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Nicht-Akademikerkinder an der UniIch bin hier falsch

Kinder, deren Eltern nicht studiert haben, haben es an der Uni schwerer. Das Studentenwerk Schleswig-Holstein will sie unterstützen.

Die Unterstützung durch die Eltern ist für Studierende wichtig Foto: Gregor Fischer/dpa

Kiel taz | Ich bin hier falsch – kann ich das überhaupt – bin ich wirklich schlau genug für die Uni?“ Solche Fragen, sagt Andrea Witthohn, beschäftigten junge Erwachsene, die als Erste in ihrer Familie eine Hochschule besuchen: „Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind Themen.“

Die Psychologin berät beim Studentenwerk Schleswig-Holstein Studierende. Aus ihren Erfahrungen dort und ihrer eigenen Biografie kennt sie die Unsicherheiten, die mit dem nicht­aka­demischen Hintergrund einhergehen, und will dieser Personengruppe eine Plattform zum Austausch bieten. Dabei schaut sie besonders auf die emotionalen und psychologischen Aspekte.

Dass es schwierig sein kann, in das Uni-Milieu einzutauchen, hat Andrea Witthohn selbst erlebt. Die 33-Jährige stammt aus Heide in Dithmarschen an der Westküste von Schleswig-Holstein, ihre Eltern haben beide nicht studiert. „Dass das etwas ausmacht, habe ich erst später gemerkt“, erzählt sie.

Etwa nach dem Abschluss ihres Studiums in Hamburg: „Andere hatten kaum Probleme mit dem Übergang in den Beruf. Da griff das Netzwerk, Papa hat ein Praktikum organisiert, Mama gab Tipps. Ich habe Kreise gedreht – auch innerlich. Meine Familie konnte mir nicht so helfen, wie es bei anderen der Fall ist.“

Psychologische Probleme

Witthohn engagierte sich während ihres Studiums bei Arbeiterkind.de, einer bundesweiten Organisation für Studierende, die als Erste in ihrer Familie einen Universitätsabschluss anstreben. „Aber da geht es sehr oft um praktische und finanzielle Fragen“, sagt Witthohn. „Ich wollte das Thema von der psychologischen Seite angehen.“

Die Gelegenheit bietet sich ihr jetzt beim Studentenwerk Schleswig-Holstein. Witthohn ist Ansprechpartnerin für psychologische Probleme, viele davon sind unispezifisch, wie Prüfungsangst oder Leistungsdruck.

Die Selbstzweifel von Nichtakademiker-Kindern seien selten offen ein Thema, spielten aber unterschwellig eine Rolle, stellt die Psychologin fest. Gemeinsam mit den lokalen Gruppen von Arbeiterkind.de bot sie im Januar erstmals ein Onlinetreffen für Studierende aus nichtakademischen Familien an.

Dass das deutsche Bildungssystem hohe Hürden für Arbeiterkinder aufbaut, zeigen Studien immer wieder. Laut dem 2022 erschienenen Hochschul-Bildungs-Report, der die Entwicklungen der Coronajahre einbezieht, beginnen nur 27 Prozent der Jugendlichen aus Nichtakademikerhaushalten ein Studium. Haben die Eltern dagegen eine Uni besucht, folgen knapp 80 Prozent ihrer Kinder diesem Bildungsweg.

In den Coronazeiten hätten sich die fehlenden Kontakte zu Kom­mi­li­to­n*in­nen und Lehrenden auf Studierende ohne akademischen Hintergrund besonders ausgewirkt, denn die Einsamkeit am heimischen Schreibtisch führte „oftmals zu Informationsdefiziten und mentalen Barrieren: Erststudierende verlieren den Anschluss und fühlen sich nicht zugehörig“, heißt es in dem Bildungsreport.

