man kann sie also risikolos dazu holen.

    Was ARD und ZDF hier abziehen, ist an Dummheit kaum zu überbieten. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen wenigstens nicht nüchtern waren...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      >Was ARD und ZDF hier abziehen, ist an Dummheit kaum zu überbieten. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen wenigstens nicht nüchtern waren...<

      Das sehe ich auch so. Entweder alle halbwegs relevanten - oder keinen. Also auch Wagenknecht und Lindner.

      Die einseitige Bevorzugung von Scholz - durch Heraushebung aus dem Kreis der Merz-Gegner - ist quasi eine verdeckte Parteispende für die spd durch die ör-Anstalten.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Gegenvorschlag: die ÖR-Medienpräsenz der Spitzenkandidat*innen wird auf Basis der Verfassungskonformität der Bundestagswahlprogramme ihrer Parteien errechnet.

      DAS wäre ein wahrhaft DEMOKRATISCHES und GERECHTES Verfahren. Eines das nicht nach der Zufälligkeit volatiler Umfrage% diskriminiert, sondern nach der schwarz auf weiß dargelegten Verankerung in den Grundwerten unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

      Man müsste nur die Forderungen in 3 Kategorien einteilen:



      * Völlig GG-konform



      * Tangiert mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Grundrechte in nicht nur unerheblicher Weise



      * Unklar - es hängt von der genauen Ausgestaltung ab

      Das können halbwegs kompetente Staatsrechtler*innen ziemlich auf Anhieb einstufen; "ja/vielleicht/nein" ist echt mal nicht schwer.

      So würde man auch diesen Radikalisierungsüberbietungswettbewerb im Wahlkampf eingedämmt kriegen:

      Schlagartig würden viel weniger Stammtischparolen in die Welt gegeifert, und viel mehr Politik für kluge und besonnene Demokrat*innen gemacht!

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Genau das. Die Dummheit würde ich präzisieren als fahrlässige Naivität im Umgang mit Einschaltquoten und befürchte sie waren absolut nüchtern und haben es noch mit öffentlichem Interesse begründet.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      "Ja. Da ist Frau Weidel dann auch dabei. Aber als intellektuelle Höhlenforscherin ist sie den anderen Drei so und so nicht gewachsen"



      Also bei Umfragen wenn die Deutschen den Kanzler direkt wählen könnten landete die Weidel nun schon mehrfach auf Platz 1 vor Merz...



      Es wechselt immer wieder, aber man sollte die Weidel nicht unterschätzen - ohne Höcke und die ganzen ultrarechten Spinner vom ehemaligen Flügel könnte sie die AfD zu ungeahnten Höhen oder gar politischer Verantwortung führen

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Weidel risikolos ? Wenn die 3 Sätze in ihrem Rhetorik-Seminar Reichsparteitagspathos raushaut, laufen doch die Zuschauer verzweifelt zur Dschungelcamp-Konserve von 2010 über...



      Als Satz 4 kommt dann eine Tirade wegen der schlechten Frauenquote unter den Vieren....