Um so wichtiger sei es, Jugendlichen zu vermitteln, dass sie eben nicht allein seien, sagt Andrea Witthohn. „Es geht darum, Mut zu machen.“

Am ersten Treffen nahmen sechs junge Erwachsene aus drei Unistandorten teil, nicht überragend viel. Entmutigen lässt sich Witthohn dadurch nicht: Das nächste Treffen soll mit längerem Vorlauf und zu Beginn des Semesters stattfinden. Auch der Zeitrahmen muss sich ändern, denn die Teilnehmenden hatten viel zu berichten: „Wir hatten eine Stunde geplant, das war zu kurz.“

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42 Kommentare

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  • Eher typischer Sterotypenblogg ! Die Uni ist ein Ort wo man sich auch mal selbstständig was erarbeiten muß und die Initiative ergreifen muß, solziale Kompetenzen wären auch nicht schlecht. Nur mit dem ewigen, da müssen wir ein gepampertes Führsorgeprogramm anbieten kommen wir nicht weiter. Geld ist sicher bei vielen Studenten-innen problematisch, aber bei uns im ländlichen Bereich, haben schon jetzt gute Handwerker kein Problem mehr mit dem Einkommen, was auch gut so ist.



    Wer es nicht bis in seine Kurse und die nächste Studentenkneipe oder Fachschaftsfete schafft, hat an der Uni nichts verloren.



    Vater Vertreter, Mutter klassische Hausfrau, nur am Rande zum Werdegang vor der Uni. Wenn man von Abschottung reden will, die geziehlt hochgezogen wird, müssen sie schon nach UK und USA schauen, da würd ich es unterschreiben.

  • Das Geld ist ein Faktor (in Fächern wie Medizin, mit extrem hohen Kosten für notwendige Literatur, zwingende, unbezahlte Praktika, Physikum, vielleicht an anderem Ort..., vielleicht auch ein exklusiver), die Möglichkeit über die Verbindungen und Beziehungen der Eltern vielleicht an Praktika heranzukommen, die für andere unerreichbar sind, ein anderer.



    Hinzu kommt aber auch das Auftreten, vielleicht eine gewisse Gewandtheit, die in der Kommunikation mit vielen Menschen und Stellen, die den Studis im Verlauf des Studiums begegnen. Diese sind in gewissem Maße schon abhängig vom Kapital der Eltern; gemäß Bourdieu gedacht. Habitus, Soft Skills etc. sagen nicht wirklich etwas über die Fähigkeiten der Studierenden aus, sind aber mitunter entscheidend für den weiteren Weg.

  • Wahrscheinlich habe ich in einer Blase studiert...ich kannte eigentlich nur ein paar wenige deren Eltern beide Akademiker waren. Fast alle waren Arbeiter- oder Angestelltenkinder. Hier und da hatte mal ein Elternteil tatsächlich studiert. Alle sind ihren Weg gegangen und sind heute z.B. Ärzte, Prof, Lehrer etc.



    Klar haben wir nebenbei auch gearbeitet, was aber sicher nicht geschadet hat. Egal was die Eltern einem gezahlt haben, es war doch immer schön etwas mehr auf der hohen Kante zu haben. Das nächste Festival, Party war niemals weit...



    Leute die von ihren vermögenden Bildungsbürgertum Eltern mit Geld für alles zugeschüttet wurden kannt ich nicht. Liegt vielleicht auch am Studienfach. Viele Juristen oder BWLer sahen schon eher danach aus ;-)

  • Wenn die Uni ein Mysterium ist, ist das keine Frage der Herkunft. Die "Geheimnisse" kann man schnell lüften. Als Arbeiterkind und erster und einziger der studiert hat, hatte ich, und auch Freunde und Kommilitonen als Nicht-Akademikerkinder, keine Probleme, sich zurechtzufinden. Warum auch? Man hat ja einen Mund zum Fragen, es gab Einführungsveranstaltungen und Erstsemester-Paten. Wer sich nicht traut, der hat andere Hürden zu nehmen, aber gewiss nicht den Unterschied Arbeiter-/Akademikerkind zu "verkraften".

    • @Lars B.:

      Warum auch?

      Ganz einfach.

      Weil man ggf. nicht mal weiß, was ein NC ist und wie das funktioniert.

      Dass man ein Vorlesungsverzeichnis braucht und richtig versteht, was da drinsteht.



      Zu einer Studienberatrung zu gehen und dort sich erklären zu lassen, was das Vokabular bedeutet, muss man sich erstmal trauen.

      Erstsemester-Paten gab es zu meiner Zeit nicht.

      Einführungsveranstalten dienten nur zum Kennenlernen anderer Erstsemester. Wenn man zu diesem Termin nicht konnte, war es das.

      Wenn Sie 80 Stunden monatlich arbeiten, weil Sie das Geld brauchen, sind Sie an der Uni anders vernetzt, als wenn Sie nur etwas aufstcken müssen.

      Es macht auch einen Unterschied, ob Sie zu Hause jemanden haben, der eine Hausarbeit gegenlesen kann der nicht.

      Sich nicht zu trauen, ist genau ein wichtiger Punkt bei dem Herkunftsunterschied.

      Man merkt, dass man den Code nicht beherrscht, den Stallgeruch nicht hat.

      Vielleicht waren Sie so extrovertiert, dass es Sie nicht interessierte, und so gut vernetzt, dass Sie alles schnell lösen konnten.

      Meinen Glückwunsch, geht aber nicht jedem so.

      Ich hatte eine Freundin, deren Vater Professor war.

      Zwischen uns lagen Welten in den Voraussetzungen.

      Er hat mit ihr bei ihrer Dissertation einzelne Argumentationsstränge diskutiert, obwohl er komplett fachfremd war.

      • @rero:

        Wer vor einem Studium nicht wußte was NC bedeutet kann das nicht auf sein Elternhaus zurückführen, sondern auf mangelndem Interesse in der Oberstufe. Dem NC begegnete man nämlich schon vor einem Studium, nicht erst währenddessen.



        Und um ein Vorlesungsverzeichnis richtig zu verstehen braucht es auch kein akademisches Elternhaus - die Dinger sind kein Mysterium, man muß nur vorne anfangen, sie zu lesen und nicht die ersten Seiten interesselos überspringen. Schlußendlich hat man aber einen Mund und kann auch Mitstudierende fragen, es muß nicht die Studienberatung sein - die übrigens alle Facetten kennen und die nichts mehr schocken kann. Etwas Selbstständigkeit muß man schon an den Tag legen, sonst wird es wirklich schwierig.

  • Eine traditionell westdeutsche Sicht der Dinge.

    Da es sowas wie ein generationenübergreifendes Bildungsbürgertum in der DDR keine Rolle spielte, und dort ohnehin weitaus stärker selektiert wurde wer direkt studieren durfte, war zu meiner Zeit (Anfang der 2000er) die gefühlte Mehrheit der Studierenden meiner (ostdt.) Universität genau wie ich ein Arbeiterkind.

    In Sachen sozialer Durchlässigkeit und Milieubildung, finde ich es weitaus symptomatischer und sozial bedeutender, welch geringen Anteil Akademikerkinder bei den (handwerklichen) Azubis ausmachen.

  • Diese Gefühle kennen glaube ich die meisten Studierenden heute gut. Mag sein dass Arbeiterkinder davon stärker entmutigt werden. Aber die Universität ist im allgemeinen kein so heimeliger Ort mehr wie es noch bei den Eltern war, nicht mehr der zentrale Ort des Informationsaustauschs und der Begegnung oder des Auslebens der Interessen am Anderen.



    Zugehörigkeit wozu eigentlich? Die große Sozialsphäre des Studententums präsentiert sich so nur nach außen, die deutungsmächtigen Generationen die das Studium schon hinter sich haben sehen daran noch das, was sie von damals kennen- aber diese ganze Szene (über die mehr gesprochen wird als das sie existiert) dieses ganze nicht-Netzwerk hat eigentlich gar keinen Zusammenhang, ist von innen hohl.

  • Der Artikel spricht mir aus der Seele: Als Arbeiterkind hatte man tatsächlich nicht die finanziellen Ressourcen, um sich vollständig auf das Studium konzentrieren zu können. Aber wichtiger war tatsächlich das Gefühl, stetig Informationsdefizite zu haben, da man den Unibetrieb einfach nicht kannte und viele für Akademikerkinder selbstverständliche Dinge mühsam und schmerzvoll lernen musste.

    • @Axel Donning:

      Kann ich nur unterschreiben.

    • @Axel Donning:

      auch wenn ich kein"arbeiter"kind war, so doch kind von nicht-akademikerInnen.



      erst so nach zig-jahren ging mir auf, was alles cverpaßt habe, weil als nicht-akademiker

    • @Axel Donning:

      Ich habe den "Unibetrieb" auch nicht gekannt, auch nicht als "Akademikerkind". Meine Eltern haben NIE über ihre Zeit an der Hochschule gesprochen, und überhaupt ändert sich in 20 Jahren so viel, dass man das eh nur ansatzweise vergleichen könnte. Ist ja nicht so, dass man das mit der Muttermilch aufsaugen würde.

  • Der Artikel spricht mir aus der Seele: Als Arbeiterkind hatte man tatsächlich nicht die finanziellen Ressourcen, um sich vollständig auf das Studium konzentrieren zu können. Aber wichtiger war tatsächlich das Gefühl, stetig Informationsdefizite zu haben, da man den Unibetrieb einfach nicht kannte und viele für Akademikerkinder selbstverständliche Dinge mühsam und schmerzvoll lernen musste.

    • @Axel Donning:

      Mit dem Zurechtfinden hatte ich keine Probleme, aber mit den Finanzen. Akademikerkinder hatten einfach mehr Unterstützung von den Eltern. Ich musste zwei mal die Woche Nachts in einer Kneipe und auch in den Semesterferien arbeiten. Die Zeit fehlte dann zum lernen. Für Praktika musste ich sparen weil ich in der Zeit nicht mehr nebenbei arbeiten konnte. Dozenten und Profs war das alles komplett egal. Studieren hat null Spaß gemacht.

    • @Axel Donning:

      Und welche Dinge waren das?



      Als Halb-Arbeiterkind (meine Mutter war Akademikerin) hatte ich keinen "Vorsprung" oder es irgendwie leichter oder es war selbstverständlicher. Ich ging zu Uni in einer fremden Stadt, begann mit vielen anderen mein Studium und war froh, auf eigenen Beinen zu stehen.



      Und wer den Unibetrieb nicht nach wenigen Tagen spätestens selbst durschaut hat, sollte auch besser einen anderen Weg einschlagen - so schwer oder kompliziert war das nicht.

      • @Pia Mansfeld:

        Glücklicherweise teilen inzwischen selbst die Unis nicht mehr Ihre Meinung und bieten mehr Begleitung für Erstsemster etc. an.

        Die Zahl der Studienabbrecher hat den Unis zu denken gegeben.

      • @Pia Mansfeld:

        um unibetrieb durchschauen geht es eigentlich nicht. das hat man /frau fix raus. die karriere-netzwerke+ ie es läuft, wenn frau promovieren bzw. sich habilitieren will, das blieb mir ein geheimnis.



        das netzwerken der besitzenden klasse + der akademikerInnen untereinander ist nicht leicht zu durchschauen, aber es ist existent + behindert "die da unten"!!!!



        interessant auch, daß verstärkt in der jeweiligen blase geheiratet wird, die durchlässigkeit der sozialen schichten für aufsteigerInnen hat eher abgenommen.



        das ist nicht gegenstand des artikels, ist aber interessant + kommt noch dazu

        es ist also auch aussichtlos, als arbeiter-bzw.nichtakademikerkind, weibl., auf die heirat mit dem prof o.so zu spitzen ...

        • @Brot&Rosen:

          Ach kommen Sie, "besitzenden Klasse" das sind doch Plattitüden. Auf welcher Elite-Uni durften Sie denn, daß Sie so eine Erfahrung gemacht haben? An den Standard-Unis, so nenne ich sie mal, war von Netzwerken keine Spur zu spüren. Da war regulärer Unialltag, da hatten Akademikerkinder keinerlei Vorteile. Und später beim Berufseinstieg? Was wenn die Sprößlinge in einem ganz anderen Feld unterwegs sind? Alles Klischees oder bestenfalls Einzelfälle, nichts, was in Stein gemeißelt ist oder einer ernsten Überprüfung standhalten würde.

      • @Pia Mansfeld:

        Na Vieles hing schon am fehlenden Geld; aber dann ging es auch darum, dass man mit mangelndem Selbstbewusstsein dort auflief und sich oft nicht traute, Dinge zu erfragen oder sich zu outen, ganz einfache Begriffe des Unialltags nicht zu kennen. Vielleicht war ich auch nur zu doof für die Uni; in diesem Falle entschuldige ich mich (da ja Doofköppe wie ich, die den Unibetrieb nicht nach wenigen Tagen durchschauten besser außerhalb der Uni geblieben wären) nachträglich für mein an der Uni erworbenes Diplom, mit dem ich heute ganz passabel meine Brötchen verdiene.

        • @Axel Donning:

          Nachträglich Glückwunsch zum Diplom!



          Ich selbst hab abgebrochen. Ich hab den ganzen Krempel nicht beizeiten durchschaut, z.B. was man machen kann, wenn der Prof ein halbes Jahr als Gast in Amerika doziert anstatt hier, oder wenn er das Zeug an der Tafel schneller wieder wegwischt als man mitschreiben kann (sodass man man sowieso keine Zeit für Nachfragen hat), und wofür Tutoren gut sein sollen, wenn die offenbar schon soweit im Stoff sind, dass sie die Fragen der Anfänger nicht mehr verstehen etc etc etc. Ich war völlig überfordert (und "people skills" hab ich sowieso keine, die waren aber offenbar nötig) ...



          Auf diesen Uni-Lehrbetrieb, so verschieden vom mir bis dato bekannten Schulbetrieb, konnte mich keiner in der Familie vorbereiten.



          Wohin ging ich also mit meinen Problemen?



          Weg.

          • @Tetra Mint:

            Ja, selbstständiges Lernen und Organisation, die Freiheiten die man genoß im Gegensatz zum durchgetakteten Schulalltag waren schon etwas anderes. Damit zurechtzukommen bedurfte vielleicht etwas mehr Selbstdisziplin, die Verlockungen waren schon groß aber das hat sich seit der Bologna-Reform auch schon wieder geändert.

        • @Axel Donning:

          "...dass man mit mangelndem Selbstbewusstsein dort auflief und sich oft nicht traute, Dinge zu erfragen oder sich zu outen, ganz einfache Begriffe des Unialltags nicht zu kennen." Und? Da lag die Herusforderung doch bei Ihnen und war nicht Ihrem Hintergrund geschuldet. Und wenn Ihnen einige Begriffe nicht geläufig waren, meinen Sie, dass man daran erkennt, ob jemand aus einem Arbeiter- oder Angetsellten- oder kademikerhaushalt kommt, wenn man danach fragt? Doch wohl nicht ernsthaft, oder?

          • @Lars B.:

            Doch, ernsthaft.

            Daran erkennt man das.

            • @rero:

              Nein, wenn Sie nicht wußten, was NC bedeutet haben Sie sich in der Oberstufe nicht darum gekümmert. Wenn Sie nicht wußten, was Tutorien, Semester, c.t. und s.t etc. bedeutet, sind sie blindlinks und ohne Interessenvorbereitung an eine Uni gegangen - alles zum Einschreibetermin erfahrbar.

  • Also ich hatte solche Fragen nie...Kind der Arbeiterklasse, einer alleinerziehenden Mutter und genauso dieses Elternteil als Langzeitarbeitlose.

    Aber eventuell als Ossi, ist man schon von früh an sowas herangebracht worden, mehr leisten zu müssen. Sich selbständig an etwas zu wagen, wenn der Rückhalt aus der Schule/Uni/Hochschule nicht so ist.

    Wenn ich dann lese das manche Studierenden selbst mir Geld von Zuhause + Bafög nicht klar kommen (selbe hochschule damals), frage ich ich mich wie abgehoben manche Familien schon sind. Mir hatten die knapp 450-500€/Monat damals gereicht.

    • @Daniel Drogan:

      Es kommt darauf, wo Sie was studiert haben.

      Unis in kleinen Städten in Ossiland bieten deutlich bessere Betreuung als Massenuniversitäten in beispielsweise Berlin.

      Es spielt auch eine Rolle, ob Sie was Geisteswissenschaftliches oder was Technisches studieren.

      Technische Studiengänge, die stärker strukturiert sind, wecken weniger Zweifel.



      Das Ziel - im Kleinen wie im Großen - ist klarer.

    • @Daniel Drogan:

      dafür kriegen siemin HH o.münchen nicht mal ein wg-zimmer ....

    • @Daniel Drogan:

      Allein Bücher und sonstiges Arbeitsmaterial + Semestergebühr beläuft sich sicherlich auf mehrere hundert Euro pro Semester, und in - sagen wir mal - München - bekommen Sie für 500€ nur mit sehr viel Glück eine Bude. Fast überall wird mehr als 2000€ selbst im Wohnheim gezahlt.



      Oder anders gesagt: Entweder Sie haben in den 50ern studiert, oder nie.

      • @Kaboom:

        Welcher Student kauft denn noch Papierberge! Bücher gibt es ohne Ende online. Und Papier zudem wie früher immer noch in der Bibliothek. Skripte der Fachschaften sind dazu auch noch spottenbillig.

      • @Kaboom:

        Ich weiß nicht warum sie hie rden Konsum fröhnen. bis auf ein einziges Buch habe ich alle meine genutzten Fachbücher, am Ende fast dreistellig, günstig über Ebay erhalten. Wer so der Konsumindustrie hinterherläuft, ist dann halt selbst schuld.

        Und ich habe studiert von 2004-2008...Paar Tage aber noch nicht allzulange her.

      • @Kaboom:

        Paar Tage ist es schon her (2004-2008). Und ja ich habe nicht in der Metropole studiert. Und ja ich habe gewisse Zeit laut demjenigen Bundesland unterhalb der Sozialhilfegrenze gelebt so dass mir sowohl Wohngeld als auch GEZ-Befreiung nicht bewilligt werden konnte, da ich zu wenig Geld hat laut den Behörden. Aber mit WG und paar Einsparungen kam ich trotzdem über die Runden. Wie gesagt kommt es halt drauf an was man daraus macht und wieviel man braucht.

      • @Kaboom:

        konnte mir während meines studiums kein einziges buch kaufen. wovon auch. bafög reichte auch nicht, mußte immer dazuverdienen.



        auch das war wenig: für 1 25 std.job als wiss.hilfskraft gabs irgendwie cmal 300 DM, da war frau froh, sich ein zi. bei einer alten dme leisten zu können. wg gabs damals nicht, die kamen erst auf mit kommune I und II.



        lebten dann 3 frauen in einer wg, wurden sie knall auf fall auf die straße gesetzt (mir passiert>), weil zuviele männer aufbesuh. waren alles polit-termine, aber die vermieterin vermutete ein heimliches puff.



        dass wir 3 dann obdachlos waren, interessierte rein niemanden ...

    • @Daniel Drogan:

      Tja, 500 Euro geht inzwischen an manchen Studienorten schon locker für ein WG-Zimmer drauf. 250-300 Euro für ein Wohnheimzimmer sind inzwischen auch Standard..

      • @Herbert Eisenbeiß:

        Krankenkasse muss auch noch bezahlt werden wenn man über 25 ist. Trifft vor allem Leute die den zweiten Bildungsweg eingeschlagen haben.

    • @Daniel Drogan:

      Also die Idee, dass man als "Wessie" nicht gewohnt war, "sich selbständig an etwas zu wagen" stammt doch schon sehr tief aus der Klischeekiste. Ich war "Schlüsselkind", da meine Eltern beide arbeiten mussten. Da hat man Wirkich alles "selbständig" gemacht.

  • Worüber viel zu selten gesprochen wird sind die skandalösen Zustände in den Bildungseinrichtungen. Steigende Preise in Mensen, explodierende Mieten und Nebenkosten treffen Studierende besonders hart. Bei jeder Krise hat am Ende die Jugend das Nachsehen. Damit endlich jemand unsere Interessen, beachtet rufen wir zur Demonstration "100 Mrd. Für die Jugend" auf, wenn Olaf Scholz nach Marburg zum Bürgerdialog kommt. Wer auch mehr für die Bildung will schließt sich an.



    Wann: 02.02.23 16.30 Uhr



    Wo: Marburg HBF



    #flipthescholz #fliptheswitch

    • @Anonymus:

      1000 sternchen für sie ...

  • Das Prozentproblem beginnt in der Schule. Wer da nicht so lernen kann - warum auch immer - und damit auch gute Noten bekommt, geht nicht auf die Uni.



    Ansonsten ist das System schon sehr durchlässig, zumal es keine Studiengebühren gibt. Und es gibt jede Menge Initiativen, die es früher nicht gab. Es sollte machbar sein.

    Für danach spielt es sicher in eigenen Fällen eine Rolle, aber so anekdotische Evidenz

    "Da griff das Netzwerk, Papa hat ein Praktikum organisiert, Mama gab Tipps. "

    gibt es ebenso in der anderen Richtung. Viele Absolventinnen finden ohne Elterneinfluss einen guten Job.

    • @fly:

      Es gibt sehr wohl Semesterbeiträge. Und das ist noch lange nicht alles, was bezahlt werden muss. Bafög kriegt heutzutage fast niemand mehr. Für Wohnbeihilfe kann man zu arm sein.

      Es gibt auch die Vermutung, dass Arbeiterkind bei gleicher Leistung schlechtere Noten bekommen. Und vermehrt trotz der vorhandenen Fähigkeiten nicht ans Gymi geschickt werden. Da ist noch überall so viel zu tun.

      • @Tuff:

        nachweislich verschlechter sich die situation für arbeiterInnen- + nicht -akademikerInnen kinder.



        PISA ergebnisse gehen ebenfalls in die richtung, daß "schicht"abhängigkeit eine gr. rolle spielt.



        it's stupid, it's klassenkampf von oben - das ist es, was sonst ...

      • @Tuff:

        Interessante Vermutung. Woher wissen die Lehrenden eigentlich, welchen familiären Hintergrund die Studierenden haben? Ich wusste bei keinem meiner ca. 150 Studierenden, wer da Arbeiterkind war.

      • @Tuff:

        Semesterbeiträge sind aber etwas anderes als Studiengebühren. Von daher ist die Aussage, dass es keine Studiengebühren gibt absolut korrekt.

        Und zur "Vermutung" der schlechteren Noten: Es wird ohnehin heutzutage viel zu viel auf Basis bloß vermuteter Zusammenhänge gearbeitet und zu wenig evidenzbasiert. Die Religionen vermuten auch, dass es (je nach Geschmack) einen oder mehrere Götter gibt. Trotzdem kommt niemand ernsthaft auf die Idee in Geschichte mit Adam & Eva anzufangen.